Macabros 044: Mirakel - Herr im Geisterland
nichts
mehr möglich, da ich die Formeln, die geholfen hätten,
entsperrt habe. Es war riskant, bestimmte Zeichen zu entfernen oder
sie zu verändern. Das Risiko, daß ich mit Leib und Seele
ein chaotisches Entsetzen befreien könnte, war gegeben. Aber ich
war eingeweiht und wandte mit Bravour die Gegenmittel an. Die haben
bis heute funktioniert. Ich bin ›drüben‹ nur ein Gast
geblieben. Aber die ich hinterging, in deren Geheimnis ich
›drüben‹ weiter eindrang, um es hier herüber in
dieses Leben zu nehmen, um es jenen ernsthaft forschenden
Wissenschaftlern vorzulegen, die das Geheimnis einer alten, im Dunkel
der Weltgeschichte liegenden Zeit ergründen wollen – die
ich hinterging, wollen die Botschaft verhindern. Noch diesen Tag und
diese Nacht haben sie Zeit dazu. Dann bin ich endgültig frei und
brauche nie mehr die Nachstellungen derer zu fürchten, die aus
der Finsternis von Rha-Ta-N’mys Schoß kommen, all derer,
die der wahnwitzige Shab-Sodd mit ihr zeugte und denen der
dreiköpfige Götterbote Utosh-Melosh-Orsh den Weg zu den
Sterblichen zeigte.
Heulen und Zähneknirschen werden herrschen, weil ich das
Geheimnis wahrte. Deshalb habe ich eine Bitte an dich, Don.«
McCasey riß die Augen auf. James Muligan wirkte ernst. Die
beiden gleichaltrigen Männer, die in Wirklichkeit ein
Vierteljahrhundert voneinander trennten, blickten sich an.
»Was für eine Bitte, James?« hörte McCasey
sich fragen.
»Geh’ nicht wieder in das Haus, in dem du letzte Nacht
gewesen bist.«
»Zu den Fentlys?«
»Ja. – Besuche sie nicht wieder! Nur diesen einen Abend
noch.«
»Warum, James?«
»Das, Don, kann ich dir nicht sagen. Du mußt mir schon
vertrauen. Ich hatte dein Vertrauen ein ganzes Leben lang. Geh’
nicht hin!«
James Muligan sah ihn einige Sekunden lang ernst und eindringlich
an. Dann griff er nach seinem Spazierstock. McCasey sah, wie der
Stock über die Ladentheke schleifte, aber er verursachte dabei
kein Geräusch.
»Wir werden uns bald wiedersehen, Don. So wie früher
werden wir zusammensitzen und miteinander plaudern. Ich freue mich
schon auf die Stunden, die so sein werden wie damals. Ich werde
meinen alten stofflichen Körper wieder haben. Was du jetzt
siehst, ist nur mein Geist, eine Äthergestalt, nichts weiter.
Leb wohl, Don! Bis bald!«
Mit diesen Worten verschwand James Muligan durch die geschlossene
Tür, überquerte die Straße und verschwand um die
Häuserecke, und zurück blieb ein Mensch, der nicht
wußte, ob er wachte, träumte oder den Verstand verloren
hatte!
*
Das erworbene Fernglas leistete ihm gute Dienste.
John Hiller konnte von seinem etwa dreißig Meter über
dem Plateau liegenden Versteck aus alles gut überblicken.
Der Reporter konnte sehen, wie Inspektor Frazer und seine
Männer einen Moment lang beisammen standen und berieten, wie
Frazer sich auf dem Plateau umsah, sich eine Zigarette anzündete
und schließlich abwinkte und lachte, als könne er das, was
man ihm am Telefon mitgeteilt hatte, überhaupt nicht ernst
nehmen.
Für einen Moment sah es so aus, als ob die eingetroffenen
Beamten aus Perth wieder in ihre Fahrzeuge stiegen und den
Rückweg antreten würden. Doch dann machten sie doch den
Aufstieg über den steilen Pfad.
Am Schloßtor wurden sie nach dem Klingeln von Hopkins’
Butler angesprochen.
Der Diener blickte etwas irritiert auf die Abordnung der
anmarschierten Herren, und er hätte sie sicher auch prompt
davongeschickt, wenn Frazer nicht seine Marke vorgezeigt
hätte.
Da wurden sie alle eingelassen.
Das massive Tor schloß sich, und Hiller sah eine Zeitlang
gar nichts.
Einige Minuten später tat sich etwas hinter den Fenstern, die
auf der Südseite des Manon-Castle lagen.
Hiller sah die Gestalten hinter den bunten Scheiben. Durch das
Fernglas, auf größtmögliche Vergrößerung
eingestellt, bekam er mit, daß Hopkins und seine Freundin Sandy
die Herren von der Polizei empfingen.
Hopkins unterhielt sich angeregt mit ihnen. Einmal kam er sogar an
ein Fenster und öffnete es. Er deutete über das Plateau auf
den wassergefüllten Krater tief unten und über die
zerklüftete Bergwelt, die sich zu Füßen des Castle
ausdehnte und hier genauso aussah wie nach den Tagen der
Schöpfung.
Hier in den Grampians, wo es noch mehr Burgruinen und
heruntergekommene Castles gab, spürte man noch den Hauch, den
die Welt von Anbeginn ihres Werdens durchwehte.
Die wildromantische Bergwelt der Grampians schien sich seit damals
nicht verändert zu
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