Macabros 036: Gruft der bösen Träume
nicht in unserer.
Mein Schicksal bewahrt mich nicht vor dem, was eventuell eintreten
kann, ich fürchte mich auch nicht vor dem Tod wenn die
Götter ihn beschlossen haben. Mein Schicksal ist nicht das
Schicksal meines Volkes. Das beruhigt mich. Was mich wirklich
beunruhigt, Antor, ist etwas anderes. Ich habe bis zu dieser Minute
noch keine Klarheit darüber, wie und wo sie in jener Welt
ankommen werden, wenn ich den magischen Ritus in Gang setze. Es gibt
einen dunklen Punkt, den ich nicht ausleuchten kann. Abgesichert ist,
daß sie auf keinen Fall in eine andere Parallelwelt oder in ein
Geisterreich gelangen, das die bösen Mächte beherrschen.
Doch Molochos, Dämonenfürst, liegt auf der Lauer. Er wartet
auf seine Chance. Und darin liegt meine große Sorge. Der Ritus
erfordert, daß diejenigen, an denen er ausgeführt wird,
sich in tiefem Schlaf befinden, daß sie den Übergang wie
im Traum erleben – und wenn Schlaf und Traum enden, sie in der
Tat auch am Ende der Reise sind. Molochos, der sie haßt und
vernichten will, kann den Übergang lenken, ohne daß ich
das erkennen kann. Das bedrückt mich. Ich vermag nicht Ort und
Zeitpunkt anzugeben, wo die Materialisation erfolgen wird. Das Risiko
für unsere Freunde ist groß. Ich muß sie auf die
Gefahr aufmerksam machen.«
*
Sie lagen in dem dämmrigen Raum. Aus verborgenen Quellen an
Wänden und an der Decke sickerte sanftes, warmes Licht und
tauchte alles in einen bernsteinfarbenen Schimmer.
Björn Hellmark und Rani Mahay lagen ausgestreckt auf den
breiten, mit dunklen roten Tüchern bezogenen Liegen.
Die beiden Freunde vermochten nicht zu sagen, wieviel Zeit
vergangen war, seitdem sie hierherbeordert wurden und man ihnen zu
verstehen gab, daß es Amana, der Kaythen-Prinzessin, gelungen
ist, einen Weg für ihre Rückkehr zu finden.
Amana selbst wollte ihnen alle Einzelheiten mitteilen.
Und da kam sie nun.
Ihre Füße unter dem weich fließenden, silbern
schimmernden Gewand schienen den Boden der in magisches Licht
getauchten Halle kaum zu berühren.
Amana kam zu ihnen und blickte auf sie herab.
Björn Hellmark und Rani Mahay trugen wieder die Kleidung, mit
der sie in das Pandämonium gekommen waren. Die Freunde waren
zuvor mit kostbar riechenden Essenzen und Ölen eingerieben
worden. Daß diese Dinge äußerst selten waren, hatte
sich darin gezeigt, daß der Vorrat kaum ausreichte, um ihre
Körper ganz zu benetzen.
Diese Vorarbeit, so hatte man ihnen erklärt, sei jedoch
dringend erforderlich, um das magische Ritual, das nur Amana
durchführen könne, mit einer gewissen Aussicht auf Erfolg
anzugehen.
Amana blieb zwischen den beiden Liegen stehen, wandte ihren Blick
beim Sprechen einmal Hellmark zu, ein andermal Rani Mahay. Sie wies
auf die Gefahr hin.
»Ich wollte euch nicht im unklaren lassen«, beendete sie
ihre Ausführungen. »Ihr sollt wissen, worauf ihr euch
einlaßt. Es ist trotz allem ein guter und aussichtsreicher Weg.
Vielleicht erhalte ich während des magischen Rituals noch die
Eingebungen, die mir jetzt fehlen, so daß ich das Risiko
mildern kann. Aber das ist etwas, was ich euch nicht versprechen
kann.«
Björn wandte den Kopf. Die Bewegung fiel ihm schwer. Die
Essenzen und wertvollen wohlriechenden Öle, mit denen sein
Körper behandelt worden war, verursachten eine gewisse Schwere,
eine Art Betäubung. Er spürte seine Glieder nicht, seine
Muskeln waren wie gelähmt. Als er den Kopf drehte, hatte er kein
Gefühl dafür. Seine Zunge fühlte sich sogar taub an,
als er sprach.
»Das Ritual wurde bereits eingeleitet, Amana«, bemerkte
er leise. Er glaubte, hier einen gewissen Widerspruch entdeckt zu
haben.
»Das hat nichts zu bedeuten, Björn-Lavan«, nannte
sie ihn wieder mit dem Namen des Abenteurers. »Es geschah, um
die günstigste Zeit auszunutzen und Zeit zu gewinnen.
Entscheidet ihr euch, daß das Ritual nicht durchgeführt
wird, so ist nichts verloren. Wollt ihr aber trotz meiner Bedenken
die Durchführung, so ist die wichtige Vorarbeit geleistet und
die Atmosphäre, in der die Weiße Magie sich zur vollen
Wirksamkeit entfalten kann, ist aufgeladen zum denkbar besten
Zeitpunkt. Nun überlegt wohl!«
Björn und Rani wechselten einen Blick.
»Du siehst mich so verschleiert an«, konnte Hellmark
sich nicht verkneifen zu flachsen.
»Wahrscheinlich hat man mir ein paar Liter der Essenz mehr in
die Bindehaut geschüttet als dir«, knurrte der Koloß
aus Bhutan, der auf der rotbezogenen Liege wie ein gefällter
Riese
Weitere Kostenlose Bücher