Macabros 028: In der Falle des Schattenfürsten
legte,
aus dem zwanzigsten Jahrhundert, während Varok bereits vor
vierzehntausend Jahre gelebt hatte.
Die geheimnisvolle Brücke zwischen Raum und Zeit war
überbrückbar, und Materie konnte zu Energie werden.
Varok und Hellmark waren seit den frühen Morgenstunden
unterwegs. Der Wunderhengst Yümaho zeigte keine Spuren von
Erschöpfung, sie hatten beide Gelegenheit, die einmaligen
Qualitäten dieses prächtigen Tieres zu bewundern.
Yümaho kam erstaunlich gut und schnell in dem schwierigen,
unzugänglichen Gelände voran, schneller, als Varok
zunächst angenommen hatte.
Um die Mittagszeit, als die Sonne senkrecht am Himmel stand,
legten sie eine neue Pause ein. In der Nähe einer klar aus dem
Felsen sprudelnden Quelle fanden sie einen freundlichen Platz mit
Moos und Gras und kleinen Büschen.
Yümaho hatte sie hierhergeführt.
Er war – viele Meilen zurück – plötzlich nicht
mehr dazu zu bewegen gewesen, den direkten Weg in das Felsmeer zu
gehen. Varok hatte zunächst Druck auf Yümaho ausgeübt,
doch vergebens.
Yümaho hielt zwar die Himmelsrichtung, machte aber
offensichtlich einen Umweg. Nun zeigte sich, daß das in
Freiheit aufgewachsene Tier instinktiv den richtigen Weg gewählt
hatte. Nach einem zunächst schwierigeren Pfad hatte sich die
Landschaft vor ihnen plötzlich verändert, war sanfter
geworden. Sie bewegten sich von nun an offensichtlich auf einem
Felsplateau, dessen Größe sie nicht übersehen
konnten, und das weit vor ihnen auf dunkle Bergspitzen zulief.
Hier auf diesem Plateau, von dem aus sie einen herrlichen Blick in
die Weite einer unwirklichen Landschaft hatten, die hügelreich
war und bis in die Unendlichkeit zu reichen schien, fanden sie einen
Rastplatz, wie sie ihn besser nicht hätten ausmachen
können.
Björn Hellmark stand am Rand des Plateaus. Ein kühler
Wind streifte sein erhitztes Gesicht, fuhr durch seine Haare. Die
klaren, blauen Augen des Deutschen waren in die Ferne gerichtet. Ein
magisches Glühen lag über den Hügeln und
zerklüfteten Massiven, ein violett-blauer Dunst, der auch
tagsüber, unter dem Licht der Sonne, nicht weichen wollte. Etwas
Verzaubertes, Urwelthaftes haftete der Landschaft an.
Je länger Hellmark seinen Blick im die Ferne streifen
ließ, und sich seiner eigenen Winzigkeit in diesem kolossalen
Gebilde der Natur bewußt wurde, desto klarer schälten sich
ihm auch die Formen aus dem Dunst. Er glaubte, in den dunkelvioletten
und braunschwarzen Hügeln und Felsen plötzlich richtige
Formen zu erkennen. Der eine Berg erinnerte an einen Turm. Rund und
steil stieg er in die Höhe und war oben abgeflacht. Ein anderer
Hügel hatte die Form eines Sattels. Ein dritter erinnerte an
einen Sockel, der in einen vulkanischen Kegel auslief.
In der Ferne lag ein riesiger See. Schlanke Bäume standen an
seinen Ufern und ragten wie exotische Gewächse in den
Himmel.
Hellmark ging zu der Quelle zurück. Das Wasser erfrischte und
schmeckte gut.
Von Varok lernte er während des Rittes durch die bizarre,
fremdartige Bergwelt der Insel, worauf man achten mußte, um
Wasserstellen und Nahrung ausfindig zu machen. Sehr viele Bäume
trugen Früchte. Die meisten von ihnen waren genießbar.
Bestimmte Felsformationen ließen den Schluß zu, daß
es dort Wasserstellen gab, wenn man sie anbohren oder aufschlagen
konnte. Es gab zahlreiche brüchige Stellen in dem harten
Gestein, so daß eine solche Möglichkeit nicht selten
war.
Björn Hellmark lernte auch wie man sich Tiere, deren Fleisch
genießbar war, ohne Waffe fing. Es gab bestimmte Blätter
und Früchte, die man auslegen mußte. Der Geruch, der von
menschlichen Nasen nicht wahrnehmbar war, lockte die Beute an. Die
Substanzen, die nach dem Pflücken dieser Blätter und
Früchte bereitet wurden, betäubten sehr oft das angelockte
Tier. Es wurde in der Tat eine leichte Beute, nach der man nur noch
greifen mußte.
All diese Tricks schärfte Hellmark sich ein. Dabei machte er
eine erstaunliche Feststellung: Manches, so schien ihm, hatte er
irgendwo schon einmal gehört oder selbst erlebt. In der Tiefe
seiner Erinnerung tauchte etwas auf, was ihm sagte, daß er
diese oder jene Fertigkeit erworben hatte.
Hatte er instinktiv das Richtige getan – oder waren in seinem
Bewußtsein Erinnerungen gespeichert, die aus einem anderen,
früheren Dasein stammten?
Die Gespräche mit Varok wurden immer gelöster, und nach
noch nicht einmal einem Tag war es den beiden Männern, als
wären sie wie zwei Freunde seit langem
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