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Macabros 013: Mandragora - Herrin der Angst

Macabros 013: Mandragora - Herrin der Angst

Titel: Macabros 013: Mandragora - Herrin der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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Schacht starrte, der wie ein riesiges Auge vor ihr
lag.
    Ein Loch im Boden. Ein Brunnen.
    »Du darfst nicht warten«, vernahm sie die Stimme des
Begleiters. »Du mußt springen. Wie ich!«
    »Bernd!« Sie hörte ihre eigene Stimme im
rätselhaften Tempel widerhallen.
    Rötliche Dämpfe stiegen aus dem Brunnenschacht hoch. Die
Nebel erinnerten sie entfernt an bizarre Formen, die manchmal wie
Tiere wirkten, manchmal wie Menschen.
    Sie zuckte zusammen. Sah Bernd denn nicht, daß die Schemen,
die in diesem glühenden Schacht entstanden, Ähnlichkeit mit
jenen bösen Geistern hatten, die sie ihm eingehend geschildert
hatte?
    »Es ist ein Trugbild, wie alles!« schrie sie.
    Das Kichern, Fauchen und Schmatzen kam plötzlich von
überall her.
    Mandragora ließ die bösen Geister, die sie hegte,
sichtbar werden.
    Im Laufen auf den Schacht zu wurde der schlanke menschliche
Körper zu einem riesigen Schatten. Das, was eben noch Bernd
Kessler gewesen war, würde zu einem schweren, plumpen
Koloß, der Ähnlichkeit hatte mit einem Nilpferd.
    Die massigen Beine berührten den Boden. Sie spürte die
Erschütterungen im ganzen Körper.
    Ein zynisches Lachen überfiel sie mit einem tausendfachen
Echo.
    Verzweiflung und Angst lähmten Erikas Bewußtsein, als
sie sah, wie sich zahllose Schemen zu einem einzigen formierten, bis
daraus ein schwarzer, aufquellender Wolkenberg wurde, der sich
bedrohlich auf sie zuwälzte.
    »Die Stunde naht, Erika Paller«, hörte sie die
unbarmherzige Stimme. Es lief ihr eiskalt über den Rücken.
»Es hat mir Freude bereitet, dich hierherzubegleiten, wo meine
Dämonenbrut heranwächst, die es kaum mehr erwarten kann,
die Erde zu erobern. Mandragora wird ihre Tochter schicken.
Hilfreiche Geister werden den Weg bereiten, so verlangt es das
Ritual. Drei Taten für Mandragoras Tochter müssen
geschehen. Drei Tage, bevor sie deinen Körper übernimmt und
du für immer verlöschen wirst.«
    Sie hörte es, und ihr graute vor dem Kommenden.
    Seltsamerweise fürchtete sie weniger ihren eigenen Tod als
das, was auf die Erde zukam und durch Erikas Leichtsinn geweckt
worden war.
    »Warum treibst du dieses grausame Spiel mit mir?« rief
sie und blickte sich gehetzt in der Runde um. Sie war eingehüllt
von schwarzen Nebelgestalten, aus denen sich Brocken
herauslösten, die wie schwarzes Fleisch herabfielen.
    »Warum diese Trugbilder?« wisperte Erika Paller
gequält. Aus dem dunklen Gewölk stieg geisterhaft grün
eine Figur auf, ein dämonenfratziges Ungetüm, das drei-,
viermal so groß war wie sie selbst.
    Es schwebte über ihr, und sie war unfähig, sich zu
rühren.
    »Dieser Geist wird zur Erde schweben«, hörte sie
die Stimme in ihrem Bewußtsein. »Er wird in jener Region
wirksam werden, die durch dich und deine Taten beeinflußt
wurden. Drei Opfer für meine Tochter, die wie ein Phantom zur
Erde kommen wird…«
    »Warum? Warum…?« dröhnten Erikas Gedanken
dazwischen. »Was habe ich dir getan? Warum bist du so
grausam?«
    »Warum leben Fische im Wasser? Warum duften und blühen
die Blumen?« Wie ein sanftes Schnurren erklang die Antwort in
ihr. »Warum schicke ich Trugbilder und ergötze mich an den
Qualen und Ängsten der Betroffenen? Weil ich Mandragora bin, die
Herrin der Angst!«
    Der grüne Schemen wurde zu einem langgestreckten Etwas, das
sich wie eine Spirale rasend schnell zu drehen begann und in dem
brunnenartigen Schacht verschwand.
    Satanisches Triumphgeheul schrillte auf. Ein fremdes,
unfaßbares Wesen, das Göttin und Satan zugleich war,
genoß in vollen Zügen die Freude dieses Augenblicks.
    Wie jedes Geschöpf war auch Mandragora nicht allmächtig.
Ihr waren Grenzen gesetzt, die sie respektieren mußte. Sie
durfte ihren Stern nicht verlassen. Jetzt glaubte sie, diese Fesseln
sprengen zu können – durch eine List.
    Wenn sie den Stern nicht verlassen durfte, dann sollten andere das
tun. Und sie sollten irgendwo in der Welt im Namen Mandragoras
herrschen.
    Eine wirbelnde Finsternis umgab Erika. Sie wurde immer dichter und
schreckensvoller, war mit Seufzern und Kichern, mit glühenden
Augen und wirren Bewegungen ausgefüllt. Aus ausgefransten
Schmetterlingsflügeln quollen dicke blutige Tropfen.
    Mandragora! Dies alles war Mandragora in vieltausendfältiger
Gestalt.
    Sie konnte Schemen und Geister, Blumen und Felsen, Nebel und
Flamme sein. Sie konnte zu einem Menschen wie Bernd Kessler
werden.
    Mandragora ergötzte sich an enttäuschten Hoffnungen,
schwörender Angst und schreiender

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