Macabros 048: Die Parasitengruft
ihm aufstiegen.
Die Wut konzentrierte sich auf den Graumelierten mit dem
arroganten Grinsen. Er hätte den Kerl auf den Mond
schießen können. Es nervte ihn, wenn er sah, wie er
Shirleys Hand an seinen Mund führte und einen Kuß darauf
hauchte. Nicht viel später waren es Shirleys Arme und nackte
Schultern, die er abküßte. Dann preßte er seinen
unverschämt grinsenden Mund auf ihre Wangen.
Da zur Abwechslung wieder ein Blues gespielt wurde, war dies ein
Grund, enger zu tanzen, was der Playboy gemeinsam mit Shirley
genoß. Und da sie offenbar Spaß an diesem Flirt gefunden
hatte, schlang sie ihre Arme um seinen Hals und hielt die Augen beim
Tanzen halb geschlossen.
In Holesh stieg die Galle. Er kannte seine Shirley nicht
wieder.
Die Hand des Ingenieurs umspannte das Trinkglas so heftig,
daß die Knöchel weiß hervortraten und man
befürchten mußte, Holesh würde das
Trinkgefäß zerquetschen und dabei die Glassplitter in die
Handinnenfläche drücken.
Der Tanz ging zu Ende. Der Playboy bedankte sich mit zartem
Kuß auf Shirleys Mundwinkel.
Der indische Koch kam just in diesem Augenblick aus dem
Verbindungsgang zur Küche und servierte in einer dampfenden
Schüssel eine neue Köstlichkeit.
Der Mann in dem weißen Seidenanzug stellte die Schüssel
auf den langen Tisch seitlich der Kaminwand.
Der Playboy sah die dampfende Schüssel und zog
genüßlich den würzigen Duft der heißen Suppe
ein, die dort angeliefert worden war.
Auch Shirleys Appetit schien plötzlich angeregt worden zu
sein.
Da sie und der Graumelierte nur einen Schritt zu dem Tisch mit den
Köstlichkeiten hatten, waren sie auch zuerst da.
Shirleys Tänzer nahm zwei Keramikschälchen in die eine
und den Schöpflöffel in die andere Hand, den er tief in die
dampfende Schüssel senkte.
Und in dem Augenblick, als er die Schöpfkelle herauszog,
passierte es.
Der Vorfall erinnerte in irgendeiner Form an die Situation in
Shirleys Wohnung, als Frank Holesh daran dachte, daß ihm
Shirleys Kleid eigentlich gar nicht so gut gefiel. Und jetzt behagte
ihm das Gesicht des Flirtenden nicht, der sich seiner Ansicht nach in
Sektstimmung etwas zuviel herausnahm.
Die Schöpfkelle mit der heißen Brühe kam ruckartig
in die Höhe, und der ganze Inhalt ergoß sich mitten ins
Gesicht des Graumelierten.
Der gab einen spitzen Schrei von sich und ließ die
Keramikschälchen fallen, daß sie auf den Boden knallten
und zersprangen. Er wollte seine Hände emporreißen und
gegen das Gesicht pressen und gleichzeitig einen schnellen Schritt
zur Seite hin machen.
Für die, die auf den markerschütternden Schrei
aufmerksam geworden waren, wurde jedoch deutlich, daß der
Schreiende nicht einen Schritt zur Seite hin machte, sondern nach
vorn.
Dann stolperte er zu allem Überfluß noch über
seine eigenen Füße.
Er stürzte nach vorn und konnte den Fall nicht mehr
auffangen.
Instinktiv versuchte er noch mit beiden Händen sich an der
Tischplatte abzufangen. Aber er griff genau daneben. Soviel Pech auf
einmal, soviel Tölpelhaftigkeit konnte doch gar nicht
möglich sein.
Der Graumelierte fiel mit dem Gesicht in die große
Schüssel, in der die kochendheiße Brühe dampfte!
*
Aus vielen Mündern gellten Schreie und verschmolzen zu einem
einzigen.
Gäste sprangen nach vorn.
Shirley Canders stand drei Sekunden lang wie gelähmt und sah,
wie der Hilflose von den Händen der anderen mit dem Kopf aus der
Suppenschüssel gezogen wurde.
Der Graumelierte sank stöhnend zu Boden.
Feuchte Handtücher wurden gebracht, um die gröbsten
Verunreinigungen von Kopf und Gesicht zu entfernen.
Unter den anwesenden Gästen John Lanos’ befanden sich
zwei Arzte, die für erste Hilfe sorgten.
Die Umstehenden, hatten es mitbekommen, begriffen das Ganze
dennoch nicht. Die meisten Gäste, die sich in den anderen
Räumlichkeiten des großen Hauses aufhielten, erfuhren erst
viel später davon oder überhaupt nicht.
Frank Holesh rutschte langsam von seinem Hocker und näherte
sich dem Kreis der Anwesenden, die den Verletzten umringten.
Shirleys Tänzer sah böse zugerichtet aus.
Die heiße Suppe hatte sein Gesicht verbrannt, das krebsrot
war und schwärende Löcher um Nase und Lippen zeigte.
Alle, die den Vorfall mehr oder weniger zufällig mitbekommen
hatten, waren der Überzeugung, daß es sich entweder um
einen Schwächeanfall des Gastes handelte oder daß der
Graumelierte zuviel Alkohol verkonsumiert hatte. Vielleicht kam auch
beides zusammen.
Der Mann wurde in einen
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