Macabros 041: Tschinandoah - wo die Steine leben
umkreisten…
»Du wirst bald Kontakt zu ihm haben«, tönte Tamuurs
Stimme. Er sprach von Chitra. »In meinem Garten artikuliert
alles miteinander…«
Tod im Zaubergarten… Lieferant für lebende Zellen, mit
denen ein Unmenschlicher experimentierte… das war sein
Schicksal!
Nein!
Er handelte, ohne eine Sekunde zu zögern, ohne eine Sekunde
zu überlegen und zu überdenken, wohin seine Reaktion
führen würde.
Tamuur keine Chance geben, erst seine Gedanken zu empfangen, das
war der erste Schritt.
Mahay warf sich herum. Wie eine Raubkatze warf er sich der
Öffnung des quadratischen Fensters entgegen und sprang hoch auf
den Sims. Seine Schultern waren zu breit, als daß sie
durchgegangen wären, und so mußte er sich leicht seitlich
abdrehen.
Dann gab er sich einen Ruck – und sprang in die Tiefe, wo das
brausende Meer brüllend seine Wellen gegen die Steilwand
jagte.
Mahay flog durch die Luft, Hunderte von Metern tief.
Schwer wie ein Stein raste er nach unten.
Als die feuchte, nach Salz und Wasser riechende Luft sein Gesicht
traf, kam er wieder zu sich.
Er wußte nicht, wie das, was er getan hatte, ausging. Unter
Umständen hatte er den sicheren Tod gewählt, aber das war
tausendmal besser als zu einem namenlosen Gewächs in Tamuurs
Garten zu werden.
Sekundenlang glitt er wie ein Vogel durch die Luft, sah den
schwarzen Fels auf sich zukommen, ruderte verzweifelt mit Armen und
Beinen, und die bizarre steinerne Struktur, dieser »Turm der
Fledermäuse«, geriet aus seinem Gesichtsfeld.
Das Wasser unter ihm zischte und brauste… noch wenige Meter,
dann würde er entweder auf unterseeischen Felsen zerschmettern
oder er würde eintauchen…
Er tauchte ein. Das Wasser schlug über ihm zusammen.
Die Wucht des Aufpralls war so stark, daß der Inder glaubte,
seine Brust würde in der Mitte durchgeschnitten.
Tief tauchte er in die Fluten.
Kein Widerstand, kein Fels!
Mahay schwamm mit weiten, ausholenden Bewegungen, zunächst
unter Wasser, tauchte auf, schnappte nach Luft und tauchte wieder
unter. Er kämpfte gegen Wellen und Strömung und wußte
oft nicht, ob er dem Ufer zuschwamm oder sich in entgegengesetzter
Richtung bewegte. Mit einem Mal wurde ihm das Schwimmen leichter. Die
heftige Wellenbewegung hatte nachgelassen.
Mahay schwamm mechanisch, sah sich nicht ein einziges Mal um und
wußte überhaupt nicht, wie diese Situation sich für
ihn auszahlen sollte.
Er hatte einfach gehandelt – und jetzt kamen die Gedanken,
wie es weitergehen würde.
Tamuur ließ ihn in Ruhe.
Entweder der Magier wußte bereits, was ihn erwartete, oder
seine Kraft reichte nicht aus, ihn hierher zu verfolgen.
Über Wasser bleiben, atmen, am Leben bleiben – das waren
seine Hauptgedanken.
Dann kam der Moment, wo seine Kräfte nachließen und
seine Bewegungen langsamer wurden.
Sein Körper wurde schwer wie Blei.
Mahay sah nur Wasser und finsteren Himmel über sich, wo
ferne, stecknadelkopfgroße Sterne blinkten.
Unwillkürlich suchten seine Augen die markante und
unverwechselbare Form des Südsterns.
Er sah ihn nirgends…
Waren Stunden vergangen – oder Tage?
Er wußte es nicht.
Jegliches Zeitgefühl war ihm ebenso verlorengegangen wie das
Gefühl für seinen Körper, der schwerfällig wie
ein Sack von den Wellen auf und ab getragen wurde.
Es kam der Moment, da fielen seine Arme herab wie Steine.
Dann sank er in die Tiefe und schluckte Wasser. Doch sein eiserner
Lebenswille war es, der ihn wieder in die Höhe trieb und
veranlaßt weiterzumachen.
Dann aber war der Punkt überschritten, wo sein Wille noch den
ermatteten Körper emporreißen konnte.
Er war irgendwo in der Mitte eines fremden Ozeans. Die Nacht
spannte sich düster wie ein Mantel über ihn, und nirgends
gab es Anzeichen, daß er sich in der Nähe von Land
befand.
Rani Mahay war fertig, ausgepumpt.
Wie ein Stein ging er unter und schluckte Wasser…
Wasser…
Kraftlos wurde er von der Meeresströmung mitgerissen.
Sein Geist war benommen, kein vernünftiger Gedanke kam mehr
zustande, kein Antrieb…
Der Sauerstoffmangel ließ ihn bewußtlos werden.
Rani Mahay merkte nichts mehr davon, daß die Strömung
sich verändert hatte, die Wellenbewegung stärker war –
und daß diese Wellen ihn schließlich an die Gestade eines
unbekannten Ufers spülten…
*
Als sie zu sich kam, wußte sie im ersten Moment nicht, wo
sie sich befand.
Ihr Schädel dröhnte und schmerzte, und sie hatte das
Gefühl, er wäre doppelt so groß.
Sie litt unter
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