Macabros 051: Skelettus, Fürst der Knochenburg
Zähne kamen zum
Vorschein, die scharf genug waren, ihn auf der Stelle in Fetzen zu
reißen.
Bodtgan hätte schon jetzt die Gelegenheit gehabt, den Inder
anzufallen, doch er hielt sich zurück. Tamuur hatte das Zeichen
zum Kampf noch nicht gegeben.
»Nutze die Galgenfrist, die ich dir gönne«, sagte
er großspurig. »Mach’ dich mit den Geräten
vertraut, die da liegen!«
Mahays Blicke irrten über die niedrige Wand, auf der wie auf
einer Tischplatte drei seltsam geformte Waffen lagen.
Die eine war ein Mittelding zwischen Schwert und Sichel. Die
Schneide befand sich an einem dunklen, geriffelten Stab. Die zweite
Waffe war ein mehrfach gezackter und gesägter Speer. Die Spitze
war breit und messerscharf. Die dritte war eine rasiermesserscharfe
Metallschlinge, die an einem Ende mit einem kräftigen Ledergriff
überzogen war. Man konnte die Schlinge benutzen wie eine
Peitsche.
»Drei Waffen – drei Köpfe«, vernahm er Tamuurs
unangenehme Stimme. »Es liegt an dir, wie du wählst, wie du
handelst. Nur eine einzige Waffe paßt jeweils auf einen
Kampfkopf des Bodtgan. Gelingt es dir die entsprechende Waffe beim
richtigen Kopf einzusetzen, dann hast du alle Chancen, diesen Kopf
abzuschlagen, und damit bist du dem Sieg einen Schritt
näher.«
»Und was geschieht, wenn ich mit der falschen Waffe einen
Kopf abschlage?« fragte der Inder, dessen Augen sich in
ständiger Bewegung befanden.
»Auch das geht. Aber es geschieht zu deinem Nachteil.
Durchbohrst du beispielsweise mit dem Zackenspeer einen Hals des
Bodtgan der eigentlich nur mit der Schlinge zu fällen wäre,
so wachsen an Stelle des einen Kopfes deren drei.«
Das alte Spiel, das sich auch in der auf der Erde gängigen
Legende mit der Hydra, der vielköpfigen Schlange, manifestierte
wiederholte sich hier im anderen Gewand.
»Und wenn durch den Einsatz einer falschen Waffe drei
Köpfe nachgewachsen sind, dann sind sie wiederum nur durch jene
Waffe zu fällen, durch die sie wuchsen. Du siehst, wir meinen es
gut mit dir. Du kannst also Erfahrungen sammeln und für dich
nutzen. Aber es ist natürlich schwerer, drei Köpfe mehr als
einen weniger abzuschlagen, nicht wahr? Es kann sein, daß es
dir gelingt, beispielsweise mit der Peitschenschlinge einen Kopf des
Bodtgan wegzureißen. Aber dann werden zwei weitere, die du nur
mit der gleichen Waffe beseitigen kannst, genügend Spielraum
haben und Zeit haben, dich zu zerreißen. Der Tod hat eine
Vielzahl von Möglichkeiten, dich zu holen.«
Tamuur lehnte sich zurück. Das Feuer aus seinem
Muschelschädel flackerte, und seine ganze Umgebung erstrahlte in
einem flammenden, scharlachroten Licht.
Dieses Licht spielte auch auf der schönen blassen Haut
Aleanas, die von dem Schein eingehüllt zu werden schien.
Auch Aleana lag zurückgelehnt auf ihrem Thron, und nichts auf
ihrer Miene hatte sich verändert. Kühl und
unpersönlich waren noch immer ihre Augen.
Mahay wußte, daß er ganz allein auf sich gestellt war,
daß er keinerlei Hilfe erwarten durfte. Wie immer es auch
geschehen war: Aleana stand nicht auf seiner Seite. Entweder war sie
der Magie Tamuurs zum Opfer gefallen oder durch das Studium der
Bücher verdorben worden. Das eine war so schlimm wie das
andere.
»Und was geschieht, wenn es mir gelingt, die richtigen Waffen
zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Kampfkopf des Bodtgan
einzusetzen?« fragte Rani Mahay mit belegter Stimme.
»Dann ist der Bodtgan tot, und ich habe einen treuen Freund
weniger. Damit wäre das Spiel zu Ende, und wir haben unser
Vergnügen gehabt. Zumindest meine geliebte Aleana, die dieses
Spiel selbst vorgeschlagen hat. Ich werde wohl kaum bis zum
Schluß hier ausharren. Mein Garten wartet auf mich.«
»Wenn das Spiel zu Ende ist, dann bin ich der Sieger. Ich
kann dann gehen.«
Tamuur gluckste leise, daß es sich anhörte, als ob ein
breiiger Sumpf in ihm aufbrodele. »Natürlich kannst du
gehen: in meinen Garten. Dort werde ich aus dir eine
wunderschöne Blume machen…«
*
Das Ganze war eine Farce.
Es gab keinen Ausweg aus dem Dilemma. Es war einfach zum
Verrücktwerden.
Ob das Ungetüm ihn fraß oder die Gärten des
Grauens die Endstation waren: die Hoffnung auf eine Rückkehr war
begraben, ein für allemal!
Wut und Verzweiflung packten ihn.
Und er ging sofort zum Angriff über. Er war nicht der Mensch,
der sich kampflos ergab.
Bis zum letzten Atemzug wollte er für seine Aufgabe
kämpfen.
»Tut mir leid, Björn«, murmelte er, während er
blitzschnell und wahllos
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