Macabros 051: Skelettus, Fürst der Knochenburg
sich am reinsten erhalten, und alle
Erbanlagen jener Vorfahren, die einst auf dem hochentwickelten
Xantilon lebten, waren erhalten geblieben.
Es war wie eine Erinnerung an ein fernes Leben – und
vielleicht war es ganz und gar so, daß er wie sein
großer, mutiger Freund Björn Hellmark ebenfalls schon mal
in einer anderen Gestalt gelebt hatte.
Hellmark hatte die Erkenntnis wiedergewonnen. Er war einst Kaphoon
gewesen, ein namenloser Barbar, der auf einem edlen Pferd durch die
Reiche vergangener Könige und Fürsten ritt, bewaffnet mit
einem Schwert, mit dem er den Unterdrückten zu Hilfe eilte, mit
dem er Bedrohte verteidigte. Für Recht und Gesetz war er stets
eingetreten, und daran hatte sich nichts geändert.
Und jetzt während des Kampfes war es dem Inder, als
hätte auch er in einem früheren Leben schon ähnliche
Kämpfe durchgemacht, mit ähnlichen Waffen gekämpft.
Die Handhabung war ihm einfach nicht fremd. Er schlug sich geschickt
und mit Bravour, so gut er in dieser Situation damit zurechtkam.
Das Sichelschwert krachte gegen den Quallenleib, der wie ein
massiger Stengel war, auf dem sich die anderen Körperteile des
Bodtgan aufbauten.
Die Schneide schlug nicht mal eine Kerbe in den hornigen,
panzerartigen Überzug. Hier war der Bodtgan tatsächlich
nicht verwundbar.
Aber die Erkenntnis kam eine Zehntel-Sekunde zu spät, und
Rani Mahay war nicht mehr imstande, das Ruder zu seinen Gunsten
nochmals herumzuwerfen.
Etwas Hartes wickelte sich um seine Beine, war wie eine
überdimensionale sehnige Tentakel, die ihn nicht mehr
losließ und nach oben riß.
Er verlor den Boden unter den Füßen, hielt das
Sichelschwert aber noch immer umspannt, als könne er damit seine
verfahrene Situation verändern.
Drei, vier Meter wurde er emporgetragen. Der Schlangenleib
preßte seinen Körper zusammen. Riesig groß tauchten
die runden, blutunterlaufenen Augen vor ihm auf.
Ein Maul, groß wie ein Scheunentor, öffnete sich vor
ihm. Riesige Zähne, stinkender Atem… ein Rachen…
Mahay schlug drauflos.
Sein Unterkörper hing fest wie in einer Zwinge, aber seinen
Oberkörper konnte er noch bewegen.
Der Koloß aus Bhutan überlegte nicht mehr, er handelte
nur noch.
Es durfte nicht zu Ende sein! Gegen diesen Gedanken wehrte er sich
mit aller Verzweiflung, und es war erstaunlich, woher dieser
überforderte Mann jetzt noch die Kraft hernahm, so
zuzuschlagen.
Mit einem einzigen Hieb durchtrennte er den muskelsteifen Leib,
der ihn umschlang. Mahay kippte mitsamt der abgehackten Schlange in
die Tiefe.
Der dicke, ihn umschließende Schlangenleib dämpfte den
Sturz gut ab. Eine Erschütterung ging durch Ranis Körper,
und er meinte, sich sämtliche Rippen zu brechen. Sein
Schädel dröhnte, und alles begann vor seinen Augen auf- und
abzutanzen.
Die Gewölbedecke, die Säulen, die Wände und der
Thron mit den beiden Beobachtern des unheimlichen, gespenstischen
Kampfes…
Der zuckende Leib, den er abgeschlagen hatte, streckte sich.
Dunkelgrün, fast schwarz, sickerte stoßweise das
dämonische Blut aus dem abgetrennten Auswuchs, während am
Körper selbst, wo der Kopf fehlte, drei neue nachwuchsen.
Nun verfügte das Monstrum über sechs Köpfe. Damit
war es doppelt so stark wie zu Beginn des Kampfes, während Rani
Mahays Kräfte in gleichem Maß abgenommen hatten. Dieser
Kampf war aussichtslos!
*
Das sagte auch Tamuur und erhob sich, während sich die drei
neuen Köpfe des Bodtgan regenerierten.
»Ich habe dir gesagt, wohin das Spiel führt, meine
Liebe. Nun ist es in der Tat uninteressant. Der Bodtgan soll ihn
fressen.« Tamuur winkte mit den knolligen Auswüchsen,
welche seine Hände darstellten, enttäuscht ab. Die Flammen
aus seinem muschelförmigen Schädel züngelten nur noch
schwach. »Das ist nichts mehr für mich. Es ödet mich
an. Ich hätte ihn gern für meine Gärten gehabt –
aber da ist wohl nun nichts mehr dran zu ändern.« Er erhob
sich. »Ich möchte meinen Spaziergang nicht länger
hinausschieben. Ich habe schon zu lange gewartet, so komme ich kaum
noch zu dem, was ich mir vorgenommen habe. Du kannst mir später
berichten, wie es im einzelnen war.«
Er stieg die Treppe hinunter, während Mahay sich schweratmend
aus der Tentakel schälte, auf die Wand zukroch und sich an den
grob gemauerten Steinen langsam emporzog.
Tamuur verschwand in wehendem Umhang durch das weit offen stehende
Seitenportal, durch das der Bodtgan gekommen war und von dem aus eine
seltsame Luft, die süßlich und
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