Macabros 028: In der Falle des Schattenfürsten
drei.«
Cynthia Moreen schlug die Augen auf.
Sie war sofort hellwach.
»Wie fühlen Sie sich Cynthia?« fragte der
Psychiater freundlich lächelnd.
»Ausgezeichnet, Doc. Die Sitzungen bei Ihnen bekommen mir
jedesmal sehr gut.«
Sie plauderten noch über belanglose Dinge, und Cynthia wollte
wissen, wann sie wiederkommen sollte.
»Sie werden es selbst merken«, lautete Shambers
Erwiderung. »Ich möchte keinen festen Termin mit Ihnen
vereinbaren. Ich glaube, daß Ihre Träume… diese
Zustände«, berichtigte er sich schnell, »nicht wieder
auftreten werden.«
Sie atmete tief durch. »Ich wollte, daß Sie recht
behalten, Doc.«
*
Der Himmel war blaßblau, die Luft war kalt.
Zweieinhalbtausend Kilometer weiter südlich herrschte ewiger
Sommer.
Florida. Das Paradies für die Nichtstuer und Besitzenden.
Auch die Moreens hatten dort ein kleines Haus. Der richtige Ort,
um alles zu vergessen, niemanden zu sehen, keine Autos zu riechen und
ein paar Tage lang in der Wildnis zu leben.
Danach sehnte sich Cynthia plötzlich.
Sofort faßte sie ihren Entschluß. Sie rief von der
nächsten Telefonzelle aus ihren Vater an, sagte, daß sie
dringend ein paar Tage ausspannen wolle in dem kleinen Ferienhaus in
Florida auf den sogenannten Ten Thousand Islands.
Ein Flugticket bestellte sie ebenfalls telefonisch für die
Maschine elf Uhr dreißig. Zwei Stunden später würde
sie in Miami landen.
Diese Zeit reichte gerade noch, um Koffer zu packen und einige
Besorgungen zu machen.
Sie summte leise einen Schlager vor sich hin und freute sich
richtig auf die Reise.
Die Wohnung mit den alten Möbeln, die sie so sehr liebte, kam
ihr mit einem Male trist und grau vor. Beklemmung kam mit dem Wunsch,
so bald wie möglich auf den Ten Thousand Island zu sein. Sie
sehnte sich förmlich nach diesem Fleck Erde und konnte es kaum
erwarten, dort einzutreffen.
Es würde herrlich werden.
Punkt elf Uhr dreißig hob die Maschine ab, stieg hinauf in
den blaßblauen Winterhimmel und trug Cynthia Moreen und
einhundertelf weitere Passagiere in eine wärmere Zone.
Viele Besucher des Flughafens beobachteten die startende Maschine,
deren silberner Metall-Leib am Himmel blinkte.
Unter den Beobachtern befand sich auch eine junge Frau in einem
eleganten, modisch geschnittenen Kostüm.
Sie trug eine Sonnenbrille mit großen, runden Gläsern.
Um ihre schön geschwungenen Lippen spielte, ein
Lächeln.
Diese Frau war Rita Moreen.
Sie hatte den Abflug ihrer Schwester in allen Einzelheiten
beobachtet.
Bruce hatte gute Arbeit geleistet. Nun hieß es am Ball
bleiben.
Sie betrat kurze Zeit später eine der Telefonzellen und rief
noch einmal Dr. Bruce Shamber an.
»Vielen Dank, Bruce«, sagte sie fröhlich. »Du
hast hervorragend gespurt.«
»Willst du mir jetzt endlich sagen…«
»Jetzt nicht. Dazu brauche ich Zeit. Die haben wir auf dem
Weg nach Miami. Ich weiß, daß du in diesem Jahr noch
keine Zeit hattest, Urlaub zu machen. Ich schlage dir ein
verlängertes Wochenende im Urlaubsparadies von Florida vor. Hm,
wie steht es damit? Verlockendes Angebot, nicht wahr? Mach den Laden
dicht, Bruce. Die meisten deiner Patientinnen können gut gerne
mal für zwei oder drei Tage auf dich verzichten. Meistens sind
es doch nur sich langweilende Ehefrauen oder reiche Witwen, die es
schick finden, sich von einem Psychiater behandeln zu lassen. Ich
erwarte dich hier auf dem Flughafen, im Restaurant. Um die Tickets
brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Die habe ich bereits
reserviert. Unsere Maschine fliegt in zweieinhalb Stunden. Du hast
genügend Zeit, dich noch fertig zu machen und einen Zettel auf
dein Praxisschild zu kleben mit der Aufschrift:
›Vorübergehend geschlossen‹.«
*
Zwei Männer waren in der Sagenwelt der Vergangenheit
unterwegs.
Der eine hieß Varok und war ein Krieger aus dem Land der
Blühenden Gärten, wie er zu berichten wußte. Er war
ein Kind dieser Zeit.
Der andere hieß Kaphoon. Er wußte nicht, woher er kam,
konnte nur angeben, daß er schon immer unterwegs war und die
bösen Mächte, die diese Welt auslöschen wollten,
suchte.
Kaphoon wußte nur, daß er von weit her kam. Daß
dieses »weither« mit Raum und Zeit zu tun hatte, war ihm
entfallen.
Varok konnte nicht ahnen, daß der Mann, der mit ihm durch
die zerklüftete Bergwelt ritt, der mit ihm rastete, mit ihm
plauderte, in Wirklichkeit aus der Welt des zwanzigsten Jahrhunderts
stammte.
Hellmark kam, wenn man die derzeitige Zeitrechnung zugrunde
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