Macabros 028: In der Falle des Schattenfürsten
unterwegs.
Sie setzten nach kurzer Rast ihren Weg über das Plateau
fort.
Nach mehr als zwei Stunden erreichten sie einen Felsbezirk, der
düsterer war als die Felsenwüste, die sie hinter sich
gebracht hatten.
Bis zum späten Nachmittag gerieten sie immer tiefer in das
Labyrinth der zyklopenhaften Felsblöcke, die an aufgeschichtete
Türme erinnerten. Es gab gigantische Brücken, die sich
über Straßen und Wege spannten. Dies alles war so massig,
daß man an eine zerfallende riesige Stadt erinnert wurde, in
der irgendwann einmal in grauer Vorzeit Riesen gelebt haben
konnten.
Die wild ineinandergeschachtelten Würfel und Quadern, die
hervorstehenden Säulen und Mauern widersprachen jedem bekannten
Baustil und jeder Ästhetik. Die Anordnung der Kästen und
spitzen Winkel bildeten Labyrinthe und waren
abgrundhäßlich.
Der Himmel über diesem Teil der Bergwelt war bleiern. Eine
unheimliche Stille lastete über dem Ort, an dem einen das
Gefühl beschlich, als ob sich jeden Augenblick etwas
Grauenvolles ereignen müßte.
Minutenlang verharrten die beiden Männer.
»Das Reich der Schatten. Hier sind die legendären
Ausläufer der zyklopischen Stadt, von der in der Legende
berichtet wird.« Varok sprach leise, als fürchte er, ein
lautes Wort könne die Geister und Schrecken einer vergangenen
Zeit wecken.
Björn Hellmark alias Kaphoon hielt den Atem an.
Ihn fröstelte. »Furchtbar«, flüsterte er. Das
düstere Labyrinth, die bizarren, aus einem dunklen Fels
errichteten Gebäude, bargen irgend etwas, was sie bedrohte. Sie
lauschten. Der Wind pfiff klagend durch die Winkel, durch Risse und
Spalten, durch offene Tordurchlässe, Bogengänge und
Ruinen.
Die dämonische Atmosphäre war so bedrückend,
daß sie beide glaubten, körperliche Schmerzen zu
empfinden.
»Wie heißt diese Stadt, Varok?« wollte Hellmark
wissen.
»Ich weiß es nicht. Sie hat keinen Namen. Man nennt sie
nur die Stadt der Schatten.«
Das Reich der Schatten – die Stadt der Schatten –
Cynthia hatte vom Schattenfürst gesprochen… wie paßte
dies alles zusammen?
Die Stücke paßten ineinander – aber es war trotz
allem keine Form zu erkennen.
Die geheimnisvollen Schatten, von denen er zum erstenmal in einem
Vorort Xantilons gehört hatte, griffen abermals nach ihm. Wie
ein geheimnisvoller Faden zog sich die Geschichte eines
gefährlichen Volkes durch die Abenteuer, die er bisher in der
Vergangenheit erlebt hatte. Die Spuren der Schatten existierten
überall, und doch waren sie nicht greifbar.
Sie stiegen vom Pferd. Yümaho trabte neben Varok her. Seine
Ohren befanden sich in ständiger Bewegung, als lausche er auf
die mannigfachen gespenstischen Geräusche, die der Wind in den
zerklüfteten grau-schwarzen Bauwerken erzeugte.
Yümahos Nüstern waren gebläht. Er reckte den Kopf.
In seinen dunklen Augen spiegelten sich die
furchteinflößenden Gebäude, die bis zum Horizont und
darüber hinausreichten.
Hellmark ging langsam den steinigen Pfad. Ihm fiel ein: Vor
Stunden, als sie an der Quelle rasteten, zeigte sich das unendliche
Plateau ganz anders, als sie es jetzt sahen. Da war nichts von den
bizarren Silhouetten der Gigantenstadt zu erkennen gewesen.
War dies alles nicht wirklich? Narrten sie ihre Sinne? Waren dies
Halluzinationen?
Diese Frage gingen dem Deutschen durch den Kopf, als er sich
entschlossen einem bizarren Mauerwerk näherte, das wie ein
verzogenes, nach links gerichtetes S aus dem Boden ragte.
Verschachtelt und ineinander gekeilt war aus Quadern und Würfeln
ein Titanengebilde entstanden, das wie eine drei- bis vierhundert
Meter hohe, moderne künstlerische Statue wirkte, von der kein
Mensch wußte, was sie darstellen sollte.
Er legte seine Hand auf das Gestein, vorsichtig, als fürchte
er durch seine Berührung ein Ungetüm zu wecken.
Der Untergrund fühlte sich kühl und rauh an. Die rissige
Oberfläche war wie ein saugender Pelz, der seine Hand anzog.
Schwer nur konnte er sie wieder abheben.
Schwarze Schatten lagen hart über der steinigen Straße,
die mindestens eine halbe Meile breit war.
Brücken und Säulen ragten über die Straße
hinweg, bohrten sich in verschiedene Gebäude hinein und
verbanden die furchteinflößenden Bauwerke miteinander.
Der Wind zerrte in seinen Haaren. Die zerfetzte Kleidung, die er
am Leibe trug, knatterte wie eine Fahne.
Björn näherte sich einer scharfkantigen Säule, die
so verdreht, so verkantet war, daß man nicht sagen konnte, ob
sie spiralförmig gewunden oder aus
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