Macabros 002: Fluch der Druidin
die
Menschen, welche angeblich der Druidin zum Opfer gefallen waren. Es
befanden sich viele blutjunge Mädchen darunter. Das letzte Opfer
war eine Isabell Flaherty gewesen.
MacCarthy blätterte weiter. Das letzte Bild traf ihn wie ein
Prankenhieb.
Es war mit Kiuna Macgullyghosh unterschrieben.
Aber es war ein Bildnis – von Nyreen Matobish!
*
Das schöne, anziehende Gesicht, die Augen, grün und klar
wie ein stiller Bergsee. Das Rot der Haare umrahmte ein bleiches,
feingeschnittenes Gesicht.
John MacCarthy preßte die Augen mehrmals zusammen,
öffnete sie wieder.
War er eingeschlafen, träumte er, hatte er zuviel
getrunken?
Kiuna Macgullyghosh und Nyreen Matobish. Wie paßte das
zusammen? Wieso sahen sie sich ähnlich? War Nyreen Matobish
verwandt mit der Familie Macgullyghosh? Gab es überhaupt
Nachkommen dieser Familie? Oder war die frappierende Ähnlichkeit
rein zufällig?
Er drehte den Kopf und blickte zur Tür, die zu dem kleinen
Flur führte, auf den wiederum die Tür mündete, hinter
der jetzt Nyreen Matobish schlief.
Seltsame Überlegungen gingen ihm durch den Kopf.
Hing das Ganze mit dem Verhalten Lawrence Clearwaters
zusammen?
MacCarthys Lippen wurden zu einem schmalen Strich in seinem
Gesicht.
Er mußte an die Warnung des Wirts denken. »Wer einmal
in diesem Haus ist, kommt nicht wieder heraus.«
All das, was er während der letzten beiden Stunden gelesen
hatte, beschäftigte ihn.
Er hatte das Gefühl, in eine Falle gegangen zu sein, in die
gleiche Falle, die Kiuna Macgullyghosh ihren Opfern gestellt
hatte.
In Tabors Abhandlung war ein Spiegel zur Sprache gekommen, der in
Kiuna Macgullyghoshs Leben eine entscheidende Rolle zu spielen
schien.
Ein Spiegel, dem er Zauberkraft zuschrieb. Er war nie aus dem Haus
der Druidin entfernt worden. Tabor selbst hatte diesen Spiegel noch
gesehen. Aber seine Eintragungen über diesen Spiegel fanden ein
unerklärlich abruptes Ende. Entweder hatte Tabor das Interesse
verloren, weitere Nachforschungen darüber anzustellen, oder ihm
war etwas zugestoßen.
Ein schabendes Geräusch ließ MacCarthy
zusammenfahren.
Er hielt den Atem an.
Es knisterte und tröpfelte, es rauschte und pochte. Aber das
alles waren Geräusche, die ihn die ganze Zeit umgeben hatten.
Während er gelesen hatte, nahm er sie nicht wahr. Nun
registrierte er sie bewußt.
Aber das leise Knirschen war ein anderes, fremdes
Geräusch.
Er lauschte. Es verklang und kam nicht wieder.
John MacCarthy erhob sich und näherte sich der Tür. Als
er die Hand auf die Klinke legte, fiel sein Blick auf die
Armbanduhr.
Wenige Minuten nach ein Uhr.
Er öffnete die Tür.
Von seinem Standort aus blickte er quer durch den kleinen Flur,
hinüber in den winzigen Wohnraum des bienenkorbähnlichen
Steinbaus.
»Hallo?« fragte er leise. Er blickte zur Tür,
hinter der Nyreen Matobish schlief. Alles ruhig.
Sicherlich hatte er sich getäuscht. Er wollte die Tür
schon wieder zuziehen, als er stutzte. Ihm fiel auf, daß in dem
winzigen Wohnraum etwas verändert war.
Der große Schrank! Er stand schräg, weiter von der Wand
ab.
Der Anwalt holte sich eine Kerze und kehrte in den kleinen Raum
zurück.
Der Schrank war abgerückt worden.
Hinter dem Schrank gab es einen Durchgang, der in einen Anbau
führte, der in den Felsen gehauen sein mußte.
MacCarthy entdeckte Fußabdrücke auf dem verstaubten
Boden.
Mit der Kerze leuchtete er die dunkle Ecke aus. Er zwängte
sich zwischen Schrank und Wand und spähte in den Durchlaß.
Dunkelheit und Kälte hauchten ihn an.
Irgend jemand von den Anwesenden hier wußte mehr, als er
zugab.
MacCarthy hatte jemand ganz Bestimmtes im Sinn.
Er kam mit seinen Gedanken nicht von Nyreen Matobish los.
Diese fremde junge Frau erschien ihm in einem immer
rätselhafteren Licht.
Niemand wußte, woher sie stammte. Eltern hatte sie nicht.
Selbst Lawrence Clearwater hatte keine Angehörigen ausfindig
machen können.
MacCarthy fühlte sich wie auf einer Entdeckungsreise.
Vielleicht war der Matobish ein Versteck bekannt, von dem niemand
sonst eine Ahnung hatte.
Mit angespannten Sinnen verschwand er in dem Durchlaß, der
zu dem Felsentunnel führte.
*
Nyreen Matobish wurde von einer unerklärlichen inneren Unruhe
getrieben.
Sie hatte es kaum erwarten können, bis alle sich auf ihren
Zimmern zurückgezogen hatten.
Nyreen war zwar auf ihr Zimmer gegangen, hatte aber wie in Trance
auf dem Sofa gesessen und vor sich hingestarrt.
Sie hatte bei ihrem Streifzug durch
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