Macabros 027: Totenbarke nach Xantilon
Einöde
und der Stadt. Früher wurden hier die Felder bestellt,
früher gab es hier kleine Städte und Dörfer, waren die
Straßen und Gassen von Leben erfüllt. Die Städte und
Dörfer, die Straßen und Gassen sind verschwunden, und nur
die einsamen, verlassenen Schlösser der Burgherren und Magier
zeugen noch von dieser Zeit. Die Macht der Dämonen wächst!
Als ich ein Junge war, gab es keine Ungeheuer mehr. Die Knochen der
Kreatur, die du da vor uns siehst, weisen auf ein Ungetüm hin,
das von Dämonen gerufen wurde oder selbst ein Dämon war,
der von einem tapferen Krieger besiegt wurde. Aber meine Gedanken
schweifen ab. Ich will dir nicht von der Vergangenheit erzählen,
als ich noch glücklicher war als heute, als es nur Minuten
dauerte, um mit einer raketenschnellen Bahn direkt nach Xantilon zu
kommen, als man noch mit Flugzeugen fliegen und mit Schiffen und
Motorfahrzeugen fahren konnte. Das alles liegt erst fünfzig
Jahre zurück, und doch kommt es mir vor, als wüßte
ich es nur vom Hörensagen und hätte es selbst nie erlebt.
In fünfzig Jahren kann sich die Welt verändern. In
fünfzig Jahren? Nein!« Er verbesserte sich selbst.
»Von heute auf morgen kann es gehen, wie das Beispiel Xantilons
beweist. Wir haben die Technik beherrscht und Einblick genommen in
die Welt des Atoms. Wir machten uns zu Herrschern über diese
Technik. Wir vergaßen unsere Götter, die uns vor unserem
Ehrgeiz warnten. Wir wandten uns von ihnen ab, während eine
Gruppe der Priester, die nach der Unsterblichkeit suchte,
gleichzeitig gefährliche okkulte Studien trieb und die Schatten
der Vergangenheit, aus denen alles Leben einmal gekommen ist, rief,
um die Macht der Götter, die uns die ehernen Gesetze gaben, zu
zerbrechen. Die Weiße Magie geriet in Verruf. Die Schwarzen
Priester, aus dem gleichen Geschlecht hervorgegangen wie wir alle,
glaubten, die absolute Macht gefunden zu haben. In Wirklichkeit
werden sie selbst beherrscht, aber das ahnen sie nicht. Sie setzen
das Leben eines Volkes, die Existenz eines Erdteils aufs Spiel. Viele
Menschen sind gestorben, die wichtige Funktionen ausübten. Die
Flugzeuge und Schiffe, die mit atomarer Kraft und mit Motoren
angetrieben wurden, sind verschwunden, als hätte es sie nie
gegeben. Die Wissenschaftler und Forscher, die Fachleute und
Techniker – es gibt sie nicht mehr. Niemand mehr auf Xantilon
weiß, wie welche Geräte bedient werden. So begann die
Vernichtung! Die Welt der Dämonen und Geister, die immer einen
Platz in unserem Denken einnahm, schickt sich an, uns zugrunde zu
richten. Diese Welt steckt voller Widersprüche. Sie geben –
und sie nehmen… Ich bin mir ganz sicher, daß die
überdimensionalen, epochalen Erfindungen auf Xantilon, die
Perfektion des Wissens und der Technik durch finstere Mächte
gesteuert wurde. Das machte die Menschen überheblich – und
schuf den Boden für ihr weiteres Eingreifen, ihrer nun waltenden
Macht. Die Technik wurde vernichtet und mit ihr der Mensch, der damit
umgehen konnte. Wer nicht durchblickt, wer die alten Bücher, die
Gesetze und das Wissen um die Mächte der Finsternis nicht
studiert hat, der weiß nichts. Derer gibt es viele in und auf
Xantilon. Sie werden – ohne es zu wollen – zu
Helfershelfern der geweckten Kräfte. Diejenigen nämlich
machen die Kaste der Weißen Priester verantwortlich, daß
alles so gekommen ist. Seltsame Verwicklungen, nicht wahr, meine
Tochter?«
Er wandte sein wettergegerbtes Gesicht der schönen Frau zu.
Tiefliegende, dunkle und gütige Augen blickten sie an. Warnak
hatte die Kapuze nach hinten gestreift. Sein langes, mit grauen
Fäden durchwirktes Haar war dicht und berührte wellig die
schmalen Schultern.
Er wollte seinen Worten noch etwas hinzufügen, zuckte aber
plötzlich zusammen.
Ein Geräusch!
Amina hielt den Atem an.
Zum ersten Mal seit ihrer gelungenen Flucht aus dem Haus des
Kräuterzüchters vernahm sie einen Laut.
Es klang, als ob sich Berittene näherten. Der Boden
dröhnte.
Dann erfolgte ein Rumpeln, ein vielstimmiger Aufschrei. Sekunden
später klirrten Schwerter aufeinander.
Warnak, trotz seines Alters von erstaunlicher Beweglichkeit, eilte
den Abhang hinunter.
Amina folgte, Taaro auf den Armen.
Hinter den vorspringenden Felsen verbargen sie sich.
Warnak ließ die schöne Frau durch eine stumme Geste
wissen, daß sie sich ganz ruhig verhalten sollte.
Die Kampfgeräusche und die Schmerzensschreie von Verwundeten
erfüllten dröhnend die Luft und ließen sie erzittern.
Der
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