Macabros 002: Fluch der Druidin
sie den Durchlaß
und kehrte zurück in das bienenkorbähnliche Haus, aus dem
sie vor vierhundert Jahren vor dem Hexenjäger und seinem
Gehilfen geflohen war.
*
Carminia Brado blickte besorgt auf Sophokles, der Mühe hatte,
die Jacht durch die aufgewühlte See zu steuern.
Mitten in der Nacht waren sie aufgebrochen und hatten ihren
Ankerplatz vor der »Delphin« verlassen.
Der Wetterbericht hatte ein schweres Unwetter angesagt.
Björn Hellmark, der den ganzen Tag über mit der
restlichen Besatzung der »Delphin« an der Reparatur des
Bathyskaphs gearbeitet hatte, befand sich nicht bei ihnen an
Bord.
Er war noch vor Mitternacht mit dem Bathyskaph getaucht. Er hielt
es für sicherer, wenn Carminia und Sophokles in einer
windgeschützten Bucht vor Anker gingen. Es bestand kein
zwingender Grund, daß sie mit der leichten Jacht einen Sturm
auf hoher See über sich ergehen lassen mußten. Obwohl die
»Seejungfrau« von hoher Seetüchtigkeit war, wollte er
nicht seine beiden Begleiter unnötig in Gefahr bringen.
Die »Delphin« blieb zurück. Auf ihr waren alle
Vorbereitungen getroffen worden, um den Sturm gelassen
abzuwarten.
Die Wetterlage war unangenehm, aber für erfahrene Seeleute zu
ertragen.
Die kupferfarbene Brasilianerin stand neben dem jungen Griechen in
dem geräumigen Cockpit der Hochseejacht.
Regen prasselte auf das Boot, Wellen spülten über das
Deck, eine Flut von Wasser preschte gegen die Fenster. Die
Scheibenwischer vermochten die Wassermengen nicht mehr zu
verdrängen.
Sophokles hielt mit seinen muskulösen Händen das
Steuerrad umfaßt.
»Sieht geradeso aus, als wären wir doch etwas zu
spät aufgebrochen«, bemerkte Carminia besorgt. Ihre dunklen
Kirschenaugen blickten aufmerksam.
Sie mußte sich festhalten. Die See rollte.
Plötzlich waren sie ganz unten. Eine Wand aus Wasser baute
sich vor ihnen auf. Spitz und steil jagte die »Seejungfrau«
auf die Wasserwand zu, wurde hochgehoben, jagte über die
aufgewühlte See hinweg, von heftigen Sturmböen
getrieben.
»Ich mache mir Sorgen um Björn«, sagte der Grieche
leise. »Wenn er jetzt noch unten ist, dürfte es schwierig
sein, ihn an Bord zu bekommen, wenn er auftaucht. Bei der
See.«
»Er hat Sauerstoffvorrat für acht Stunden dabei. Bis
dahin kann alles vorbei sein.« Carminia Brado klammerte sich an
die Haltegriffe. Sie wußte manchmal nicht, ob der Himmel unten
und das Meer oben waren. Alles bildete eine einzige graue,
trübe, aufgepeitschte Masse.
Der Wind pfiff und jaulte, Wellen spülten donnernd gegen die
Jacht, trieben sie in eine Richtung, die Sophokles gar nicht
ansteuerte. Der muskulöse junge Grieche stand wie ein Felsen
hinter dem Steuer und versuchte das Schiff auf dem richtigen Kurs zu
halten. Ständig wanderten seine Blicke zum Kompaß.
Ein Brecher krachte wie eine Mauer auf das Vorschiff.
Die Jacht sackte wie ein Stein mit dem Bug in die Tiefe. Eine
Sturmbö drückte sie von der Seite herum.
Carminia Brado verlor den Halt. Auch Sophokles konnte sich nicht
mehr auf den Beinen halten. Er wurde herumgerissen. Das Steuer
entglitt seinen Fingern. Es raste herum, als wäre ein rasend
schnell laufender Motor daran angeschlossen.
Der Grieche fiel so unglücklich, daß er mit dem Kopf
gegen die Bank neben dem Eingang zum Cockpit schlug.
Ohne einen Mucks von sich zu geben fiel sein Kopf auf die Brust,
und wie eine große Puppe wurde der schlaffe, bewußtlose
Grieche in dem Cockpit hin und her geschleudert.
»Sophokles!« schrie die Brasilianerin auf.
Sie klammerte sich an die Bank, rutschte auf den Bewußtlosen
zu. Eine Platzwunde zeigte sich an Sophokles Hinterkopf. Wie ein Ball
wurde Carminia Brado auf die andere Seite gestoßen, als die
Wucht eines weiteren Brechers das kleine, sich drehende Boot
traf.
Carminia rollte über den Boden und landete an der anderen
Wand. Die Jacht legte sich bedrohlich auf die Seite. Eine Flut von
Wasser schwemmte auf die Glasverkleidung des Cockpits zu. Carminia
hatte das Gefühl, sich in einem Unterseeboot zu befinden. Sie
sah keinen Himmel mehr, keinen Horizont.
Die Brasilianerin raffte sich auf. Unter großer Mühe
gelang es ihr, sich bis zum Steuerrad vorzukämpfen.
Sie mußte versuchen, das Bot wieder in die Hand zu bekommen.
An der Seite Björn Hellmarks hatte sie manche Mittelmeerfahrt
unternommen. Sie hatte die »Seejungfrau« schon selbst
geführt, verstand damit umzugehen. Auch
Schlechtwetterbedingungen hatte sie schon durchgestanden. Aber so
schlimm wie heute hatte sie
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