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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Augen nieder und starrte auf ihren Teller. Immer noch lächelnd wandte Carfilhiot sein Ohr wieder dem Geplauder Königin Sollaces zu.
    Als der Tanz eröffnet wurde, versuchte Suldrun, sich der Aufmerksamkeit des Herzogs dadurch zu entziehen, daß sie sich ein wenig abseits unter ihre Jungfern mischte, jedoch ohne Erfolg. Sir Eschar, der Unter-Seneschall, suchte sie heraus und führte sie in den Kreis von König Casmir, Königin Sollace, Herzog Carfilhiot und anderen Granden. Als die Musik aufspielte, fand sie sich am Arm von Herzog Carfilhiot und wagte nicht, ihm den Tanz auszuschlagen.
    Schweigend vollführten sie die Schritte, vor und zurück, verneigten sich, drehten sich mit elegantem Schwung und Grazie, umgeben von farbiger Seide und seufzendem Atlas. Tausend Kerzen in sechs massiven Kandelabern erfüllten den Saal mit sanftem, lieblichem Licht.
    Als die Musik zu spielen aufhörte, führte Carfilhiot Suldrun auf die Seite des Saales und blieb ein wenig abseits vom festlichen Treiben mit ihr stehen. »Ich weiß kaum, was ich zu Euch sagen soll«, bemerkte er. »Eure Art ist so eisig, daß es mir fast bedrohlich erscheint.«
    Suldrun erwiderte in ihrem förmlichsten Ton: »Herr, ich bin an große Ereignisse nicht gewöhnt, und, um ganz ehrlich zu sein, sie bereiten mir kein Vergnügen.«
    »Ihr würdet also lieber woanders sein?« Suldrun warf einen Blick durch den Saal zu der Stelle, wo Casmir im Kreise der Granden seines Hofes stand. »Meine Wünsche und Vorlieben, welche auch immer sie sein mögen, scheinen nur für mich selbst Wichtigkeit zu besitzen. So ward es mir zu verstehen gegeben.«
    »Gewiß irrt Ihr! Ich für mein Teil interessiere mich sehr für Eure Wünsche und Vorlieben. Tatsächlich finde ich Euch sehr ungewöhnlich.«
    Suldruns einzige Reaktion war ein indifferentes Achselzucken, und für einen kurzen Moment wirkte Carfilhiots muntere Launigkeit ein wenig angestrengt, ja er schien fast ein wenig die Contenance zu verlieren. »Gewiß haltet Ihr mich dann für eine gewöhnliche Person, uninteressant und vielleicht sogar langweilig?« Er sagte es in einem Ton, in dem die Hoffnung mitschwang, einen Sturm verlegener Dementis zu ernten.
    Suldrun, die von ihm weg in den Saal schaute, antwortete mit geistesabwesender Stimme: »Herr, Ihr seid meines Vaters Gast. Ich würde mir nicht anmaßen, mir eine solche Meinung zu bilden oder überhaupt irgendeine Meinung.«
    Carfilhiot ließ ein seltsames leises Lachen hören, so daß Suldrun sich verblüfft zu ihm wandte. Für einen Moment konnte sie gleichsam wie durch einen Spalt in Carfilhiots Seele blicken, dann schloß sich der Spalt wieder. In seiner gewohnt heiteren Liebenswürdigkeit streckte Carfilhiot die Hände vor, um humorvoll Enttäuschung auszudrücken. »Müßt Ihr so zurückhaltend sein? Bin ich wirklich beklagenswert?«
    Suldrun antwortete erneut in kühler Förmlichkeit. »Herr, Ihr habt mir gewißlich keinen Grund gegeben, ein solches Urteil über Euch abzugeben.«
    »Aber ist das nicht eine künstliche Pose? Ihr müßt wissen, daß Ihr bewundert werdet. Mir, zum Beispiel, ist viel daran gelegen, daß Ihr eine günstige Meinung von mir habt.«
    »Herr, mein Vater will mich verheiraten. Das ist wohlbekannt. Er stößt mich schneller vorwärts, als ich gehen will. Ich weiß nichts von Liebe und Liebesdingen.«
    Carfilhiot nahm sie bei den Händen und zog sie an sich heran, so daß sie gezwungen war, ihn anzuschauen. »Ich will Euch einige verborgene Fakten verraten. Prinzessinnen heiraten selten ihre Geliebten. Was das Lieben betrifft, so würde ich gern eine solch unschuldige Schülerin lehren, noch dazu eine solch schöne. Ihr würdet sozusagen über Nacht lernen.«
    Suldrun entzog ihm ihre Hände. »Laßt uns wieder zu den anderen gehen.«
    Carfilhiot geleitete Suldrun an ihren Platz. Wenige Minuten später ließ Suldrun Königin Sollace wissen, sie fühle sich unpäßlich, und entschwand unauffällig aus dem Saal. König Casmir, erheitert vom Trunke, bemerkte nichts.
     
    Auf dem Derfwy-Anger, zwei Meilen südlich von Lyonesse, veranstaltete König Casmir einen Festzug und Volksrummel zu Ehren seines hohen Gastes: Faude Carfilhiot, Herzog vom Evandertal und Herr von Tintzin Fyral. Die Vorbereitungen waren sorgfältig und reichlich. Ochsen drehten sich seit dem Vortage über glühenden Kohlen, reich bestrichen mit Öl, Zwiebelsaft, Knoblauch und Tamarindensirup. Nun waren sie gar, und ein verlockender Bratenduft wehte über den Anger.

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