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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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auftragen, und dabei überlegte er die ganze Zeit, wo er seine Perle am besten feilböte, auf daß er auch den größtmöglichen Gewinn erziele.
    Zurückhaltend erkundigte er sich bei dem Wirt. »Ich will Euch einmal eine Frage stellen: Wenn jemand eine wertvolle Perle sollte verkaufen wollen, wo würde er den besten Preis bekommen?«
    »Perlen, he? Ihr werdet feststellen, daß die Nachfrage nach Perlen in Oäldes gering ist. Wir geben unsere jämmerlichen paar Pfennige hier für Brot und Kabeljau aus. Eine Zwiebel in der Suppe ist die einzige Perle, die die meisten von uns je zu Gesicht bekommen. Aber laßt Eure Ware sehen!«
    Einigermaßen widerstrebend ließ Tamas den Wirt einen Blick auf die grüne Perle werfen.
    »Ein Wunder!« erklärte der Wirt. »Oder ist es besonders kunstreich gegossenes grünes Glas?«
    »Es ist eine Perle«, sagte Tamas kurz angebunden.
    »Vielleicht. Ich habe eine rosarote Perle aus Hadramaut gesehen und eine weiße Perle aus Indien; beide zierten die Ohren von Schiffskapitänen. Laßt mich noch einen Blick auf Euer grünes Juwel werfen ... Ah! Es glüht in einem bösartigen Licht! Dort unten ist der Laden eines sephardischen Goldschmieds; vielleicht kann er Euch einen Preis nennen.«
    Tamas ging mit der Perle zum Laden des Goldschmieds und legte sie dort auf die Theke. »Wieviel Gold und wieviel Silber zahlt Ihr für dieses schöne Stück?«
    Der Goldschmied senkte die lange Nase dicht über die Perle und rollte sie mit einem bronzenen Stäbchen hin und her. Dann blickte er auf. »Was ist Euer Preis?«
    Tamas, sonst stets gleichmütig, geriet über die sanfte Stimme des Goldschmieds in Wut. »Ich will den vollen Wert«, antwortete er barsch, »und ich lasse mich nicht betrügen.«
    Der Goldschmied hob die schmalen Schultern. »Der Wert eines Gegenstandes ist das, was einer dafür zahlen will. Ich habe keinen Markt für ein so prächtiges Kleinod. Ich gebe Euch ein einziges Goldstück, mehr nicht.«
    Tamas packte die Perle und stapfte erzürnt davon. Aber so erging es ihm den ganzen Tag lang. Er bot die Perle jedem an, der ihm vielleicht einen guten Preis dafür zahlen würde, doch ohne Erfolg.
    Spät am Nachmittag, müde, hungrig und kochend vor unterdrückter Wut, kehrte er ins Gasthaus zum
Roten Hummer
zurück. Dort aß er eine Schweinefleischpastete und trank dazu einen Krug Bier. An einem Nachbartisch waren vier Männer beim Würfeln. Tamas rückte hinüber, um dem Spiel zuzuschauen, und als einer der vier aufstand und ging, luden die übrigen ihn ein, sich zu beteiligen. »Dir scheint's nicht schlecht zu gehen; hier hast du Gelegenheit, dich auf unsere Kosten noch weiter zu bereichern!«
    Tamas zauderte, denn er verstand wenig vom Würfeln und vom Glücksspiel. Er schob die Hände in die Taschen; seine Finger berührten die grüne Perle, und rücksichtslose Zuversicht schoß ihm durch die Glieder.
    »Gewiß doch!« rief er aus. »Warum nicht?« Er ließ sich auf den freien Stuhl fallen. »Aber ihr müßt mir euer Spiel erklären, denn ich habe keine Erfahrung mit solchem Zeitvertreib.«
    Die anderen Männer am Tisch lachten leutselig. »Um so besser für dich«, meinte einer. »Anfänger haben in der Regel Glück.«
    »Als erstes mußt du dir einprägen«, sagte ein anderer, »daß du immer daran denkst, deinen Einsatz zu kassieren, wenn du gewonnen hast. Zweitens – was von unserem Standpunkt aus betrachtet noch wichtiger ist –: Wenn du verlierst, mußt du zahlen. Ist das klar?«
    »Unbedingt«, sagte Tamas.
    »Dann zeig uns – aus reiner Höflichkeit unter Ehrenmännern –, welche Farbe dein Geld hat.«
    Tamas nahm die grüne Perle aus der Tasche. »Hier ist ein Kleinod, welches zwanzig Goldstücke wert ist; das gebe ich als Sicherheit. Kleingeld habe ich nicht.«
    Die Spieler betrachteten bestürzt die Perle. »Vielleicht ist sie ja so viel wert, wie du sagst«, wandte einer ein. »Aber wie willst du auf dieser Grundlage spielen?«
    »Ganz einfach. Wenn ich gewinne, gewinne ich, und jedes weitere Wort ist überflüssig. Wenn ich verliere, verliere ich, bis ich um zwanzig Goldstücke in der Kreide stehe; dann will ich die Perle aufgeben und in Armut davongehen.«
    »Alles schön und gut«, sagte einer der Spieler. »Aber zwanzig Goldstücke sind ein erkleckliches Sümmchen. Nehmen wir an, ich gewinne nur ein einziges Goldstück und beschließe dann, aus dem Spiel auszuscheiden. Was dann?«
    »Ist das nicht völlig klar?« fragte Tamas verdrossen. »Dann gibst du mir neunzehn

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