Macabros 020: Die Blutgärten von Sodom
Ihrem Ausflug, Alan?«
»Kein Mensch, Björn.«
»Und doch wurden Sie erwartet. Das ist kein Zufall! Wir
müssen vorsichtig sein und…«
Mitten im Satz wurde ihm das Wort von den Lippen gerissen.
Es knisterte, als würde eine ungewöhnliche elektrische
Entladung über ihnen stattfinden.
Macabros handelte instinktiv, warf sich nach vorn und – ehe
Alan Kennan sich versah – wurde zu Boden gerissen.
Bläulich-weiß war das Licht, das einen Atemzug lang
über sie hinwegraste.
In den Bäumen rauschte es, als ob ein heftiger Wind das
Blattwerk peitschte.
Kennan lag mit dem Gesicht zur Erde, Macabros hatte den Blick nach
oben gerichtet.
Er sah ein kugelförmiges Licht, das an den
Außenrändern von einem flammenden violetten Strahlenkranz
umgeben war.
Der Eindruck währte nur einen Atemzug lang.
Dann brach die Dunkelheit wieder über sie herein.
»Was war denn das?« fragte Kennan dumpf.
Macabros sprang sofort auf die Beine und durchbohrte mit Blicken
die Dunkelheit. »Ich weiß es nicht, aber nichts geschieht
ohne Bedeutung.«
Er ließ den Blick in die Runde schweifen und achtete dabei
nicht auf Alan Kennan, mit dem eine Verwandlung vor sich ging.
Kennans Blick wurde starr. Seine Augen schienen glanzlos. Mit
ruhiger Hand griff er nach einem massiven Knüppel, der zwischen
dem Buschwerk lag, riß ihn empor und ließ ihn dann
mehrmals dröhnend auf den Schädel jenes Mannes herabsausen,
der ihm das Leben gerettet hatte!
*
Ein Mensch wäre unter der Wucht der Schläge
zusammengebrochen.
Bei Macabros aber war es, als würde Kennan auf einen
Gummiball dreschen.
Macabros warf den Kopf herum. »Alan!« Mit harter Hand
griff er Kennans Arme, riß sie nach unten, entwand ihm
blitzschnell den Schlagstock und schleuderte ihn in den Fluß.
Macabros sah den stieren Blick.
Alan Kennan war nicht mehr Herr seiner Sinne.
»Alan?! Was ist los mit Ihnen?«
Macabros schüttelte ihn und versetzte ihm mehrere leichte
Schläge auf die Wangen.
Da veränderte sich der Ausdruck in den Augen seines
Gegenübers. Die Pupillen nahmen wieder Glanz an. Kennan
schüttelte sich, als erwache er aus tiefem Schlaf.
Macabros hielt ihn noch immer fest.
»Was haben Sie denn, Björn? Warum lassen Sie mich nicht
los?«
»Weil Sie mich umbringen wollten, Alan!«
»Ich wollte Sie…? Unmöglich!«
Macabros erklärte ihm den Ablauf des Vorgangs genau. Kennan
zermarterte sich sichtlich das Hirn.
Er hatte keine Erinnerung mehr an diesen Vorgang.
»Wir dürfen nicht leichtsinnig werden«, murmelte
Macabros und dachte an die Lichterscheinung. Ein Angriff auf sie? Ein
mißlungener Anschlag? Nicht ganz! Alan Kennan war unmittelbar
nach dem Lichtphänomen ein anderer geworden und hatte töten
wollen. Wäre Hellmark an Stelle seines Zweitkörpers
hiergewesen, würde er jetzt mit zerschmettertem Schädel am
Boden liegen…
»Sie bleiben von nun an ständig in meiner Nähe und
unternehmen nichts mehr auf eigene Faust.«
Er analysierte die Gefühle, die er hatte, als das kalte,
strahlende Licht auftauchte.
Er hatte die Nähe des Unheimlichen gefühlt. Ein Hauch
aus einer jenseitigen Welt hatte sie getroffen, der Hauch aus den
Blutgärten Sodoms.
*
Sie kehrten in das Haus des Schweden zurück.
Die Vordertür stand offen, ein Mann kam ihnen entgegen. Es
war Thor Lannerström.
Er trug ein ärmelloses Unterhemd und graue Shorts. Seine
Beine waren glatt, und er bewegte sich trotz seines hohen Alters
elastisch und jugendlich.
»Wo kommt ihr denn her? Wieso…?« Mitten in der
zweiten Frage brach er ab, als er Alan an Macabros’ Seite
humpeln sah. Er eilte auf sie zu. »Ich habe Hilferufe
gehört«, erklärte er. »Da wollte ich mich auf den
Weg machen.«
»Sie wären zu spät gekommen, Mister
Lannerström«, antwortete Macabros an Kennans Stelle.
»Aber um Himmels willen, was ist denn passiert?«
»Er ist ins Wasser gefallen«, ergriff Macabros wieder
das Wort. »Das kommt davon, wenn man mitten in der Nacht einen
Spaziergang macht.«
»Warum mußte er einen Spaziergang machen?«
wunderte Lannerström sich.
»Ich konnte nicht schlafen. Ich habe einen bestimmten Punkt
übergangen«, sagte Alan Kennan. Sein dunkles Haar hing
naß und strähnig in die Stirn. Er verlor kein Wort
über seinen prophetischen Traum, dem er soviel Bedeutung
zumaß und der doch nicht vollständig gewesen war, denn er
hatte keine Aussage über die wirklich existierende Gefahr
gemacht. Doch diese Dinge gingen nur ihn und Hellmark etwas an.
»Da
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