Macabros 030: Tempel der Versteinerten
begegneten, begegnen Einzelgängern, die sich
einen Sinn und das Einfühlungsvermögen für jene andere
Welt hinter der Alltagsmauer bewahrt haben, auch noch heute. Die
Geschöpfe und Gestalten, die wir als Phantasieprodukte oft
abtun, haben existiert, und sie existieren noch.
Was wissen wir armen Sterblichen von den Gesetzen des Kosmos, des
Raumes und der Zeit? Die Erde ist so winzig, und wir kommen uns
darauf so wichtig vor! Was wissen wir von den Dingen, die sich vor
Jahrmillionen, abspielten? Schon damals geschah vieles, was wir uns
nicht ausmalen können mit unseren kleinen Gehirnen. Dennoch gibt
es Zeugen jener Zeit, sind Berichte und Bilder vorhanden, und immer
waren es besonders Auserwählte, die diese Berichte weitergaben.
In einer Million Jahre werden andere Menschenrassen auf der Erde
leben, und sie werden vielleicht von uns erfahren, wie wir gelebt
haben, welche Autos wir fuhren, wie wir uns durch die Luft und das
Wasser bewegten und womit wir uns befaßten.
Vielleicht wird auch dann nur ein winzig kleiner Prozentsatz jener
zukünftigen Generation wirklich das glauben, was an Berichten
existiert. Autos? Flugzeuge? Schiffe? Gab es das wirklich mal,
brauchte man sie tatsächlich – oder waren sie nur
phantastische Erfindungen, Ausschmückungen, bildliche Symbole
dessen, was wir anders noch nicht ausdrücken konnten? Die
Menschen in der fernen Zukunft sind dann vielleicht nicht mehr auf
die technischen Hilfsmittel angewiesen, die wir uns schufen, um
über die Grenzen, die uns scheinbar unser Körper setzt,
hinwegzukommen. Aber der Mensch ist das einzige Lebewesen, das Geist
entwickelt hat. Und der Geist ist dem Körper überlegen.
Schon heute zeigt sich, daß immer mehr Menschen mit
übernatürlichen Gaben gesegnet sind, daß sie diese
Gaben entwickeln.
Es gibt Telepathen, es gibt Menschen, die durch Gedankenkraft
Gegenstände in Bewegung und an einen anderen Ort versetzen
können. Sie können sogar ihren eigenen Körper anderswo
auftauchen lassen. Parapsychische Fähigkeiten zeichnen den
Menschen aus, seit eh und je: Nur: Heute fängt man an, sich auf
die verschütteten Gaben zu besinnen. In einer Million Jahren
beherrscht man die Gaben wie wir heute das Atmen. Wozu brauchen wir
dann riesige Kommunikationszentren, wenn die Menschen untereinander
in Gedankenverbindung stehen? Wozu brauchen wir Schiffe, Autos und
Flugzeuge, wenn unser Gedanke uns tausendmal schneller als das Licht
in die entferntesten Winkel des Universums trägt?
Warum ich dir das alles sage? Weil du wissen sollst, daß
dein Opfer nicht umsonst sein wird! Die Geister und Götter einer
Zeit, die wir nur vom Hörensagen und durch die Legende kennen,
verfügen seit Anbeginn der Welt über diese Gaben. Und sie
können diese Gaben für eine bestimmte Zeit oder auch
für immer an denjenigen weitergeben, der sich um sie
bemüht. Das habe ich getan!
Aikontak spielt hier eine besondere Rolle. Man sagt ihr nach,
daß sie Raum und Zeit passieren und an jedem Ort des Universums
auftauchen kann. In Kalkutta traf ich einen Mann, der mir einen
geheimen Platz in den Bergen zeigte. In einer Felsenhöhle, so
sagte er mir, habe Aikontak vor vielen tausend Jahren die Opfer
entgegengenommen. Sie habe junge Mädchen, die man ihr brachte,
in Stein verwandelt, um die Lebenskraft der Opfer selbst in sich
aufnehmen zu können, um als Göttin unter Menschen zu
weilen, ohne erkannt zu werden. Wenn ich ein Stück des Heiligen
Steins, den Aikontak einst berührte und der ein Teil des Thrones
war, auf dem sie saß, mitnähme, könne mir dies den
direkten Kontakt zu ihr erleichtern. Voraussetzung sei, daß es
demjenigen, der den Stein besitzt, gelänge, ein Ebenbild
Aikontaks zu schaffen, das ihr am ähnlichsten sei.
Nun, ich habe es versucht. Zwanzig Jahre sind eine lange Zeit.
Aikontak ist wählerisch. Eine Frau ist seit jeher das Symbol des
Lebens, denn sie bringt neues Leben auf die Welt. Junge,
unverheiratete Frauen dienten zu allen Zeiten Aikontak, und es war
ihnen eine besondere Ehre, diesen Dienst an ihr und dem Leben zu
erfüllen.
Aikontak nahm das Leben entgegen, wenn der Zeitpunkt reif war.
Seit zwanzig Jahren vollzieht sich dieser Ritus hier in meinem Haus.
Der Stein, den ich mitbrachte, ist bald kein Stein mehr. Aikontak
saugt sich mit Leben voll – und wird wie einst in den grauen
Tagen der Vorzeit auf der Erde wandeln, und mir, der ihr den Weg
zurück ermöglicht hat, wird das Glück zuteil, durch
Aikontaks Geist den Raum und die Zeiten zu
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