Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse
Ist das Elfenehre?«
»Unsere Ehre ist licht und rein«, erklärte KönigThrobius im Brustton der Überzeugung. Er nickte selbstzufrieden nach links und nach rechts, als seine Untertanen seinen Worten lautstark Beifall zollten.
»Dann komme ich auf mein Angebot zurück: dieses köstliche Kleinod gegen meinen Sohn.«
Eine schrille Stimme schrie: »Das darf nicht geschehen, weil es Dhrun Glück bringen würde! Ich hasse ihn! Ich habe ein Mordet 20 auf ihn geladen.«
König Throbius fragte mit sanftester Stimme: »Und was war das für ein Mordet?«
»Eh – schluck ... Sieben Jahre.«
»Sieh an! Ich bin sehr sicher, sehr böse! Sieben Jahre lang sollst du keinen Nektar schmecken, sondern sauren Essig. Sieben Jahre sollst du üble Gerüche riechen, doch niemals ihren Ursprung finden. Sieben Jahre sollen deine Flügel dir ihren Dienst versagen, und die Beine sollen dir schwer sein wie Blei, und du sollst, wo auch immer du gehst und stehst, vier Zoll tief in den Boden einsinken. Sieben Jahre sollst du allen Schmutz und Schleim aus dem Hügel tragen. Sieben Jahre soll dich ein Jucken auf dem Bauch quälen, gegen das alles Kratzen nichts hilft. Und sieben Jahre darfst du nicht den hübschen neuen Glitzerstein schauen.«
Falael schien besonders unglücklich über die letzte Auflage. »Oh, das Kleinod darf ich nicht schauen? Guter König Throbius, tut mir nur das nicht an! Ich bin verrückt nach diesem Stein, nach diesem prachtvollen Glanze! Er ist mir das Liebste auf der Welt!«
»Es muß sein! Fort mit dir!«
»Ihr werdet also Dhrun zurückbringen?« fragte Aillas hoffnungsfroh.
»Willst du mich in einen Elfenkrieg mit Trelawny Shee oder Zady Shee oder Nebeltal Shee verwickeln? Oder mit einer der anderen Elfenburgen, die über den Wald wachen? Du mußt einen vernünftigen Preis für deinen Steinbrocken verlangen. Flink!«
»Hier, Majestät.«
»Was können wir Prinz Aillas anbieten, das seine Bedürfnisse erfüllt?«
»Ich würde das Nimmerfehl vorschlagen, so wie Sir Chil es trug, der Elfenritter.«
»Eine treffliche Idee! Flink, du bist höchst klug und erfindungsreich! Geh und bereite ein solches Gerät – sofort!«
»Es soll auf der Stelle geschehen, Herr, noch in diesem selbigen Moment!«
Aillas steckte ostentativ die Hand, die den Stein umklammert hielt, in die Tasche. »Was ist ein ›Nimmerfehl‹?«
Flinks Stimme erscholl atemlos und schrill neben König Throbius. »Hier hab' ich's, Herr, nach schwerer und sorgfältiger Arbeit auf Euer Geheiß.«
»Wenn ich Eile fordere, dann sputet sich Flink«, sagte König Throbius zu Aillas. »Wenn ich das Wort ›sofort‹ benutze, dann versteht er auch ›sofort‹.«
»So ist es«, bestätigte Flink heftig. »Oh, wie ich geschuftet habe, Prinz Aillas zu Gefallen! Wenn er mir ein Wort des Lobes gewährt, ist mir meine Mühe mehr als vergolten!«
»Das ist der echte Flink, der das spricht!« sagte König Throbius zu Aillas. »Redlich und fein ist Flink!«
»Ich bin weniger an Flink interessiert denn an meinem Sohn Dhrun. Ihr wolltet ihn mir wiederbringen.«
»Besser! Das Nimmerfehl wird dir dein Leben lang dienen. Es wird dir immer den Weg dorthin anzeigen, wo du Dhrun finden kannst. Schau!« König Throbius zeigte ihm einen unregelmäßigen Gegenstand von drei Zoll Durchmesser, der aus einem Stück Walnußholz geschnitzt war und an einer Kette baumelte. Ein Vorsprung auf der Seite endete in einer Spitze, auf der ein scharfer Zahn saß.
König Throbius schwenkte das Nimmerfehl an seiner Kette hin und her. »Siehst du die Richtung, in welcher der weiße Elfenzahn weist? Wenn du ihr folgst, findest du deinen Sohn Dhrun. Das Nimmer-fehl irrt niemals. Nimm es hin! Dieses Instrument wird dich unfehlbar zu deinem Sohn führen!«
Aillas schüttelte ungehalten den Kopf. »Es weist nach Norden, in den Wald, wohin nur Toren und Elfen gehen. Dieses Nimmerfehl deutet in die Richtung meines eigenen Todes – oder es führt mich ohne Fehl zu Dhruns Leiche.«
König Throbius studierte das Instrument. »Er lebt. Sonst würde der Zahn nicht mit solcher Heftigkeit in die Richtung zurückschnappen. Was deine eigene Sicherheit angeht, so kann ich dir nur entgegenhalten, daß überall Gefahr lauert, für dich wie für mich. Würdest du dich sicher fühlen, wenn du durch die Straßen der Stadt Lyonesse bummeltest? Ich vermute, nein. Oder in Domreis, wo Prinz Trewan darauf hofft, bald König zu werden? Gefahr ist wie die Luft, die wir atmen. Warum dann über die Keule eines
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