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Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby

Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby

Titel: Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michele
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worden war und als Dank das Grundstück erhalten hatte. Der Name Allerby leitete sich von dem Heiligen St. Allen ab, der einer Legende zufolge im 6. Jahrhundert in dieser Gegend als Eremit gelebt hatte. Noch immer zeugte ein steinerner Brunnen von St. Allen Well – der Quelle eines Baches, dessen Wasser über Heilkräfte verfügt haben sollte. Seit dem Mittelalter hatten Kranke die Quelle aufgesucht, das reine, glasklare Wasser getrunken oder darin gebadet. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die Quelle versiegt und die Menschen hatten geglaubt, St. Allen hätte ihnen seinen Schutz entzogen.
    Mabel hatte sich längst daran gewöhnt, dass Cornwall ein Landstrich voller Sagen und Legenden war. Es gab kaum eine Gegend, in der es nicht Riesen, Zwerge, Feen oder sonstige Fabelwesen gegeben haben sollte, außerdem konnte keine andere Grafschaft Englands eine solche Vielzahl von Heiligen vorweisen. Es gab Hunderte von Orten, Dörfern oder auch nur kleinen Gehöften, die ein „Saint“ im Namen trugen, und heilige Quellen oder Brunnen ­fanden sich in Cornwall zu Dutzenden.
    Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war Allerby House durch Misswirtschaft und Fehlspekulationen völlig ­heruntergewirtschaftet gewesen und hatte vor dem Ruin gestanden, was viele mit dem Versiegen der Quelle begründet hatten. Mabel las aber, dass der damalige Lord Carter seine Zeit mehr in den Londoner Spielklubs und Hurenhäusern verbracht hatte, als sich um seinen Besitz im fernen ­Cornwall zu kümmern. Es gab also eine ganz und gar unspektakuläre Erklärung für den Bankrott. Nur die Heirat des Lords mit einer reichen Erbin hatte das Haus vor dem Verfall gerettet. Lady Elisabeth Jones hatte jedoch darauf bestanden, ihren Namen sowie ihr Familien­wappen ebenfalls zu verwenden, und seitdem lautete der Name der Besitzer von Allerby House Carter-Jones.
    Mabel bedauerte, dass das Buch vor über fünfzig Jahren verfasst worden war, denn so erfuhr sie nichts über den aktuellen Lord Carter-Jones.

    Michelles Tod hatte in Lower Barton kaum Aufmerksamkeit erregt, obwohl die örtliche Tageszeitung, der Cornwall Guardian , darüber berichtet hatte. Die Carter-Joneses waren nie nach Lower Barton gekommen und so ­kannten die meisten zwar den Namen, kaum einer hatte aber jemals mit jemandem von der Familie gesprochen oder gar einen engeren Kontakt unterhalten.
    Als Mabel am Freitagvormittag jedoch die örtliche ­Metzgerei aufsuchte, um für das Wochenende einzu­kaufen, hielt Mrs Roberts, die Frau des Metzgers, mit ihrer ­Meinung nicht hinter dem Berg – gleichgültig, ob die Kundschaft ihre Vermutungen hören wollte oder nicht. Mabel spitzte die Ohren, denn Mrs Roberts trug nicht umsonst den heimlichen Spitznamen „Daily Mirror von Lower Barton“. Es war bekannt, dass die Dame ihre Nase ständig in fremde Angelegenheiten steckte und sich zu wilden Spekulationen hinreißen ließ.
    „Das konnte ja nicht gutgehen – eine junge Frau und ein Mann, der ihr Vater sein könnte“, sagte die Metzgersfrau gerade zu einer interessiert lauschenden Kundin. „­Wahrscheinlich hatte sie das Leben an der Seite des ­Krüppels satt, außerdem muss sie ihren Mann ja auch gepflegt haben.“
    „Sie hätte ihn verlassen können, anstatt sich umzu­bringen“, wandte die Kundin ein, aber auch dafür hatte Mrs Roberts eine Erklärung.
    „Die hatten bestimmt einen Ehevertrag, und die junge Lady wäre leer ausgegangen“, tönte sie laut und bestimmt. „Wahrscheinlich hatte sie bei der Hochzeit gehofft, ihr Gatte würde bald das Zeitliche segnen, sie alles erben und in Saus und Braus leben können. Immerhin soll sie aus sehr einfachen Verhältnissen gestammt haben. Tja, da hatte sie sich eben verschätzt.“
    Ihre Zuhörerin lauschte mit geröteten Wangen, nickte zustimmend und erwiderte: „Man kennt ja diese Art von Frauen: hübsches Gesicht, lange Beine und viel Oberweite – da spielen die Hormone von älteren Männern eben verrückt. Ruck, zuck finden sie sich vor dem Altar wieder und werden wie ein Weihnachtstruthahn ausgenommen. Würde mich nicht wundern, wenn die Carter-Jones einen Liebhaber gehabt hätte.“
    Mrs Roberts lachte gackernd, während sie das von der Kundin bestellte Rinderhackfleisch abwog. Mabel enthielt sich jeden Kommentars und tat, als hätte sie den Namen Carter-Jones noch nie zuvor gehört. Sie fand es furchtbar, wie über Lady Michelle hergezogen wurde, obwohl sie sicher war, dass weder die Metzgersfrau noch die Kundin ihr jemals begegnet

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