Macabros 011: Im Leichen-Labyrinth
weiß«, nickte Hellmark. »Aber ich
glaube, in meiner unmittelbaren Nähe sind Sie im Augenblick am
sichersten.«
Gerlich wußte nicht, was der andere damit meinte. Aber er
folgte Hellmark.
Die Straßen und Gassen waren leer.
Es war mittlerweile fast zehn Uhr geworden.
Der Himmel war bedeckt, nur hin und wieder blinkte ein Stern vom
Himmel. Diese düstere Nacht war wie geschaffen für den
Angriff der wandelnden Leichen.
Björn Hellmarks Gang war schwerfällig. Manchmal, wenn
Gerlich den Blick auf seinen Begleiter richtete, hatte er das
Gefühl, ihn nur schwach und wie einen Geist wahrzunehmen.
Hellmarks Originalkörper wirkte manchmal wie durchscheinend.
Er verbrauchte seine Kräfte, um seinen Doppelkörper
aufrechtzuerhalten, der stark und kräftig war und in diesen
Minuten fast alle Kraft in sich vereinigte.
*
Tschierner gehorchte.
Er ging Macabros voraus. Die beiden Männer liefen durch die
Nacht. Macabros trieb den Besessenen ständig zur Eile an. Die
Zeit drängte.
Regina Tärser blieb in ihrem Haus zurück. Sämtliche
Fenster und Türen waren verschlossen und Macabros hatte ihr
eingeschärft, in dieser Nacht auf keinen Fall mehr aus dem Haus
zu gehen und auch niemand einzulassen.
In dieser Nacht entschied sich das Schicksal eines ganzen Dorfes
und der Menschen, die darin lebten.
Molochos, oberster Dämonenherrscher, einst Mensch und
Schwarzer Priester, beabsichtigte einen Brückenkopf des
Schreckens zu errichten.
Würde es ihm gelingen?
Der Weg zum Hügel war nicht weit.
Je näher sie dem bewaldeten Höhenzug kamen, desto
unruhiger wurde Tschierner. Der Dämon in ihm stand im
Widerstreit der Gefühle.
Er hatte Molochos Gehorsam geschworen. Molochos war sein Gebieter.
Aber da war die Drohung durch Hellmark alias Macabros. Auch einem
Dämon konnte die Angst im Genick sitzen. Die Dämonenmaske
in Hellmarks Besitz war eine furchtbare Waffe. Sie bedeutete
Vernichtung. Der Verrat an Molochos aber bedeutete einen Rang zu
verlieren, den er nie wieder erreichen konnte.
Er mußte sich etwas einfallen lassen. Tschierners Hirn
brütete etwas aus…
*
Auf dem Weg zum Höhleneingang begegneten sie den ersten
Leichen, die die entführten Dorfbewohner in das Labyrinth
schafften.
Lautlos bewegte sich der makabre Zug durch die Nacht. Die Menschen
in den Armen ihrer Bezwinger waren bewußtlos. Das war das
einzig Gute. Sie bekamen das furchtbare Geschehen nicht in seiner
ganzen Tragweite mit.
Von der anderen Seite des Weges näherte sich Björn
Hellmark, an seiner Seite Kommissar Gerlich, der das unfaßbare
ungeheuerliche Geschehen wie einen Alptraum zu erleben glaubte.
Björn ging sofort zum Angriff über. Er setzte die
Dämonenmaske auf und gleichzeitig erschien sie auch auf dem
Antlitz seines Kopiekörpers, der im gleichen Augenblick rund
dreihundert Meter von ihm entfernt lief.
Unruhe kam in die Reihen der wandelnden Leichen.
Einige, die ganz dicht in Hellmarks und Macabros’ Nähe
gerieten, erwischte es zuerst.
Die unheilvollen Geister konnten sich nicht länger in den
verwüsteten Körpern halten.
Die Opfer aus dem Dorf entglitten den verwesten Händen, die
Leichen brachen wie vom Blitz gefällt zusammen. Zuckend lagen
die Skelette mit den brüchigen Totenhemden auf dem steinigen
Boden, ehe sie still lagen.
Zehn, fünfzehn, zwanzig erwischte es auf Anhieb. Die anderen
versuchten zu entkommen.
Sie liefen auf den Höhleneingang zu. Hellmark spurtete los.
Er riß einige Leichen herum. Die warfen sofort die Arme in die
Höhe. Die unschuldigen und bewußtlosen Entführten aus
Kumberg fielen hart auf den Boden. Viele wurden dabei verletzt,
andere rollten den Abhang hinab und blieben zwischen dornigem
Gestrüpp oder zwischen Felssteinen hängen.
Einige fielen sehr unglücklich. Hier wurde Gerlich aktiv. Er
kümmerte sich um die Verletzten, zog sie auf den Weg oder
bettete sie an den Rand des Pfades.
Hellmark geriet aus seiner Sicht.
Aber die Leichen ließen den Kommissar in Ruhe. Sie befanden
sich auf der Flucht.
Zwei Gestalten mit der schrecklichen, todbringenden
Dämonenmaske erschienen auf der Bildfläche.
Die wandelnden Leichen mieden Hellmarks und Macabros Nähe,
aber Björn und sein Doppelkörper suchten gerade die
Nähe der Unheimlichen.
Die wiedergekehrten Toten fielen klappernd zusammen, sobald die
dunklen Augenhöhlen auf die todbringende Maske, die noch keines
Menschen Auge erblickt hatte, gerichtet waren.
Immer näher kamen sie dem Eingang. Das Durcheinander
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