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Macabros 044: Mirakel - Herr im Geisterland

Macabros 044: Mirakel - Herr im Geisterland

Titel: Macabros 044: Mirakel - Herr im Geisterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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Dunkeln
praktisch nicht wahrgenommen wurde.
    John Hiller nahm einen ordentlichen Schluck aus der Sprudelflasche
und machte sich dann daran, den fensterlosen Raum ein wenig
aufzuräumen, Steine beiseite zu schaffen und sie vor der
Tür aufzuschichten, um so einen noch besseren Schutz für
eventuelle Eindringlinge und vor allem auch gegen Mäuse und
Ratten zu haben.
    Als er sich wieder bückte, stutzte er plötzlich.
    Für den Bruchteil eines Augenblicks war es ihm, als ob er die
Umrisse eines breiten und mit blauer Seide bespannten Bettes
wahrnehmen würde.
    Er blinzelte.
    Er richtete sich auf.
    Da war es wieder!
    Hillers Herzschlag stockte. Genau vor ihm stand das Bett in seiner
ganzen Pracht und Schönheit, und der fensterlose Raum wirkte
plötzlich anheimelnd und gemütlich.
    Wo waren die Steine und der Schmutz, die er eben noch wahrgenommen
hatte? Wo die kahlen, feuchten und rissigen Wände?
    Verschwunden!
    Er sah den Raum so, wie er vor fünf- oder sechshundert Jahren
gewesen sein mochte. Es handelte sich hier um eine Schlafkammer,
deren Wände mit französischen Seidentapeten verkleidet
waren. Der Boden war ausgelegt mit weichen und kostbaren
Teppichen.
    »Das gibt es nicht! Das kann nicht sein!« hörte
Hiller sich selbst sprechen.
    Seine Nackenhaare sträubten sich, und siedendheiß wie
Fieber fühlte er den Strom der Angst durch seinen Körper
laufen.
    John Hiller erinnerte sich an alte Bilder, die er vom Innern des
verfluchten und geheimnisumwitterten Gästehauses gesehen hatte.
Genauso war es gewesen.
    Die zierlichen Nachttische, die Leuchter, die schweren Troddeln,
die von den vier Pfosten des geschnitzten Bettes herabhingen, der
große Spiegel an der Wand dem Bett gegenüber…
    Hier gab es kein Fenster, um den Schläfer durch das Licht der
aufgehenden Sonne nicht zu wecken. Wer hierher kam, wünschte zu
schlafen und zu träumen.
    Und auch hier sagte man dieser fensterlosen, schwülstig
eingerichteten Schlafkammer besondere Kräfte zu.
    Wer hier schlief, der hatte besondere Träume. Und um diese
Träume zu erhalten und zu pflegen, durfte man sie nicht dem
grellen Licht der Sonne aussetzen – so hatte es der Earl of
Manon-Castle einst sinngemäß ausgedrückt.
    Hiller schloß die Augen und öffnete sie wieder, und
Bett, Seidentapete, Leuchter, Spiegel und Teppiche waren noch immer
da.
    Da ging der Reporter auf das Bett zu und tastete es ab. Er
spürte es. Er setzte sich darauf, und es war weich und federnd,
und er begriff zu spät, daß er genau das nicht hätte
tun sollen…
    Das Bett – war die Falle!
    In dem Moment, als er darauf saß, wurde ihm all das wieder
klar, was er an ungereimten Dingen über die Kammer und das Bett
gehört hatte.
    Als sein Körper Kontakt hatte, erwachten die Geister zum
Leben.
    Die Gestalten und Szenen, die von all denen geträumt wurden,
die einst in diesem Bett lagen, waren wieder da.
    Entsetzliches Gewürm kroch auf ihn zu. Die Wände wurden
flüssig, schmolzen zusammen wie Wachs, und hinter den bizarren
Restformen erblickte er die Welten des Teufels und der Dämonen,
sah er die schleimigen Burgen der Geisterfürsten, die aus
brackigen Sümpfen wuchsen wie knorrige Gewächse. Er sah die
wilden, ineinander fließenden Farben fremder Himmel und
schwarze, verkohlte Gliedmaßen zerteilter Wesen, die aus
gesprungenen Eiern und warzenförmigen Knospen krochen und sich
ebenfalls auf ihn zubewegten.
    Aber es waren nicht nur die Bilder, die ihn vor Schreck erstarrt
bannten.
    Es waren auch die Laute und Rufe, die an sein Gehör
drangen.
    Laute, wie er sie nie vernommen hatte, quollen aus der Tiefe
hervor, ließen den Fußboden erbeben und die Schluchten
und Welten, die er wie aus erhöhter Warte aus wie in Trance
überblickte.
    Es hörte sich an, als ob ein titanisches Ungeheuer aus dem
Schlaf erwache und die unartikulierten Töne von sich gebe.
    Er sah grausame Riten, erblickte groß wie einen Berg eine
Göttin, die weit ihre Arme über ein bizarres Land
ausstreckte und der Schatten, der von ihrem Körper ausging,
ließ die Menschen, die in heller Panik vor ihr flohen, sterben
wie die Fliegen.
    Und dann schälten sich Gesichter aus schwarzen Nebeln, die
aus glühenden Erdlöchern und Felsspalten webten.
    Gesichter, die er kannte!
    »Elena! Mike! Andrew O’Hara! Ireen Bous!«
    Die Toten – sie waren alle da – und sie berührten
ihn mit ihren kalten, gierigen Fingern.
    Hände stießen ihn an und warfen ihn auf das breite Bett
zurück.
    Er konnte sich nicht mehr bewegen.
    Sie

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