Macabros 020: Die Blutgärten von Sodom
Lannerström
und dem Unsichtbaren, der bis zum heutigen Tag noch nicht seinen
Namen genannt hatte.
Er erfüllte Punkt für Punkt der Forderungen, richtete
den alten Keller ein, tötete einen eingeborenen Fischer,
ließ selbstgemachte Kerzen drei Tage und drei Nächte lang
im Blut des Opfers liegen, damit sie sich vollsaugten, und entfernte
dann bestimmte Skelettknochen, wie von ihm verlangt wurde. Die Leiche
schaffte er ebenfalls in einer dunklen Nacht zum Fluß.
Krokodile waren da die sicherste Gewähr, daß von einem
Verschwundenen nicht mehr viel übrigblieb.
Er hatte sich in die Hände und Abhängigkeit
dämonischer Mächte begeben, hatte die Bedingungen
erfüllt – und die andere Seite hielt sich an das, was er
seinerzeit gefordert hatte.
Er hatte Schulden, die bedrückten, und Feinde, die ihm das
Leben schwermachten.
Seine Gläubiger vernichteten seine Rechnungen, und nie
erreichte ihn eine Forderung. Seine Feinde kamen bei Unfällen
ums Leben. Es geschah alles ohne sein Dazutun. Er wurde in Gatuk zu
einem wohlhabenden und angesehenen Mann. Er hatte ein großes
Haus, einflußreiche Freunde und übte selbst einen nicht
unbedeutenden Einfluß aus.
Das alles war dem Auge und dem Unsichtbaren zuzuschreiben, der ihn
geleitet hatte.
Aber es existierte auch eine Warnung: Eines Tages würde der
Unsichtbare kommen und seine Seele fordern, nämlich dann, wenn
er nicht mehr in der Lage sein werde, Forderungen zu erfüllen,
die man an ihn stellen würde.
Dieses ’eines Tages’ war ihm so weit weg erschienen,
daß er sich darüber keine Gedanken machte. Es
interessierte ihn doch nicht, was eines Tages war. Die Gegenwart
zählte! Und dann lautete die Abmachung: ’Wenn er eine
Forderung nicht mehr erfüllen könne’. Er war bereit,
jede zu erfüllen. Schließlich hatte er auch einen Menschen
umgebracht.
»Es ist nicht meine Schuld, daß alles so gekommen
ist«, versuchte Lannerström sich jetzt herauszureden.
»Benjamin Kennan hat nie vollständig vergessen, daß
er doch mal das Auge besaß. Tauchte er hier auf, kam er auf die
Idee, nach dem Auge zu suchen. Er redete dann oft von seinem Stein,
den er in Gatuk oder Umgebung vermutete. Das Vergessen war nicht
vollständig. Und dieses Wissen hat Alan Kennan, sein Sohn,
mitbekommen. Damals wurde ein Fehler begangen. Der lag nicht an
mir.«
»Es ist nicht deine Aufgabe, über Fehler nachzudenken.
Wir hatten dir eine klare Aufgabe zugewiesen: Alan zu töten. Das
ist dir mißlungen!«
»Daran ist dieser Hellmark schuld. Konnte ich ahnen,
daß er so schnell zur Stelle sein würde?«
»Du warst eben zu langsam. Wir sind verärgert.«
Die Stimme war scharf wie ein Rasiermesser, und so unangenehm,
daß er sie widerlich fand.
»Gebt mir noch eine Chance.«
»Die Letzte! Der Auftrag ist noch schwerer. Du muß
beide töten. Hellmark zuerst. Einen Fehler kannst du dir nicht
mehr erlauben, Thor Lannerström. Wenn du versagst, fällt
uns das Auge zu – und deine Seele, vergiß das
nicht!«
»Nein, ich denke daran. Sie werden beide sterben. Hellmark
zuerst.« Er wußte auch schon wie. Schiefgehen konnte
nichts…
*
Garry Blish war früh auf den Beinen, obwohl er als
Langschläfer galt. Drei Tage hatte er herumgehorcht und
recherchiert. Eines war ihm klar, nur dadurch würde er nicht
viel weiterkommen.
Da er auch nicht damit rechnen konnte, von irgendeiner Seite ein
Hilfsangebot zu erhalten, daß ihn jemand nach Kuan fahren
würde, um nach den Verschollenen zu suchen unternahm er diese
Fahrt auf eigene Faust.
Bei Shokun Brothers hatte er ein Motorboot gemietet, schaffte dann
Proviant und wichtige Ausrüstungsgegenstände herbei und
verlud sie. Im Hafen roch es nach Fisch, an die Kaimauern
plätscherten Wellen, die vertäut liegenden Boote
schaukelten in einer sanften Morgenbrise.
Blish war gerade dabei, seine Zeltausrüstung zu
überprüfen, und einen entsprechenden Vermerk auf seiner
Liste zu machen, damit er auch nichts vergaß, als ihn jemand
ansprach.
»Ich habe mir doch beinahe so etwas ähnliches
gedacht«, sagte eine weibliche Stimme hinter ihm. »Garry
Blish der rasende Reporter des ’Star’, Hans Dampf in allen
Gassen, wird initiativ. Ihre Spur, mein lieber Garry, läßt
sich wie ein roter Faden durch ganz Manila verfolgen. Sagen Sie: gibt
es eigentlich auch nur eine Gasse, die Sie in den letzten Tagen
gemieden hätten?«
Er wirbelte herum.
*
»Doreen O’Thonell!« entfuhr es ihm.
Vor ihm stand eine schlanke, attraktive Frau in bunten
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