Macabros 028: In der Falle des Schattenfürsten
dort stets wohl gefühlt
haben, Cynthia, werden sie sich auch jetzt dort wohl fühlen. Die
Stadt und die Wohnung, in der Sie sich zur Zeit aufhalten, ist nichts
für Sie.«
»Was wissen Sie von meiner Wohnung, Doktor?«
»Sie wohnen noch nicht sehr lange dort, nicht wahr?«
fragte er zurück, ohne ihr eine Antwort zu geben.
»Nein.«
»Wie lange erst?«
»Seit drei Monaten.«
»Es ist ein altes Haus?«
»Es kommt ganz darauf an, was Sie unter alt verstehen,
Doktor.« Sie unterhielt sich ganz ruhig mit ihm im Zustand der
Hypnose. Sie würde sich nachher daran nicht mehr erinnern
können. Nur das, was wichtig für sie war, würde in
ihrem Unterbewußtsein haften bleiben.
»Zehn Jahre, soviel mir bekannt ist. Damals wurden die
Apartmenthäuser in jenem Stadtviertel errichtet. Die Wohnungen
waren schon bezogen. Sie haben Ihre Wohnung von wem übernommen,
Cynthia?«
»Von einer Frau namens Jennifer Amos.«
Er nickte bedächtig. »Wissen Sie, wer diese Jennifer
Amos war?«
»Nein, nicht genau. Eine alte, kranke Frau. Sehr
vermögend. Ich habe einen Teil ihrer Möbel übernommen.
Kostbares Mobiliar.«
»Sie hätten es nicht tun sollen, Cynthia«, sagte er
leise, aber mit einer gewissen Schärfe in der Stimme.
»Wie soll ich das verstehen, Doc?«
»Diese Jennifer Amos – hat sich mit okkulten Riten und
Hexerei befaßt. Haben Sie nie davon gelesen?«
»Nein. Heutzutage findet man zwar oft Berichte in den
Zeitungen, daß heimlich Schwarze Messen zelebriert werden und
daß Einzelgänger sich mit Magie und Hexerei
beschäftigen. Ich nehme das nicht ernst. Ich halte das für
einen verrückten Modegag. Gestern war es Rauschgift, heute sind
es Geistererscheinungen. Es muß ständig etwas anderes
sein. Wahrscheinlich würde es sonst auf der Welt zu
langweilig.«
»Sie sagen, Sie nehmen das Ganze nicht ernst. Ich glaube, Sie
denken falsch darüber, Cynthia. Jennifer Amos – war das,
was man allgemein eine Hexe nennt.«
Cynthia Moreen schluckte. Ihre Augenlider zuckten. Man sah ihr an,
daß sie etwas fragen wollte. Aber dem kam Dr. Shamber
zuvor.
»Sie haben gar keine Fragen. Cynthia. Es ist alles klar
für Sie.«
Da entspannten sich die Züge der jungen
Millionärstochter wieder.
»Jennifer Amos hat geheimnisvolle Beschwörungen
gesprochen, seltsame Tränke und Mixturen gebraut. Man
erzählt sich, daß sie aus der Ferne Menschen heilen, aber
auch töten konnte. Jennifer Amos war eine Hexe, Cynthia. Die
Gedanken, die in den Räumen gedacht, die Sie jetzt bewohnen, die
Taten, die dort vollbracht wurden, schlagen jetzt auf Sie
zurück. Sie halten sich zu oft in dieser Wohnung auf. Das
Gefühl von Beklemmung und Angst… Sie spüren es doch
gerade in der letzten. Zeit besonders intensiv, nicht wahr?«
»Ja, Doktor, das stimmt.«
»Die Gedanken der alten Jennifer Amos leben weiter in diesen
Räumen, in den alten Möbeln, Cynthia. Der Zustand, den Sie
mir geschildert haben, spricht eindeutig dafür, daß eine
seelisch-geistige Veränderung in Ihnen vorgeht. Sie sehen
schreckliche Bilder, hören Stimmen und Geräusche, sind
Ängsten und Depressionen ausgesetzt und finden sich wieder in
einer Landschaft, die Sie aufs höchste entsetzt. Sie sehen
gewaltige Felstore sich öffnen. Ein Symbol dafür, daß
Sie irgend etwas aufstoßen wollen, daß Sie nach Befreiung
suchen. Etwas greift nach Ihnen, will sich Ihrer Seele
bemächtigen. Es sind die Gedanken der alten Jennifer Amos,
Cynthia. Die Wohnung ist verhext. Nacht für Nacht kehren die
Geister wieder, Nacht für Nacht wird es schlimmer. Sie glauben,
ersticken zu müssen…« Er sprach beschwörend, sie
bedrängend.
»Ja, es stimmt!« Schweiß perlte auf ihrer glatten
Stirn. Ihre Unterlippe zuckte.
»Die Decke scheint auf sie herabzukommen. Dieser Alpdruck,
Cynthia, wird nur durch das Böse, das in den Räumen lauert,
ausgelöst. Sie müssen weg von dort, glauben Sie mir das.
Verlassen sie die Wohnung, kehren Sie diesem Haus und der Stadt den
Rücken. Suchen Sie das, Ferienhaus am Meer auf! Dort werden Sie
Ruhe, Entspannung und Schlaf finden. Einen Schlaf ohne
Alpträume! Hören Sie mir jetzt genau zu! Ich werde bis drei
zählen. Danach werden sie aufwachen und sich sehr wohl
fühlen. Nachdem Sie meine Praxis verlassen haben, spüren
Sie den Wunsch in sich, eine Flugkarte zu buchen und nach Miami zu
fliegen. Dort werden Sie alles besorgen, was Sie für ein paar
Tage brauchen, ohne das Haus verlassen zu müssen. Tun Sie, was
ich Ihnen befohlen habe! Eins… zwei…
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