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M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

Titel: M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Kopf und machte sich auf den Weg zur Tür.
    Süden beugte sich über den Schreibtisch und streckte dem Leiter der Vermisstenstelle die Hand hin. »Danke für die Geduld, Hagen.«
    Vollmar stand auf. »Passt schon. Seltsame Sache, dein Fall. Wieso hat die Frau behauptet, sie hätte den Mann bei der Polizei als vermisst gemeldet? Die hätte doch damit rechnen müssen, dass du das überprüfst.«
    »Sie hat nicht damit gerechnet.« Süden steckte seinen kleinen karierten Spiralblock und den Kugelschreiber in die Tasche und zog den Reißverschluss der Lederjacke zu. »Ich muss besser aufpassen, ich habe bisher zu wenig gesehen.«
    »Vielleicht brauchst du eine Brille.«
    »Wenn ich falsch schaue, nutzt mir auch eine Brille nichts.« An der Tür gab er Oberkommissar Stuck die Hand. Auf dessen immer noch erwartungsvollen Blick reagierte er nicht. Wenn Stuck die Frage beantwortet haben wollte, warum Süden völlig anderer Meinung war als Hutter, hatte er entweder die ganze Zeit nicht zugehört, oder er war bloß naiv. Beides hielt Süden für unwahrscheinlich. Der Kommissar wollte ihn provozieren, weiter nichts, und vor allem wollte er ihn loswerden. In Stucks Augen waren Kommissare, die den Dienst quittierten, um am Ende in einer Detektei anzuheuern, Versager, die sich einbildeten, immer noch Polizist spielen zu müssen. In seinen jungen Jahren bei der Kripo hatte Süden nicht unbedingt eine erhabenere Meinung über Detektive an den Tag gelegt.

    Er fuhr mit der U-Bahn und dem Bus zum Waldfriedhof, redete mit seinem Freund Martin und anschließend mit seinem Vater, dem er vom aktuellen Fall erzählte. Kaum hatte er den Friedhof wieder verlassen, klingelte sein Zwangshandy. »Stör ich dich?«, fragte Leonhard Kreutzer.
    »Natürlich nicht.«
    »Die Frau war nicht mehr in der Redaktion. Sie ist frühzeitig nach Haus gegangen, weil sie angeblich eine Magenverstimmung hat. Hat mir eine Kollegin von ihr am Telefon gesagt. Bevor ich ewig auf sie warte, wollt ich wissen, ob sie überhaupt da ist.«
    »Gut vorausgedacht, Leo.«
    »Einige Zellen funktionieren noch. Ich hab dann ihre Festnetznummer gewählt. Wenn sie drangegangen wär, hätt ich gesagt, ich hab mich verwählt. Aber es nahm niemand ab. Auch kein Anrufbeantworter. Ich bin jetzt hier im Viertel, Winthirstraße. Sie wohnt in einem Rückgebäude, das ist ein einstöckiger Anbau mit einem Laubengang, von dem sechs Türen abgehen. Drunter sind Garagen. Sehr schmucklos alles. Geteerter Hinterhof. Im Haupthaus vorn gibt’s einen Bäcker und einen Friseur. Schräg gegenüber ist ein Gasthaus, der Großwirt. Ich war drin, keine Gäste.«
    »Du warst auch im Bergstüberl.«
    »Hab einen Kaffee und ein Mineralwasser getrunken. Ich glaub, ich brauch einen Liter Iberogast, um mich von dem Kaffee zu erholen. Die Frau war nicht da, nur drei Männer, glatzköpfig, Tätowierungen im Nacken, martialisch. Aber sie waren nicht laut, haben mich nicht beachtet, redeten leise miteinander. Wenn ich mich nicht täusche, hat der Wirt einen ostdeutschen Akzent. Kann das sein, du warst ja schon dort.«
    »Das kann stimmen«, sagte Süden und überlegte, ob er einem Taxi winken sollte. Er beschloss, eine Zeitlang zu Fuß zu gehen, entlang der vielbefahrenen Würmtalstraße, quer durch Hadern. »Wir müssen uns später treffen und unsere Vorgehensweise besprechen. Die Dinge haben sich verändert.«
    »Ich bleib noch eine Stunde hier und versuch … Da ist sie! Die Frau verlässt das Haus, sie war also doch daheim, obwohl alles so verrammelt ausgesehen hat. Ich bleib an ihr dran. Bis hernach.«
    »Bis hernach.« Süden steckte das Handy ein, zögerte und zog es wieder aus der Tasche. Sein Impuls war, Kreutzer zurückzurufen und ihn in die Detektei zu beordern. Unvermittelt fragte er sich, ob es klug war, was Kreutzer tat. Ab sofort mussten sie vorsichtiger sein, noch unauffälliger, am besten unsichtbar.
    Nach dem, was Süden an diesem Tag erlebt hatte, war klar, dass sie viel zu wenig über die Frau wussten. Sie mussten die Zusammenhänge neu bewerten und durften sich auf keinen Fall Situationen aussetzen, über die sie keine Kontrolle hatten.
    Oder, dachte Süden, redete er sich etwas ein? Was würde Edith Liebergesell sagen, wenn sie erfuhr, dass sie einer Auftraggeberin misstrauten und sie sogar beschatteten? Mia Bischof hatte gelogen, was die Sache mit der Vermisstenmeldung betraf. Aber hätten sie sie nicht erst dazu befragen müssen? Was genau, würde die Chefin ihn fragen, warfen sie der

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