Macabros 048: Die Parasitengruft
und musterte sie, ihre
grazilen Bewegungen und das Spiel ihres Körpers unter dem
enganliegenden Kleid.
Etwas störte ihn an diesem Kleid. Als Shirley ihn fragte, wie
es ihm gefalle, hatte er ihr nicht die volle Wahrheit gesagt. Die
Form der Ärmel zum Beispiel. Warum trug sie keine
Spaghettiträger oder lange, bis zu den Knöcheln reichende
Ärmel? Warum ausgerechnet einen Rückenausschnitt? Bei ihrem
gut geformten Busen konnte sie sich in einem gewagten Dekollete sehen
lassen.
Das Ganze könnte viel femininer sein…
Shirley Canders entkorkte die Flasche. Dabei unterlief ihr eine
ungeschickte Bewegung. Es ließ sich später nicht mehr
rekonstruieren, auf welche Weise es eigentlich passiert war.
Jedenfalls rutschte die Flasche ruckartig nach oben, und ein
voller Strahl aus dem Hals schwappte Shirley Canders über das
Kleid.
»Frank!« schrie sie entsetzt. Sie stand da wie zur
Salzsäule erstarrt.
Frank sprang mit einem leisen Schrei auf sie zu.
Shirleys Augen waren vor Entsetzen geweitet, als sie langsam den
Kopf senkte und an ihrem Kleid herabblickte.
»Frank, o Frank! Nein! Sag, daß es nicht wahr
ist!« Ihre Stimme klang weinerlich. Tränen schossen ihr in
die Augen. »Mein Kleid… es ist ruiniert… der
Fleck… den kriege ich nie heraus.«
Ein faustgroßer, bräunlich-roter Fleck begann
unmittelbar in Brusthöhe und verteilte sich dann in Form kleiner
Spritzer.
Shirley schien den ersten Schreck überwunden zu haben. Sie
knallte die Flasche auf die Bohle und lief ins Bad.
Mit einem Handtuch und warmem Wasser rückte sie den Flecken
zu Leibe.
»Es ist unmöglich! Ich krieg sie nicht weg!«
jammerte sie. Die Sherry-Flecken wurden nur geringfügig
blasser.
Auch Frank Holesh versuchte sein Glück. Vergebens.
»Oh, Frank. Was mache ich jetzt? Ich hab nur dieses Kleid!
Ich kann doch unmöglich so gehen! Wir haben nicht mal mehr die
Zeit, es reinigen zu lassen. Warum ist mir das auch nur passiert? Ich
weiß gar nicht, wie das eigentlich geschehen konnte… Es
war geradeso, als ob mir jemand mit der Hand unter den Flaschenboden
geschlagen hätte… Frank, was soll jetzt werden? Gib mir
doch einen Rat, hilf mir!« Sie war richtig verzweifelt.
»Wir kaufen ein neues…«
»Frank! Wie soll ich ein neues Kleid bekommen? Die
Geschäfte sind zu. Evelyne… sie könnte mir vielleicht
helfen…«
Shirley warf sich herum, stürzte zum Telefon, ergriff den
Hörer und wählte mit zitternden Fingern eine Nummer.
Die junge Frau schloß die Augen, und ihre Lider vibrierten
wie die zarten Flügel eines Schmetterlings.
»Wenn sie nicht da ist, Frank… dann muß ich zu
Hause bleiben, dann gehst du allein zu John, so kann ich dich
unmöglich begleiten…«
Er schluckte und beobachtete sie, wie sie mit zuckenden Lippen und
weinend am Telefon stand und dem Klingeln auf der anderen Seite der
Strippe lauschte.
»Es ist niemand da, Frank… es nimmt niemand ab… oh,
mein Gott, was soll ich denn tun…« Ihre Stimme versagte ihr
den Dienst. Shirley weinte jetzt haltlos und bot ein Bild des
Jammers.
Frank schloß sie in seine Arme.
»Ich werde John anrufen. Wir sagen ab.«
»Das kommt nicht in Frage. Du hast dich so darauf
gefreut.«
»Dann unternehmen wir noch einen anderen Versuch. Ich
möchte dir gern helfen; wenn ich könnte, würde ich ein
Kleid herzaubern, schöner und kostbarer als das, was du jetzt
trägst.«
»Das kannst du!« war die Antwort.
Doch die Bemerkung kam nicht aus Shirleys Mund, die immer noch
schluchzte. Die Stimme kam überhaupt nicht von außen her.
Er nahm sie wahr in seinem Kopf!
»Wenn du es willst, dann kannst du das, Frank Holesh! Denke
an die Diamanten!«
Holeshs Herzschlag stockte.
Seine Nackenhaare sträubten sich, und er hatte das
Gefühl, jemand würde mit eisiger Hand seinen Rücken
hinabfahren.
Wer da im Innern zu ihm sprach, war Molochos, der Herr der
Dämonen!
*
Im gleichen Moment tauchten auch die Bilder auf, die Situation,
die er im Keller des Farmhauses erlebt hatte.
Durch die Vorfahren des Farmers Garry Shaw und durch ihn selbst
waren die Kräfte finsterer Mächte beschworen worden, die in
grauer Vorzeit auf der Erde wirkten.
Im Keller der Shaws war Frank Holesh vor zwei Tagen mit
eigenartigen Dingen konfrontiert worden. Alle Wünsche konnten in
Erfüllung gehen, wenn gewisse okkulte Bedingungen erfüllt
wurden. Er selbst hatte sich als einzelner nur in den Keller zu
begeben brauchen, um den Halluzinationsstrom des Blutsiegels zu
aktivieren. Bilder aus dem
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