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Macabros 044: Mirakel - Herr im Geisterland

Macabros 044: Mirakel - Herr im Geisterland

Titel: Macabros 044: Mirakel - Herr im Geisterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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Kräfte erlahmten. Obwohl die Angst alle Kräfte in
ihr mobilisierten.
    Die kalten Hände des Unsichtbaren drückten erbarmungslos
zu.
    Die Luftzufuhr wurde ihr abgestellt. Ireen Bous’ Körper
wurde entsetzlich schwer, und sie hatte das Gefühl, in eine
unendliche Tiefe und Schwärze hineingezogen zu werden. Sie
meinte zu schreien, aber ihre Hilferufe entstanden nur in ihren
Gedanken.
    Dann war das Ende erreicht.
    Dunkler und tiefer ging es nicht.
    Und da ging die Schwärze auch schon über in ein graues
Schimmern, das immer heller wurde.
    Aus einer verzerrten Perspektive heraus sah Ireen Bous ihren
Körper am Boden liegen und stellte zu ihrem Entsetzen fest,
daß sie von oben herab auf ihn blickte.
    Sie war tot!
    Und doch lebte sie?!
    Grauen, Ratlosigkeit und Verwirrung bildeten ein hektisches
Karussell in ihrem Innern.
    »Ireen, geliebte Ireen!« vernahm sie die Stimme neben
sich.
    »Andrew!«
    O’Hara glitt auf sie zu. Er war so, wie sie ihn kannte, und
unterschied sich in nichts von seinem toten Körper.
    Sie tastete nach ihm und war überrascht, daß sie auf
Widerstand stieß.
    »Wo sind wir, Andrew? Was geht hier vor?« Sie blickte
ihn an, aber ebensowenig wie er vermochte sie es, dem Blick
standzuhalten. Sie mußte abschweifen – und sie sahen
beide, wie es innerhalb weniger Minuten zum vierten unbegreiflichen
Mord hier unten in dem Kellergewölbe kam.
    Elena konnte nicht mehr fliehen. Auch sie war dem Verderben
hilflos ausgeliefert und wurde erwürgt.
    »Ich weiß nicht, was hier vorgeht, ich weiß es
ebensowenig wie du, Ireen«, wisperte Andrew abwesend. »Wir
sind tot – und wir existieren als Geister weiter. Aber wir
können nicht eingreifen, das Unabänderliche verhindern. Wir
sehen aus unserer neuen Welt in die alte, ohne selbst gesehen zu
werden. Elena sieht unsere Körper am Boden liegen, die Abbilder
unseres Geistes, der weiter existiert, sind unsichtbar für sie.
So erfasse ich es, so kann ich es dir erklären.
    Was der Alte uns in Blairgrownie sagte, scheint zu stimmen. Es
gibt sie, die Welt der Geister, es gibt offenbar den unruhigen Geist
des legendären Earl of Manon-Castle, der umgeht, weil ein
unheimlicher Fluch seine Seele martert. In dem Moment, als ich starb,
glaubte ich für den Bruchteil einer Sekunde das verzerrte
Gesicht meines Mörders zu sehen, und ein Gefühl sprang mich
an, das die bodenlose Angst und das namenlose Grauen auf mich
übertrug, unter dem der Mörder stand. Jetzt sehe ich ihn
nicht mehr. Die unsichtbare Welt, in die wir geraten sind, Ireen,
birgt für uns die gleichen Geheimnisse, wie sie jene unsichtbare
Welt besitzt, die wir aus unserer Dimension aus nicht wahrnehmen
konnten. Wir sehen Elena sterben – und können ihr nicht
helfen. Wir sehen, daß sie erwürgt wird, aber selbst wir
Toten nehmen nicht wahr, wo sich der Mörder befindet und wie er
aussieht. Das bedeutet, daß hinter dieser Welt des Unsichtbaren
noch eine andere, übergeordnete, unsichtbare Welt existiert.
– Daß uns möglicherweise ein neuer, weiterer Tod
bevorsteht.«
    Ireen preßte die Hand an die Lippen.
    Sie wich von ihrem reglosen Körper, der am Boden lag,
zurück und bekam die dunkle, kahle Wand des gespenstischen
Kellerraums in den Rücken.
    Sie war darauf gefaßt, einen Widerstand zu spüren. Aber
ihr Körper, der nicht mehr stofflich war, durchdrang das Gestein
und kam auf der anderen Seite des Mauerwerks an.
    Dabei machte sie eine neue Erfahrung.
    Die Mauern des Castle waren nicht nur durchlässig für
sie, sondern auch durchsichtig.
    Von Bangen und Ungewißheit erfüllt sah sie Elenas
verzweifelten Todeskampf.
    Die junge Sängerin trommelte gegen die Tür und hatte
anfangs noch geschrien, so laut sie konnte. Der Lärm pflanzte
sich fort durch die anderen Räume und Säle und war tief im
Castle zu hören.
    Auch die anderen Wände waren durchsichtig, und Ireen Bous
hatte das Gefühl, sie bestünden nur aus leicht
getrübten Scheiben, die hintereinander oder verschachtelt
aufgestellt wurden. Die vorderen Wände waren heller, je weiter
hinten sie standen, desto trüber wurden sie.
    Ireen nahm die Decken, Säulen, die Türen und Fenster
weit entfernt liegender Räumlichkeiten wahr. Sie konnte sogar
die »Western-Bar« sehen, in der sie sich vorhin
aufhielten.
    In den Aschenbechern verglommen die letzten Kippen. Das Bier in
den Gläsern war schal. Niemand hielt sich dort auf.
    Die Todesschreie O’Haras, Ireens und Elenas waren nicht
ungehört verklungen. Entsetzt und ratlos lief

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