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Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger

Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger

Titel: Macabros 055: Mysterion, der Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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Hand vor ihr Gesicht. Vor dem
dunkelblauen Hintergrund der Tiefsee erkannte sie ein milchiges
Leuchten. Sie verfolgte die Erscheinung an ihrer Hand entlang, den
Arm hinunter bis zu den Zehen.
    Sie war völlig in dieses Leuchten gekleidet. Es schmiegte
sich wie eine zweite Haut an sie.
    Für Christine bestand kein Zweifel. Dieser sonderbare Film
mußte dafür verantwortlich sein, daß sie selbst hier
in dieser Tiefe zu atmen vermochte. Mochte der Himmel wissen, wie das
möglich war.
    Sie sah hinab. Die Fische, die sie umschwammen, beachtete sie
nicht mehr. Sie hatten ihr bisher nichts getan, warum sollten sie
sich also jetzt anders verhalten?
    Den Grund der See konnte sie nicht erkennen. Sie sah nichts als
ein dunkles Blau, das eine gewisse Tiefe unterhalb des Meeresspiegels
andeutete.
    Christines einziger Anhaltspunkt in dieser submarinen Einöde
war die Färbung des Wassers. In der Ferne erblickte sie eine
bräunliche Tönung. Zuerst war sie ihr gar nicht
aufgefallen. Christine hatte sie für ein größeres
Tier gehalten, einen Raubfisch vielleicht, wie sie hier in
größerer Zahl kreisten.
    Angestrengt blickte sie in die Richtung, in der sie die braune
Färbung sah. Eine Zeitlang überlegte sie, welche
Möglichkeiten ihr blieben, dann fand sie die Lösung.
    Es mußte sich um Felsen handeln. Und Felsen kündeten
von der Nähe der Küste!
    Sollte sie sich in den Fischen, die sie begleiteten,
getäuscht haben? Wollten Sie ihr vielleicht gar nichts antun,
sondern sie in Sicherheit bringen?
    Christine Olivier verwarf den Gedanken wieder.
    Vor wem in Sicherheit bringen? Mit Hilfe der Jacht hätte sie
sich auch selbst in Richtung Land absetzen können.
    Die Felsen hatten solche Ausmaße angenommen, daß die
junge Französin nicht mehr alles auf einen Blick erfaßte.
Sie konzentrierte sich auf die Stelle, auf die sie zugeschoben
wurde.
    Der Felsen hatte eine graue Tönung und war nur spärlich
bewachsen. In Ritzen und Spalten erkannte Christine Olivier alle
Arten von Seetieren. Es waren Seesterne darunter, Seegurken, und
einmal sah sie auch eine Moräne aus einem Spalt hervorzucken.
Doch kaum hatte sie die zu Gesicht, war sie bereits wieder
verschwunden.
    Die Französin begann sich zu wundern.
    Noch immer bewegte sie sich geradewegs auf eine Stelle des Felsens
zu, die sich in nichts von den anderen unterschied. Wenn sich nicht
bald etwas tat, würde sie an ihm zerschellen. Das wäre das
Ende ihrer gespenstischen Unterwasserfahrt…
    Sie hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als sich die
Richtung ihrer Bewegung um achtzig Grad nach rechts änderte. Nun
hatte sie den Fels zu ihrer Linken.
    Die brausende Fahrt nahm kein Ende. Die Fische schoben sie an dem
Felsen entlang, ohne auch nur einmal in ihrem Drängen
innezuhalten.
    Dann tauchte das Loch auf.
    Wie herausgebrochen aus den Felsen, gut verborgen in einer Spalte,
lag es vor Christine. Die Finsternis gähnte ihr entgegen wie ein
gieriger Schlund.
    Die junge Frau wußte nicht, ob sie lachen oder weinen
sollte. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und biß sich
auf die Lippen. Sie war wehrlos.
    So wurde sie langsam auf das drohende Dunkel zugeschoben. Als
Spielball unheimlicher Mächte.
     
    *
     
    Sekundenlang verharrte Jacques regungslos auf dem kleinen Plateau.
Er lauschte der Stimme, die er aus dem Raum über sich vernommen
hatte.
    »Komm herauf!« sagte sie. »Dies ist dein Ziel, und
du wirst doch so kurz davor nicht umkehren wollen?«
    Er wagte es nicht, der Stimme zu antworten. Zweimal hatte er es
getan, und jedesmal war sie daraufhin verstummt. Estrelle
fürchtete diese Stimme, sie war kalt und emotionslos, aber
dennoch mochte er nicht auf sie verzichten. Sie war das einzige, das
ihm zeigte, daß er überhaupt noch am Leben war.
    Endlich hatte er sich wieder so weit gesammelt, daß er es
wagen konnte, in die Hocke zu gehen. Mit den Händen stützte
er sich an der Gangdecke ab und ging einen Schritt auf die Luke zu,
die er kraft seiner Beine gesprengt hatte.
    »Komm!« lockte die Stimme. »Es drängt dich,
ich weiß! Es drängt dich wie es auch mich
drängt!«
    Vorsichtig schob Estrelle den Kopf durch die Luke. Bereits auf dem
Plateau hatten sich seine Augen an das rötliche Licht
gewöhnt. Nun strömte es von allen Seiten auf ihn ein. Er
fühlte sich als Mittelpunkt einer wahren Lichterflut.
    »Wo bist du, der da spricht?« fragte er vorsichtig.
    »Hier bin ich!« antwortete die Stimme.
    Jacques Estrelle wußte beim besten Willen nicht zu sagen, wo
dieses

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