Mabel Clarence 03 - Schatten ueber Allerby
Hausarbeit und die Pflege von Captain Douglas einfach nicht.“
„Captain Douglas?“, fragte Mabel verwundert. „Ich dachte, er wäre ein Lord.“
Die Frau nickte. „In jungen Jahren war der Captain in der Armee, Ausbildung in Sandhurst, Sie verstehen? Als er dann nach Allerby zurückkehrte, wollte er nicht als Mylord oder so angesprochen werden – er meinte, Captain Douglas wäre passender, sonst würde er sich alt fühlen. Das ist bis heute so geblieben.“
„Darf ich fragen, welche Stellung Sie in diesem Haus inne haben?“, unterbrach Mabel schnell, als die junge Frau Luft holen musste. Offenbar war sie sehr gesprächig, was Mabel sicher nützlich sein würde. Dennoch wunderte sie sich, wie offen die Frau einer völlig Fremden gegenüber war.
„Mein Name ist Angela Thorn.“ Sie machte eine raumgreifende Handbewegung. „Ich bin die Köchin, die Putzfrau und das Mädchen für alles, wie man so schön sagt. Die Familie Carter-Jones lebt sehr zurückgezogen, neben einem Gärtner und dem Stallmeister mit seiner Familie bin ich die einzige feste Angestellte. Wenn bei offiziellen Anlässen ein Chauffeur benötigt wird, fordert Lady Jane jemanden von einer Vermittlung in Bodmin an. Heutzutage leisten sich nur noch wenige Familien einen dauerhaften Chauffeur, zumal Lady Jane ihren Wagen selbst fährt, während Lady Michelle sich gern mit dem Rolls fahren ließ oder ihr Cabrio benutzte, wenn das Wetter es zuließ. Auch für die groben Arbeiten werden Leute aus der Umgebung engagiert, wenn sie benötigt werden.“ Sie unterbrach ihren Redefluss, um Luft zu holen, und reichte Mabel die Hand. „Nennen Sie mich bitte Angela, das tun alle. Und Sie sind?“
Mabel erwiderte ihren Händedruck und zögerte nur für den Bruchteil einer Sekunde. „Daniels“, sagte sie. „Mabel Daniels.“
Auf die Schnelle war ihr kein anderer Name eingefallen, denn sie scheute sich, ihren richtigen Namen zu nennen. Es war durchaus möglich, dass sich der Name Clarence in der Gegend inzwischen herumgesprochen hatte. Immerhin war sie die Besitzerin von Higher Barton und die Umstände, die vor einem knappen Jahr dazu geführt hatten, hatten halb Cornwall beschäftigt. Zudem hatte ihr Name in vielen Zeitungen gestanden. Sie war auch erleichtert zu hören, dass sie dem Chauffeur, der sie aus Lower Barton abgeholt und zu Michelle gebracht hatte, nicht begegnen würde, denn das hätte sie in Erklärungsnot gebracht.
„Sie sind Krankenschwester?“, fragte Angela.
Mabel bejahte, dieses Mal ohne zu zögern, denn das entsprach ja der Wahrheit. So langsam dämmerte ihr, wen Angela Thorn erwartet hatte, und sie beschloss, das Spiel noch eine Zeitlang mitzuspielen.
„Allerdings seit einigen Jahren im Ruhestand“, ergänzte Mabel. „Doch so ganz ohne Arbeit …“
„Ich verstehe.“ Angela rollte mit den Augen. „Auch wenn es mir hier manchmal etwas zu viel wird – den ganzen Tag auf der faulen Haut liegen ist auch nicht meine Sache. Bevor Sie jetzt fragen, weshalb ein so junges Ding wie ich bereits Haushälterin ist, kann ich Ihnen sagen, dass man als Älteste von sechs Geschwistern schon früh mit Hausarbeiten und Kochen vertraut wird.“ Angela musterte Mabel, dann runzelte sie die Stirn und fragte: „Haben Sie kein Gepäck? Sie sind doch mit dem Taxi gekommen, nicht wahr? Jedenfalls haben Sie nicht vor dem Haus geparkt.“
„Gepäck?“, wiederholte Mabel und zollte der guten Beobachtungsgabe und den Schlüssen, die Angela Thorn zog, Respekt.
„Man hat Ihnen hoffentlich gesagt, dass Sie auf Allerby wohnen werden“, erwiderte Angela. „Captain Douglas ist mit einer Pflegerin, die nur einmal am Tag vorbeischaut, nicht gedient.“ Ein Schatten fiel über ihr hübsches Gesicht mit den mandelförmigen dunklen Augen, als sie fortfuhr: „Bisher hat sich Lady Michelle Tag und Nacht um ihren Mann gekümmert, aber seit letzter Woche … Sie haben doch davon gehört, oder?“
„Es tut mir so leid. Das muss ein großer Verlust für Lord Carter-Jones gewesen sein.“
Angela antwortete unbekümmerter, als man es bei solch einem tragischen Anlass vermuten würde: „Tja, wir alle sind sterblich, nicht wahr?“
„Das ist der Lauf der Natur“, stimmte Mabel zu. Aus dem Gespräch hatte sie blitzschnell ihre Schlussfolgerungen gezogen: Douglas Carter-Jones, Michelles Ehemann, benötigte eine regelmäßige Pflege, die bisher Michelle übernommen hatte. Nach ihrem Tod war nun eine Pflegerin gesucht worden, die aber erst am
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