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Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse

Titel: Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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kurzer Regenschauer vom Meer her nieder, der das Laubwerk wusch und den Staub vertrieb. Zur Mitte des Vormittags schien die Sonne durch die Wolken und sandte hastende Schatten über die Stadt. Lady Desdea kleidete Suldrun inein weißes Gewand mit einem weißen Überrock, welcher mit rosafarbener, gelber und grüner Stickerei verziert war. Auf das Haupt setzte sie ihr eine kleine weiße Kappe, gekrönt von einem goldenen, mit Granaten besetzten Diadem. Die Terrasse war mit vier kostbaren Teppichen ausgelegt worden, die von Haidions wuchtigem Hauptportal bis zu einem Tisch liefen, welcher mit schwerem weißem Linnen gedeckt war. Antike Silbervasen, vier Fuß hoch, barsten von weißer Rosenpracht. Auf dem Tisch stand der heilige Kelch der lyonessischen Könige: ein silbernes, fußhohes Gefäß, graviert mit Schriftzeichen, deren Bedeutung Lyonesse verlorengegangen war.
    Als die Sonne sich dem Zenit näherte, erschienen die ersten Würdenträger, gekleidet in Zeremoniengewänder mit Emblemen aus alten Zeiten.
    Zum Mittag kam die Königin. Sie wurde von König Casmir zu ihrem Thron geleitet. Hinter ihr folgte Herzog Carfilhiot, begleitet von Herzog Tandre von Sondbehar.
    Eine kurze Weile verstrich. König Casmir schaute zur Tür, wo nun Prinzessin Suldrun erscheinen mußte, am Arm ihrer Tante, Lady Desdea. Doch anstelle der Prinzessin sah er aufgeregte Bewegung. Gleich darauf gewahrte er den heftig winkenden Arm von Lady Desdea.
    König Casmir erhob sich von seinem Thron und schritt zurück zum Palast, wo Lady Desdea erregt und aufgelöst gestikulierend stand.
    König Casmir warf einen Blick in das Foyer, dann wandte er sich Lady Desdea zu. »Wo ist Prinzessin Suldrun? Warum dieser ungebührliche Verzug?«
    Lady Desdea plapperte eine hastige Erklärung heraus: »Sie war fertig! Sie stand da, schön wie ein Engel. Ich ging vor ihr die Treppe hinunter, sie folgte mir auf dem Fuße. Ich ging durch die Galerie, und plötzlich hatte ich ein seltsames Gefühl! Ich blieb stehen und schaute mich um, und sie stand da, blaß wie eine Lilie. Sie rief etwas, aber ich konnte es nicht recht hören. Ich glaube, sie sagte: ›Ich kann es nicht! Nein, ich kann es nicht!‹ Und dann war sie fort, zur Seitentür hinaus und die Arkade hinunter! Ich rief ihr nach, doch vergeblich. Sie wollte sich nicht umschauen!«
    König Casmir wandte sich um und ging auf die Terrasse. Er blieb stehen, ließ seinen Blick durch den Halbkreis fragender Gesichter schweifen. Dann sprach er mit rauher, monotoner Stimme: »Ich bitte um die Nachsicht der hier Versammelten. Die Prinzessin Suldrun leidet an Unwohlsein. Die Zeremonie wird nicht stattfinden. Ein Imbiß ist aufgetragen, bitte tut euch nach Herzenslust gütlich.«
    König Casmir machte kehrt und ging zurück in den Palast. Lady Desdea stand abseits. Ihr Haar war wirr, die Arme hingen schlaff wie Seile.
    König Casmir musterte sie einen Augenblick, dann schritt er vom Palast fort. Die Arkade hinauf, unter Zoltra Hellsterns Mauer hindurch, durch die hölzerne Pforte und hinunter in den alten Garten schritt der König. Hier saß Suldrun, auf einer umgestürzten Säule, die Ellenbogen auf den Knien, das Kinn in die Hände gestützt.
    König Casmir blieb zwanzig Fuß hinter ihr stehen. Langsam drehte Suldrun sich um. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ihr Kinn hing herunter.
    König Casmir sprach: »Du gingst an diesen Ort wider meinen Befehl.«
    Suldrun nickte. »Ja, das habe ich getan.«
    »Du hast die Würde von Herzog Carfilhiot auf eine Weise verletzt, die keine Nachsicht erfahren kann.«
    Suldruns Mund bewegte sich, aber es kamen keine Worte. König Casmir fuhr fort: »Aus leichtfertiger Laune bist du hierher gekommen, statt dich in pflichtgetreuem Gehorsam dorthin zu begeben, wohin zu gehen ich dich hieß. Darum befehle ich dir nun, bleibe an diesem Ort, Tag und Nacht, bis der große Schaden, den du mir zugefügt hast, gelindert ist, oder bis du tot bist. Solltest du aber, ob keck oder verstohlen, von hier entweichen, so sollst du die Sklavin desjenigen sein, welcher als erster Besitz von dir ergreift, gleich ob er Ritter oder Bauer sei, Tölpel oder Vagabund – egal! Du sollst ihm gehören.«
    König Casmir drehte sich um, stieg den Pfad hinauf und ging durch das Tor, das sich hart hinter ihm schloß.
    Suldrun wandte sich langsam ab; ihr Gesicht war entspannt, fast heiter. Sie schaute hinaus auf das Meer, wo vereinzelte Sonnenstrahlen durch die Wolken brachen und auf dem Wasser spielten.
    König

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