Macabros 026: Elixier der Verdammnis
Sheila
Martens dennoch im Wachzustand darauf an. Sie kann sich dann nie an
das erinnern, was sie in Trance sagte. So war es auch diesmal.
Aufgeregt und ernst hörte sie mir zu, als ich ihr vom Band ihre
eigenen Worte abspielte. ›Das soll ich gesagt haben?‹
verwunderte sie sich. ›Aber es stimmt! Das ist meine Stimme. Ich
muß dahinterkommen, wer dieser Mann ist und was er von mir
will.‹«
Carminia Brado nagte an ihrer Unterlippe. Björn war in
Bedrängnis! Er suchte Kontakt zur Welt der Lebenden, hatte
vielleicht doch eine Mitteilung für sie, und sie war der
Fügung dankbar, die sich hier eröffnet hatte. Wie gut es
gewesen war, das ›Lady’s Mag‹ durchzublättern und
dann den Mut zu finden, sofort mit der verantwortlichen Redakteurin
in Kontakt zu treten!
An diesem ersten Nachmittag sollte Helen Carter Carminia
mitnehmen. So war es abgemacht. Sollte sich die Notwendigkeit eines
verlängerten Aufenthaltes herausstellen, dann wollte sie sich
gleich am nächsten Tag einen Leihwagen besorgen. In diesen
Dingen war sie beweglich. An Hellmarks Seite hatte sie viel
gelernt.
Helen Carter fuhr einen seegrünen Austin. Der Wagen hatte die
Farbe ihrer Augen.
Sie war eine gute Fahrerin. Schon bald hatten sie die Stadtgrenze
Londons hinter sich. Das Land wurde flacher, das Häusermeer wich
zurück. Grau und trüb war der Himmel. Es sah nach Regen
aus.
Sie passierten schon bald eine Weine Ortschaft, und die
Backsteinhäuser dort mit den weißen Eingängen und den
roten Ziegeldächern sahen aus wie Puppenhäuser, die jemand
dorthin gestellt und vergessen hatte. Kleine, gepflegte Gärten,
Zierrasen, verblühende Blumen. Menschen erblickte man
überhaupt nicht.
Fünf Kilometer weiter sah das plötzlich ganz anders
aus.
Sie fuhren eine kurvenreiche Straße, die sich scheinbar
endlos durch einen Wald schlängelte. Unmittelbar an einer
Kreuzung standen plötzlich wie aus dem Boden gewachsen mehrere
Polizeifahrzeuge und geparkte Autos Neugieriger. Eine
Menschenansammlung… ganz unerwartet.
Genau jenseits der Kreuzung gab es eine große, umzäunte
Wiese mit einem Schuppen und einem etwas abseits liegenden,
gutshofähnlichen Gebäude.
Auf der Wiese weideten zahlreiche isländische Ponys, und ein
rustikales Holzschild wies in großen, handgeschnitzten Lettern
darauf hin, daß hier tatsächlich Ponys gezüchtet
wurden, daß es hier einen Reiterhof gab und die
Sonntagsausflügler eingeladen wurden, mit Kind und Kegel sich
ein paar angenehme, geruhsame Stunden zu gönnen.
Es wurden auch Ponys zum Verkauf angeboten.
»Was ist denn hier passiert?« wunderte Helen Carter
sich, bremste langsam und rollte bis zur Kreuzung vor.
Drei Bobbys waren damit beschäftigt, die Schar der
Neugierigen aufzulösen. Die Betreffenden wurden angewiesen in
ihre Fahrzeuge zu stiegen und das Feld zu räumen.
Als die Reporterin anhielt, kam sofort ein Uniformierter auf sie
zu.
Die beiden Frauen erkannten eine klebrige Schleifspur, die quer
über den Asphalt auf das Gelände des Ponyzüchters
führte. Ein weißlicher, blasig werdender Belag lag auch
auf dem eingedrückten Gatter und der saftigen Wiese. Dort
schimmerte noch etwas Weißes, aber das war nicht der Belag
– das waren Knochen. Als die beiden zivil gekleideten
Männer, von denen der eine einen Fotoapparat hatte, aus der
Hocke emporkamen, war deutlich zu erkennen, daß dort
drüben ein halbes Pferdeskelett lag.
Da war auch der Bobby schon am heruntergekurbelten Fenster neben
Helen Carter.
»Bitte fahren Sie weiter! Es gibt hier nichts zu sehen, meine
Damen«, sagte er freundlich.
»Ich sehe aber doch etwas«, widersprach Helen Carter
sofort. Sie deutete nach vorn. »Es hat wohl einen Unfall
gegeben. Zwischen einem Pony und einem Fahrzeug, wie? Komisch ist
nur, daß dem Tier dabei von der einen Körperhälfte
förmlich das Fleisch von den Knochen geschält
wurde.«
Sie hatte es sofort auf den ersten Blick erkannt, daß hier
etwas Außergewöhnliches passiert sein mußte.
Der Uniformierte hob den Blick. Man sah dem Mann an, daß er
ursprünglich etwas anderes sagen wollte, daß das Erkennen
der Chauffeurin ihn aber veranlaßte, es dann doch nicht zu
tun.
»Sind Sie nicht Miss Carter?« fragte er, um sich zu
vergewissern.
»Erraten! Sie sind ein Schlauberger!«
Der so Angesprochene seufzte. »Es bleibt einem aber auch
nichts erspart.«
»Soll das heißen, daß Sie mich nicht
mögen?«
»Sie irren, Madam. Sie gefallen mir sogar recht gut. Aber wie
Sie dahintergekommen sind,
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