Macabros 030: Tempel der Versteinerten
hatte zu lange gezögert! Sie machte sich Vorwürfe.
Aber – hätte sie wirklich etwas für Jane Goodwin tun
können?
Eine ganze Nacht hatte Clea in diesem Haus verbracht, und Lee
Batskill bemerkte nichts von ihrer Anwesenheit. Sie beobachtete seine
Vorbereitungen, als er das Essen zusammenstellte, aber nichts wies
darauf hin, daß er schon bei der Zubereitung etwas verwendete,
was schließlich Jane Goodwins Zustand herbeiführte.
Dieses Haus war verhext!
Für Clea Malcolm gab es keinen Zweifel mehr. Als ihr
klarwurde, daß Lee mit dem Teufel in Verbindung stehen
mußte, war es auch schon zu spät gewesen, Jane Goodwin zu
helfen.
Aber ihr Opfer sollte nicht umsonst gewesen sein: Sie, Clea, lebte
noch! Auch sie fühlte, daß seit gestern abend mit dem
Eindringen in dieses Haus mit ihr etwas nicht mehr stimmte. Die
Kälte und Gefühllosigkeit in Händen und Armen war
nicht gewichen. Es kam ihr so vor, als würde eine
Körperhälfte steif werden.
Die Atmosphäre in diesem Haus war vergiftet, wer mit ihr
zusammentraf, war verloren.
Lee Batskills Kontakt zu der mysteriösen achtarmigen
Göttin Aikontak mußte damit zu tun haben.
Frauen, die hierherkamen, versteinerten. Clea hatte es mit eigenen
Augen gesehen. Und es sah ganz so aus, als ob die Saat des Unheils
sich auch schon in ihren Körper eingenistet hätte. Nur der
Tatsache, daß sie offenbar noch keinen direkten Kontakt mit Lee
Batskill gehabt hatte, schien das Schlimmste bisher verhindert zu
haben.
Sie mußte so schnell wie möglich aus diesem Haus
verschwinden und ihre Kollegen von den Ereignissen benachrichtigen.
Ob die ihr glauben würden? Es war zu ungeheuerlich, was sie hier
erlebt hatte. Besaß ein Mensch wirklich soviel Macht, einen
anderen zu Stein werden zu lassen? Aber – vielleicht war Lee
Batskill gar kein Mensch, vielleicht war er ein menschgewordener
Dämon?
Irre Gedanken gingen ihr durch den Kopf.
Man konnte hier keinen normalen Maßstab mehr anlegen.
Clea Malcolm blickte hinunter in den Wohnraum, wo Lee Batskill vor
dem Kamin stand. Die Yardbeamtin wagte keinen weiteren Schritt
mehr.
Sie mußte abwarten, was Batskill unternahm und wie er sich
verhielt.
Sie atmete flach und bewegte sich eigenartig steif. Den linken Arm
hielt sie an die Seite gepreßt und leicht angewinkelt. Es war
ihr nicht möglich, den Arm völlig auszustrecken. Sie lief
etwas verzogen und war merklich in ihrer Beweglichkeit
eingeschränkt. Sie, die sonst klettern und laufen konnte wie
eine Katze, bewegte sich nun wie eine alte, vom Rheuma geplagte
Frau.
Sie lief steif in ihr Versteck zurück, als Batskill sich
unten umwandte. Er eilte die Treppe hoch und sah nichts von seiner
Verfolgerin. Er verschwand in einem Raum und kehrte von dort mit
einem flachen, auf dicken kleinen Luftreifen sitzenden Wagen
zurück. Eigentlich sah das Gefährt aus wie eine breite
Bohle, die mit vier Rädern versehen war.
Vorsichtig kippte Batskill die Goodwin-Statue um, die schwer wie
Stein war. Langsam ging er dabei in die Hocke, um die nackte Gestalt
ohne Beschädigung auf den Wagen zu bringen.
Clea Malcolm schluckte trocken. Aus dem winzigen Vorhangspalt
wurde sie weiterhin Zeuge der Dinge und konnte nicht fassen,
daß die Statue, die Batskill fortschaffte, noch vor weinigen
Minuten eine lebendige, blutvolle junge Frau gewesen war.
Da sah sie, wie Batskill stutzte.
Aus den Augenwinkeln heraus nahm er etwas wahr!
Clea Malcolms Herz begann zu zittern.
Ihr linker Fuß! Die Spitze ragte etwas über den
herabfallenden Vorhang hinaus. Sie hatte nicht darauf geachtet. Die
Gefühllosigkeit und Kälte im linken Bein war wohl mit ein
Grund dafür, daß ihr das rechte Gefühl für
Bewegung und Stellung ihrer Gliedmaßen fehlte.
Sie reagierte und versäumte keine Sekunde.
Ihre Handtasche war geöffnet, sie brauchte nur noch
hineinzugreifen, um die Waffe hervorzuziehen. Sie war auf Notfall und
Verteidigung eingerichtet.
Aber nun ging doch alles viel langsamer, als sie es von sich
selbst gewohnt war.
Dieses verdammte abgestorbene Gefühl in ihren
Händen!
Wie ein Schatten schnellte Batskill auf sie zu. Der Vorhang wurde
zurückgerissen.
Es ging alles rasend schnell.
»Zurück!« fauchte Clea Malcolm, aber dieses Wort
kam schneller über ihre Lippen, als die Waffe auf Batskill
gerichtet war. Und der erkannte die Gefahr und ließ sich nicht
bluffen. Seine Rechte schoß nach vorn und krachte gegen Clea
Malcolms Unterarm. Die Dienstwaffe wurde ihr aus der Hand geschlagen,
noch ehe sie den
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