Macabros 026: Elixier der Verdammnis
Miss
Brado.«
Carminia erfuhr, daß Helen Carter für diesen Abend ein
Gespräch mit Sheila Martens vorbereitet hatte.
»Im Moment hält sie sich nicht in ihrer Stadtwohnung in
Birmingham auf. Sie hat sich vor einigen Tagen mit dem bekannten
Fernsehdarsteller Donovan Bradley auf ein einsames Landhaus
zurückgezogen, wie ich in Erfahrung bringen konnte. Miss Martens
ist leider dort nicht telefonisch erreichbar, sonst hätte ich
Sie sofort von Ihrem Wunsch unterrichtet. Ich kann mir aber
vorstellen, daß sie sicher selbst sehr daran interessiert ist,
Ihre Bekanntschaft zu machen. Ich werde mit Sheila Martens
sprechen.«
»Unter Umständen könnte es also Tage dauern, ehe
ich Bescheid erhalte?«
»Ja.«
»Mir wäre besser gedient, umgehend etwas zu erfahren.
Sie verstehen?«
»Ja, ich verstehe Sie. Ich bin sicher, Sie auch ohne
besondere Voranmeldung mitnehmen zu können. Doch
schließlich kann ich nicht von Ihnen verlangen, daß Sie
sich sofort zum Flugplatz begeben und die nächste Maschine nach
London oder Birmingham nehmen, nur um heute abend mit mir und Sheila
Martens zusammenzutreffen.«
»Ich wüßte nicht, was dem im Weg
stünde«, reagierte Carminia Brado. »Nach einer Stunde
Flugzeit bin ich drüben. Wir hätten noch den ganzen
Nachmittag vor uns – vorausgesetzt, ich kriege noch ein
Ticket.«
Carminia vernahm den überraschten Ausruf aus Helen Carters
Mund am anderen Ende der mehr als tausend Kilometer entfernten
Strippe. »Heißt das… Sie würden… Sie
wollen…« Der Engländerin verschlug es offensichtlich
die Sprache.
Daß jemand sich so schnell und so unkonventionell entschied,
war ihr offenbar noch nicht bekannt.
Schließlich erreichte man London oder Birmingham nicht mit
dem nächsten Linienbus.
»Ich rufe noch mal zurück, Miss Carter!« sagte
Carminia Brado. »Ich erkundige mich bei den Fluggesellschaften,
ob ich für die nächste Maschine noch einen Platz buchen
kann.«
Die Brasilianerin hatte Glück. Die nächste Maschine vom
Typ Boeing 737 verließ um dreizehn Uhr zehn Genf. Zeit genug
also für die junge Frau, um Vorbereitungen zu treffen. Für
sie, die bereits Orte besucht hatte, deren Entfernung sich nicht in
Kilometern und Meilen nennen ließ, bereitete es keine
Schwierigkeiten, innerhalb weniger Minuten einen Koffer zu packen und
sich für einen plötzlichen Abflug zu engagieren.
Carminia sprach mit Helen Carter ab, daß sie sich auf dem
Heathrow Airport trafen. Das war für sie beide am einfachsten.
Im Flughafen-Restaurant sollte die Begegnung stattfinden. Carminia
beschrieb das dunkelrote, weitschwingende Kleid, das sie tragen
würde.
»Ich werde Sie bestimmt auf Anhieb erkennen«, ließ
Helen Carter sich vernehmen. »Ich freue mich auf unsere
Begegnung.«
*
Es klappte wie am Schnürchen. Die Zeit verging – im
wahrsten Sinn des Wortes – wie im Flug. Die Maschine hob
pünktlich ab und landete noch fünf Minuten vor der
planmäßigen Ankunftszeit auf dem Heathrow Airport.
Nach der Abfertigung suchte die Brasilianerin sofort das
Flughafen-Restaurant auf. Reges Treiben herrschte hier. Menschen
aller Rassen und Nationen waren versammelt. Stimmengemurmel
erfüllte die Luft. Ein Steward bahnte sich einen Weg durch die
Massen. Ein gläsernes Portal führte auf einen ebenfalls
verglasten Korridor, von dem aus man einen Blick auf das Flugfeld
hatte. Eine Maschine stieg mit donnernden Triebwerken steil in den
Himmel. Der Riesenvogel vom Typ 747, ein Jumbo-Jet, schien sich
förmlich in die Höhe zu schleichen und nur langsam an
Abstand zur Erde zu gewinnen.
Der Steward steuerte auf eine alte Frau zu, die zwei
minderjährige Kinder an der Hand führte. Die beiden –
ein Junge und ein Mädchen – hatten um den Hals große
Karten hängen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit
Paketanhängern nicht verleugnen konnten. Der Steward reichte den
jungen Passagieren freundlich lächelnd die Hand und sprach mit
ihnen.
Das alles bekam Carminia am Rande mit, während sie quer durch
die große Halle lief, auf der Suche nach einem freien
Tisch.
»Sie sind Miss Brado«, sagte da unerwartet eine Stimme
hinter ihr.
Carminia wandte den Kopf. Eine Frau, Mitte dreißig, gut
einen Kopf größer als sie, stand vor ihr.
Helen Carter wirkte ausgesprochen charmant und sah attraktiv aus.
Ihr Haar hatte einen gedämpften Karottenton, der im Kontrast zu
ihren nixengrünen Augen stand. Sie trug ein modernes, leicht
antailliertes Kostüm mit langem Rock. Dazu hohe Absätze.
»Ich habe doch
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