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M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

Titel: M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Wimpel des Fußballclubs 1860 München. Hinter der Theke führte eine Tür zu einem Nebenraum. Radiomusik spielte. Der Wirt, ein Mann Ende vierzig mit einem grauen, eingefallenen Gesicht, stellte Süden ein Helles hin und meinte, ihn habe er hier noch nie gesehen. Süden nannte seinen Namen, seinen Auftrag und beschrieb den gesuchten Taxifahrer.
    »Siegfried, klar«, sagte der Wirt, der Mario hieß, wie Süden kurz darauf erfuhr. »Schaut öfter vorbei, klar.« Wieso er verschwunden sei, wollte Mario wissen. Süden erklärte, das wisse er nicht, und bedankte sich für die Auskunft. Am Tresen redete Mario leise mit den beiden Gästen, und als Mia hereinkam, drehte sich einer der bulligen Männer zur Tür um und nickte Mia zu. Unaufgefordert brachte ihr der Wirt eine Weißweinschorle. Sie trank einen Schluck und schien Süden nicht zu beachten.
    Dann nahm sie ihre Wollmütze ab, schüttelte den Kopf mit den flatternden Zöpfen und zog den Reißverschluss ihrer Daunenjacke auf, ohne sie auszuziehen. Nach einigen Schlucken steckte sie die Hände in die Taschen und sah Süden mit aufgerissenen Augen an, so, als frage sie sich, was er hier tue.
    Auf seine Frage, ob Denning sich ihr gegenüber politisch geäußert habe, zog sie die Stirn in Falten, dachte eine Weile nach und schüttelte lächelnd den Kopf. Sie sei Redakteurin in der Lokalredaktion, da spiele Kommunalpolitik jeden Tag eine Rolle. »Das ist mein Job, das muss sein.« Darüber spreche sie auch mit Denning, und er gebe seine Kommentare ab. Schließlich sei er Taxifahrer und werde ständig mit den Meinungen von Fahrgästen konfrontiert, von denen manche, wie er ihr immer wieder berichte, »recht stürmische Ansichten« vertreten würden.
    Als langjähriger Fahrgast kannte Süden »recht stürmische Ansichten« vor allem von bestimmten Fahrern, bei denen er sich nicht gewundert hätte, wenn sie beim Linksabbiegen, anstatt zu blinken, den Arm waagrecht aus dem Fenster gestreckt hätten.
    »Ich möchte nicht, dass Sie ihn für unaufrichtig und feige halten«, sagte Mia Bischof.

    Über Mias Satz dachte Süden auch jetzt wieder, fast zwölf Stunden später, in seinem Zimmer nach. Als Mia auf die Toilette gegangen war, hatte er ihn sich aufgeschrieben. Warum, fragte er sich, sollte er Denning für unaufrichtig und feige halten? Woher kam dieser Gedankensprung von Mia Bischof? In der einen Stunde, die er in der Kneipe verbracht hatte, versuchte er nichts anderes, als Mias Aussagen zu präzisieren und herauszufinden, woher in Wahrheit ihre Besorgnis rührte und was Siegfried Denning gesagt oder getan haben könnte, das ihn zwang zu verschwinden. Mia blieb dabei: Denning habe sich verändert, sei stiller geworden, habe niedergeschlagen, ja verzweifelt gewirkt, ohne dass er dies je zugegeben hätte. Und sie wolle unter allen Umständen verhindern, dass er sich »was Schlimmes antut«.
    Für den Nachmittag nahm Süden sich zum einen vor, die Polizeiinspektion in der Nähe der Winthirstraße aufzusuchen, auf der Mia Bischof ihre Vermisstenanzeige aufgeben wollte. Vielleicht brachte ihn die Einschätzung der Beamten auf eine neue Idee. Zum anderen wollte er bei seinen Ex-Kollegen im Dezernat Informationen über die rechte Szene in der Stadt einholen. Womöglich tauchte der Name Siegfried Denning in einem Bericht oder Protokoll auf.
    Bereits sein erster Termin veränderte seine Planungen.
    Keiner der Beamten in der Polizeiinspektion 42 an der Landshuter Allee hatte mit einer Mia Bischof gesprochen, geschweige denn ihr ausgeredet, eine Vermisstenanzeige aufzugeben. Wie Süden aus eigener Erfahrung als Kommissar wisse, meinte einer der Beamten, würde man nie jemanden abweisen, der darauf bestehe, eine Person als vermisst zu melden, auch wenn im Augenblick kein Hinweis auf ein Verbrechen oder einen Suizid bestehe. Allenfalls würden die Suchmaßnahmen nicht in vollem Umfang anlaufen. Aber das Recht, trotzdem eine Anzeige zu machen, stünde jedem Bürger frei.
    Süden wusste das. Er schaltete sein Handy ein und tippte die Festnetznummer der Detektei. Kreutzer nahm den Anruf entgegen, Patrizia hörte über Lautsprecher mit.
    »Ich kann machen, was du vorschlägst«, sagte Kreutzer. »Mit dem alten Auftrag bin ich fertig, ich hab den Koch ausfindig gemacht, jetzt kümmert sich die Polizei um die Sache. Wann soll ich mit der Beschattung der Frau anfangen?«
    »Sofort«, sagte Süden. »Sie hat kein Auto, fährt also von der Redaktion mit der U-Bahn zu ihrer Wohnung. Alle

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