Macabros 004: Konga, der Menschenfrosch
»Hooo… aaargggh…«
Unartikulierte Laute, als wäre jemand nicht mehr imstande,
richtig zu sprechen.
Das war kein Tier, das war ein Mensch!
Peter Lickert löste sich zuerst aus der Erstarrung.
»Claudia!« kam es gurgelnd über seine Lippen. Dann
rannte er auch schon los. Wie ein Pfeil schnellte er zur Tür,
drehte den von innen steckenden Schlüssel herum und riß
die Tür auf.
Seine Augen weiteten sich.
Auf der mittleren Stufe der Treppe stand Claudia. Das zerzauste
Haar hing wirr in ihre verschwitzte Stirn. Ihre Augen glühten.
Der blanke Wahnsinn schimmerte darin.
Ihr Kleid war zerfetzt, ihre Haut blutig und zerkratzt.
»Ooogggh… haaa…« gurgelte sie und deutete mit
verzerrten Bewegungen hinter sich. Sie plapperte heiser und brachte
kein vernünftiges, verständliches Wort zustande.
Peter Lickert hob seine Frau auf die Arme und trug sie mit
kalkweißem Gesicht in die Gaststube, wo Martens und
Breitstetter standen und nicht wußten, was sie von dieser
Situation halten sollten.
»Einen Arzt, schnell«, keuchte Lickert. »Es
muß etwas Schreckliches passiert sein.«
Er legte Claudia einfach auf eine harte Bank, sprach beruhigend
auf sie ein und wollte Näheres wissen. Aber die Frau konnte
nichts mitteilen. Sie stand unter einem schweren Schock.
Ernst Martens rief einen Arzt an. Er wohnte in Hemmoor.
Es dauerte eine halbe Stunde, bis der Doktor kam. Er konnte nicht
viel machen und veranlaßte die Einweisung der jungen Frau in
ein Krankenhaus.
Rauchend und vor sich hinstarrend folgte Lickert dem Krankenwagen.
Der Chefarzt des Krankenhauses sah sich die Patientin genau an. Man
injizierte Beruhigungsmittel und versorgte die Wunden.
Claudia Lickert fiel in einen tiefen Schlaf. Als sie am
nächsten Morgen erwachte, war ihr Zustand kaum besser.
Wieder wurde sie unter erregungsdämpfende Mittel gesetzt. Sie
merkte nicht, daß sie am Morgen des gleichen Tages weiter
transportiert wurde. Man brachte sie nach Cuxhaven.
In einer neurologischen Spezialklinik sollte die weitere
Behandlung stattfinden.
*
Die Sonne stand über dem Genfer See.
Björn Hellmark frühstückte auf der Terrasse.
Carminia Brado, die attraktive Brasilianerin saß mit ihm am
Tisch. Wohlriechende Kaffeedämpfe stiegen in die Luft.
Hellmark, sonst ein angenehmer Unterhalter, war schweigsam. Nicht
nur, daß er noch immer an den gespenstischen Eindruck denken
mußte, von dem er nicht wußte, ob es sich wirklich um
einen belanglosen Traum, um eine Botschaft oder um ein Erlebnis
handelte, das er als Macabros gehabt hatte.
Seit wenigen Minuten beschäftigte ihn auch noch etwas
anderes. Vor einer halben Stunde war der Postbote gekommen und hatte
einen dicken Expreßbrief gebracht.
Der war in Atlanta abgestempelt und trug als Absender den Namen
Bert Merthus.
Hellmark hatte auf diesen Brief gewartet. Nach seiner
persönlichen Kontaktaufnahme in Atlanta war damit zu rechnen,
daß über kurz oder lang von dort eine Nachricht kam. Nun
war es endlich so weit. Er konnte es kaum erwarten, den Brief zu
öffnen. Er war höflich genug abzuwarten, bis das
Frühstück beendet war.
Carminia Brado seufzte. In ihren dunklen Augen blitzte es.
»So also wird man abgemeldet«, murmelte sie. »Dabei
habe ich geglaubt, du seist in mich verliebt.«
Er sah sie zärtlich an. »Ich bin es auch.« Er nahm
zärtlich ihre Hand und hauchte einen Kuß darauf.
»Aber mit meinen Gedanken bin ich woanders.«
»Das merke ich. Deshalb ist es besser, ich laß dich
jetzt allein.« Sie war nicht böse. Sie kannte Hellmark
lange genug, um zu wissen, wie er zu ihr stand.
Carminia trug einen schicken Hausanzug. Die enge Hose
umschloß ihre Beine und ihren Po wie eine zweite Haut. Die Art,
wie sie sich bewegte, zog unwillkürlich den Blick eines jeden
Mannes auf sich.
Das lange schwarze Haar fiel seidenweich auf die schönen
Schultern. Das Oberteil des Anzugs war weit ausgeschnitten, und der
Ansatz der festen Brüste ein angenehmer Blickpunkt.
Carminia nahm das Tablett mit, auf dem die Utensilien für den
Frühstückstisch standen.
»Während du dich hier sonnst und den Morgen
genießt, werde ich meine hausfraulichen Qualitäten
erproben«, sagte sie zum Abschied. »Ich werde jetzt die
Spülmaschine anstellen und mich dann ins Büro begeben. Wenn
du etwas brauchst, ruf an.« Hüftewackelnd zog sie sich ins
Haus zurück.
Hellmark riß den Umschlag auf.
Professor Merthus, ein Mann, der sich wie kein zweiter in der
Vergangenheit der Erde auskannte und einige
Weitere Kostenlose Bücher