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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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als Sklave hierhergeschleppt. Ich bin durch diese Mauern mit einer Kette um den Hals gewandert. Noch jetzt spüre ich förmlich ihr Gewicht und höre ihr mißtönendes Klirren; ich könnte wahrscheinlich noch jede Stelle wiederfinden, an die ich einst meinen Fuß gesetzt habe. Ich war in einem Zustand tiefster Verzweiflung.«
    Dhrun lachte beklommen. »Jetzt ist jetzt; damals ist damals. Du solltest Glück und Triumph bei dem Gedanken empfinden, daß du es ihnen mehr als heimgezahlt hast.«
    Wieder lachte Aillas. »Das tue ich sehr wohl! Freude vermengt mit Furcht, das ist schon eine eigenartige Gemütsbewegung!«
    »Hmf«, sagte Dhrun. »Das ist schwer nachzuempfinden.«
    Aillas wandte sich um und lehnte sich wieder über die Brüstung. »Ich denke oft nach über ›jetzt‹ und ›damals‹ und über das, was sein wird, und wie das eine sich vom andern unterscheidet. Ich habe noch nie eine vernünftige Erklärung gehört, und das Nachdenken darüber erfüllt mich mit mehr Unbehagen denn je.« Aillas deutete auf eine Stelle unten auf der Ebene. »Siehst du den kleinen Hügel dort, dessen Hänge mit Gestrüpp bewachsen sind? Die Ska ließen mich einst in einem Tunnel graben, der bis zu jenem Hügel reichen sollte. Sobald der Tunnel fertig war, sollten alle Sklaven, die ihn vorangetrieben hatten, getötet werden, auf daß das Geheimnis gewahrt bliebe. Eines Nachts wühlten wir uns an die Oberfläche und flohen, und so kommt es, daß ich heute lebe.«
    »Und der Tunnel – wurde er je vollendet?«
    »Das vermute ich. Ich habe nie daran gedacht, es nachzuprüfen.«
    Dhrun deutete auf die Ebene der Schatten. »Es nahen Reiter: ein Trupp von Rittern, dem Schimmern von Metall nach zu urteilen.«
    »Sie sind nicht pünktlich«, sagte Aillas. »Solche Anzeichen sind bedeutungsvoll.«
    Die Kolonne näherte sich mit würdevoller Bedächtigkeit und entpuppte sich schließlich als ein Trupp von zwei Dutzend Reitern. An der Spitze, auf einem hochtrabenden weißen Roß sitzend, ritt ein Herold, der mit einem Halbpanzer bekleidet war. Sein Pferd war behängt mit einer Schabracke aus rosa und grau gemustertem Tuch; der Herold selbst hielt ein Banner empor, das drei weiße Einhörner auf grauem Grund zeigte: das königliche Wappen von Dahaut. Drei weitere Herolde folgten dichtauf; sie trugen andere Fahnen. Dahinter, in würdevollem Abstand, ritten nebeneinander drei Ritter. Sie trugen leichte Panzer und wehende Umhänge von satter Farbe: einer schwarz, einer dunkelgrün, einer hellblau. Hinter diesen dreien folgten sechzehn bewaffnete Reiter; jeder von ihnen hielt eine Lanze empor, an deren Spitze ein grüner Wimpel flatterte.
    »Sie bieten eine prächtige Erscheinung, trotz des langen Ritts«, bemerkte Dhrun.
    »Das haben sie auch so beabsichtigt«, sagte Aillas. »Abermals: solche Anzeichen sind bedeutsam.«
    »Was bedeuten sie?«
    »Ah! Was sie bedeuten, wird immer erst im Nachhinein klar! Einstweilen kann ich nur feststellen, daß sie verspätet sind, sich aber bemüht haben, ihre Ankunft eindrucksvoll zu gestalten. Das sind gemischte Zeichen, die jemand Spitzfindigeres als ich deuten muß.«
    »Sind die Ritter dir bekannt?«
    »Rot und Grau sind die Farben von Herzog Claractus. Ich kenne ihn dem Namen nach. Die Abteilung dürfte von Burg Cirroc kommen, dem Sitz von Sir Wittes. Er ist offenbar der zweite Ritter. Was den dritten anbelangt ...« Aillas blickte über die Terrasse und rief seinem Herold Duirdry zu, der ein paar Schritte abseits stand: »Wer reitet in der Abteilung?«
    »Das erste Banner ist das von König Audry: die Gruppe kommt in königlicher Sache. Ferner erkenne ich die Standarte von Claractus, dem Herzog der Marsch und Fer Aquilas. Die anderen zwei sind Sir Wittes von Harne und Burg Cirroc sowie Sir Agwyd von Gyl. Sie alle sind Notabeln von altem Geschlecht und guter Verbindung.«
    »Reitet hinaus auf die Ebene«, trug Aillas ihm auf. »Empfangt diese Leute mit Höflichkeit, und erkundigt Euch nach ihrem Begehr. Wenn die Antwort in respektvoller Sprache kommt, werde ich sie sogleich in der Halle empfangen. Sind sie aber schroff oder versteigen sie sich gar zu Drohungen, heißt sie warten, und überbringt mir ihre Botschaft.«
    Duirdry verließ die Brustwehr. Kurze Zeit später kam er, flankiert von zwei bewaffneten Reitern, aus dem Ausfalltor. Die drei ritten schwarze Pferde mit schlichtem schwarzen Harnisch. Duirdry trug Aillas' königliches Banner: fünf weiße Delphine auf dunkelblauem Feld. Die Reiter trugen

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