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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Mund zu. Sie schien zu seufzen, dann ging sie quer über die Terrasse, blieb vor ihrem Vater stehen und vollführte einen matten Knicks.
    In seinem klangvollsten Tenor verkündete Sir Mungo: »Prinzessin Suldrun, ich habe die Ehre, Euch Herzog Faude Carfilhiot vom Evandertal vorzustellen!«
    Suldrun senkte den Kopf. Carfilhiot verbeugte sich lächelnd und küßte ihr die Hand. Dann hob er den Kopf wieder, schaute ihr ins Gesicht und sagte: »Gerüchte über Prinzessin Suldruns Anmut und Schönheit sind über die Berge nach Tintzin Fyral gedrungen. Wie ich sehe, waren sie nicht übertrieben.«
    Suldrun erwiderte mit ausdrucksloser Stimme: »Ich hoffe, Ihr habt diese Gerüchte nicht beachtet. Ich bin sicher, sie würden mir kein Vergnügen bereiten, wenn ich sie hörte.«
    König Casmir lehnte sich abrupt vor, mit düsterer Miene, aber Carfilhiot sprach als erster. »Tatsächlich? Wieso?«
    Suldrun wich dem Blick ihres Vaters aus. »Ich werde als etwas hingestellt, das ich nicht sein möchte.«
    »Ihr macht Euch nichts aus der Bewunderung der Männer?«
    »Ich habe nichts Bewundernswertes getan.«
    »Das hat eine Rose auch nicht, und auch Saphir mit vielen Facetten nicht.«
    »Das sind Schmuckstücke; sie haben kein eigenes Leben.«
    »Schönheit ist nichts Unwürdiges«, sagte König Casmir finster. »Sie ist ein Geschenk, das nur wenigen zuteil wird. Würde irgend jemand – sogar die Prinzessin Suldrun – es vorziehen, häßlich zu sein?«
    Suldrun öffnete den Mund, um zu sagen: Ich würde es vor allen anderen Dingen vorziehen, irgendwo anders als hier zu sein. Doch sie verkniff sich die Bemerkung und machte den Mund wieder zu.
    »Schönheit ist ein höchst vornehmes Attribut«, erklärte Carfilhiot. »Wer war der erste Poet? Es war der, welcher den Begriff der Schönheit erfand.«
    König Casmir zuckte teilnahmslos die Achseln und trank aus seinem purpurfarbenen Glaskelch.
    Carfilhiot fuhr mit wohlklingender Stimme fort: »Unsere Welt ist ein schrecklicher und wundervoller Ort, an dem der leidenschaftliche Poet, der danach schmachtet, das Ideal der Schönheit zu verwirklichen, fast immer enttäuscht wird.«
    Suldrun, die die Hände gefaltet hielt, studierte ihre Fingerspitzen. Carfilhiot sagte: »Ihr scheint Vorbehalte zu haben.«
    »Euer ›leidenschaftlicher Poet‹ könnte sehr wohl ein gar langweiliger Gesell sein.«
    Carfilhiot schlug sich in gespielter Entrüstung die Hand an die Stirn. »Ihr seid so herzlos wie Diana selbst. Habt Ihr kein Mitleid mit unserem leidenschaftlichen Poeten, diesem armen, besessenen Abenteurer?«
    »Nicht sonderlich. Er scheint zumindest zu leicht erregbar und ichbezogen zu sein. Der Kaiser Nero von Rom, der zu den Flammen seiner brennenden Stadt tanzte, war vielleicht auch solch ein ›leidenschaftlicher Poet‹.«
    König Casmir machte eine nervöse Bewegung. Diese Art von Konversation schien eine gehaltlose Frivolität ... Dennoch, es schien, als finde Carfilhiot Gefallen daran. War es möglich, daß die schüchterne, verschlossene Suldrun klüger war, als er angenommen hatte?
    Carfilhiot wandte sich erneut an Suldrun: »Ich finde dieses Gespräch hochinteressant. Ich hoffe, wir können es ein andermal fortsetzen?«
    Suldrun antwortete in ihrem förmlichsten Ton: »Offen gesagt, Herzog Carfilhiot, meine Gedanken besitzen überhaupt keine Tiefe. Es würde mich sehr verlegen machen, über sie mit einer Person von Eurer Erfahrung zu diskutieren.«
    »Es sei, wie Ihr wünscht«, erwiderte Carfilhiot. »Doch gestattet mir das schlichte Vergnügen Eurer Anwesenheit.«
    König Casmir beeilte sich zu intervenieren, bevor Suldruns unberechenbare Zunge etwas Kränkendes erwidern konnte. »Herzog Carfilhiot, ich gewahre einige Granden des Reiches, die darauf warten, Euch vorgestellt zu werden.«
    Später nahm König Casmir Suldrun beiseite. »Ich bin überrascht über dein Verhalten gegenüber Herzog Carfilhiot! Du richtest mehr Schaden an, als dir bewußt ist. Sein guter Wille ist unverzichtbar für unsere Pläne!«
    Vor der majestätischen Größe ihres Vaters stehend, fühlte Suldrun sich schwach und hilflos. Sie rief mit leiser, klagender Stimme: »Vater, bitte, zwinge mich nicht, Herzog Carfilhiot zum Gemahle zu nehmen! Ich fürchte mich vor seiner Nähe!« König Casmir hatte sich auf solcherart mitleiderheischende Appelle vorbereitet. Seine Antwort war unerbittlich: »Bah! Du bist albern und unvernünftig! Es gibt weit schlimmere Partien als Herzog Carfilhiot, versichere ich dir.

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