Lyonesse 1 - Herrscher von Lyonesse
Elfen anzunehmen, sondern den Handel immer zu seinen eigenen Bedingungen abzuschließen; andernfalls war man mit Sicherheit der Geprellte.
Eine von denen, die Shimrods Spiel lauschten, war ein wunderschönes Elfenmädchen mit wallendem nußbraunem Haar. Shimrod versuchte, sie mit Zukkerwerk in sein Haus zu locken. Eines Tages näherte sie sich ihm und schaute ihn mit spöttisch gespitztem Mund an, ein schelmisches Glitzern in den Augen. »Und warum willst du, daß ich in dein großes Haus komme?«
»Soll ich ehrlich sein? Ich würde gern Liebe mit dir machen.«
»Ah! Aber das ist Süße, von der du niemals zu naschen versuchen solltest, denn du könntest daran irre werden und müßtest mir fortan auf immer folgen, vergeblich um meine Gunst buhlend.«
»›Vergeblich‹, auf immer und ewig? Und du würdest mich immer hartherzig zurückweisen?«
»Vielleicht.«
»Und was wäre, wenn du entdecken würdest, daß warme Menschenliebe viel schöner ist als euer vogelähnliches Elfenpaaren? Wer würde dann schmachten, und wer würde wem auf immer folgen und wie ein liebeskrankes Elfenmädchen vergeblich um meine Gunst buhlen?«
Die Elfe verzog voller Verblüffung das Gesicht. »Der Gedanke ist mir noch nie gekommen.«
»Dann komm herein, und wir werden sehen. Zuerst werde ich dir Granatapfelwein kredenzen. Dann werden wir aus unseren Kleidern schlüpfen und uns beim Feuerschein die Haut wärmen.«
»Und dann?«
»Dann werden wir die Probe machen, um zu erfahren, wessen Liebe die wärmere ist.«
Das Elfenmädchen zog einen Schmollmund und entgegnete in gespielter Pikiertheit: »Ich sollte mich aber nicht vor einem Fremden entblößen.«
»Aber ich bin kein Fremder. Ich sehe doch, daß du vor Liebe schmilzest, wenn du mich anschaust.«
»Ich fürchte mich.« Sie huschte davon, und Shimrod sah sie nie wieder.
Der Frühling kam. Der Schnee schmolz, und die Wiese putzte sich mit bunten Blumen heraus. Eines sonnigen Morgens verließ Shimrod sein Haus und wanderte über die Wiese, sich an den Blumen, den leuchtenden grünen Blättern und dem Gezwitscher der Vögel zu ergötzen. Da fand er einen Pfad, der nach Norden in den Wald führte und den er noch nie zuvor bemerkt hatte.
Unter den mächtigen, weit ausladenden Eichen hindurch folgte er dem Pfad: hin und her, über einen kleinen Hügel, hinunter in ein dunkles Tal, dann wieder hinauf und über eine Lichtung, die gesprenkelt war mit blauen Kornblumen und umringt von hohen silbernen Birken. Der Weg führte hinauf über schwarzen Felsengrund, und nun hörte Shimrod durch den Wald Jammern und Schmerzensschreie hallen, begleitet von einem lauten, rhythmischen Klopfgeräusch. Shimrod rannte leichtfüßig durch den Wald, um gleich darauf zwischen den Felsen einen kleinen See zu entdecken. Am Ufer gewahrte er einen langbärtigen Troll, der mit einem außerordentlich großen Knüttel auf ein hageres, bepelztes Wesen einprügelte, das wie ein Teppich an einer zwischen zwei Bäumen gespannten Leine hing. Bei jedem Schlag schrie das Wesen um Erbarmen: »Halt ein! Nicht weiterschlagen! Du brichst mir alle Knochen! Hast du kein Mitleid mit mir? Du verwechselst mich, soviel ist klar! Mein Name ist Grofinet! Halt ein! Gebrauche Logik und Verstand!«
Shimrod näherte sich dem Troll. »Hör auf, ihn zu schlagen!« Der Troll, fünf Fuß groß und stämmig, fuhr überrascht herum. Er besaß keinen Hals, der Kopf saß direkt auf den Schultern. Er trug ein schmutziges Wams und ebenso schmutzige Hosen. Seine riesigen Genitalien waren von einem ledernen Hosenlatz umhüllt.
Shimrod schlenderte zu ihm. »Warum mußt du den armen Grofinet prügeln?«
»Warum tut man etwas?« knurrte der Troll. »Um seiner selbst willen! In der Absicht, eine Arbeit gut zu machen!«
»Das ist eine gute Antwort, aber sie läßt viele Fragen offen«, erwiderte Shimrod.
»Möglich, aber das schert mich nicht. Fort mit dir! Ich will diesen Bastard, diesen Zwitter zweier Alpträume, ordentlich durchbimsen.«
»Das ist alles ein Mißverständnis!« heulte Grofinet. »Es muß aufgeklärt werden, ehe noch größerer Schaden angerichtet wird! Laß mich herunter, damit wir in Ruhe und unvoreingenommen darüber reden können.«
Der Troll hieb mit seinem Knüppel nach ihm. »Schweig!« Mit einer verzweifelten Kraftanstrengung gelang es Grofinet, sich von seinen Fesseln zu befreien. Er fiel von der Leine herunter, krabbelte auf die Beine und hoppelte auf seinen großen Füßen auf der Lichtung umher, sich
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