Macabros 057: Dämonenpest
ihm stehenden Kollegen, als er die Untersuchung
abschloß.
»Was halten Sie davon, Dr. Ferry?«
Der jüngere Arzt, der den Chef der Klinik auf seiner Visite
neben zwei Krankenschwestern begleitete, überlegte zunächst
bedächtig, ehe er antwortete.
»Auch unsere medizinische Kunst muß mal resignieren.
Dieser Fedderson scheint zwar für die CIA und die Air Force ein
wichtiger Mann zu sein, aber auch wir können keine Wunder
vollbringen. Seit seiner Einlieferung ist er noch nicht aus dem Koma
erwacht. Hinzu kommt nun auch noch eine drastische Verschlechterung,
Puls und Atmung werden schwächer.
Wenn ich ehrlich bin, dann glaube ich kaum, daß er noch mal
das Bewußtsein wieder erlangen wird…«
Dr. Brown hörte sich die Diagnose seines jüngeren
Mitarbeiters aufmerksam an, da er viel auf die Meinung seiner
Untergebenen hörte. Er pflegte zu ihnen einen freundschaftlichen
Kontakt, was ihm natürlich hoch angerechnet wurde, da er gar
nicht in das Bild eines autoritären Vorgesetzten passen
wollte.
»Ich muß Ihnen leider recht geben. Schwester, ich
wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Mrs. Fedderson schonend darauf
vorbereiten würden. Sie möchte ihn bestimmt noch mal
sehen.«
Dr. Brown hatte sich damit an die ältere, erfahrenere
Krankenschwester gewandt, die für solche Mitteilungen
gegenüber den Angehörigen das nötige Taktgefühl
besaß.
*
Als Ana Fedderson wieder in ihrer Wohnung ankam, setzte sie sich
erschöpft auf einen Stuhl. Dort entspannte sie sich für
mehrere Minuten, bis sie meinte, wieder einigermaßen erholt zu
sein.
Die Aufregung und der Tumult der letzten Zeit hatten sie
mitgenommen. Mehr noch, als sie sich selber eingestehen wollte, denn
sie gehörte zu den Menschen, die nicht so schnell aufgaben. Aber
diese Strapazen waren über ihre Kräfte gegangen.
Während sie sich auf diese Weise ausruhte, überdachte
sie noch mal ihre Begegnung mit jenem Mann, der voller Geheimnisse zu
stecken schien und eine bewundernswerte Persönlichkeit
verkörperte – Frank Morell.
Er hatte sie darum gebeten, ihm das Tagebuch von Joe auszulernen,
und anscheinend war ihm dieses Anliegen selbst unangenehm gewesen. Er
gehörte offensichtlich nicht zu denjenigen Leuten, die gern in
persönlichen Aufzeichnungen anderer herumstöberten, nur um
damit ihre Neugierde zu befriedigen. Für ihn ging es hier um
mehr.
Er hatte zwar nur Andeutungen gemacht, doch nach allem, was Ana
Fedderson gehört hatte, glaubte sie sagen zu können,
daß er damit etwas meinte, was für einen normalen Menschen
unbegreiflich sein mußte.
So unbegreiflich wie eine andere Welt oder eine andere Dimension.
Das Reich der Finsternis.
Sicher hätte sie ihn gern bei seinem Unterfangen
unterstützt, der sich dem, was auf sie zukam entgegenstellte,
aber sie kannte nicht den Ort, wo Joe dieses Tagebuch aufbewahrt
hatte.
In diesem Punkt war er sehr seltsam und verschroben gewesen, sogar
seiner Frau gegenüber.
Ana Feddersons Gedankengänge wurden jäh unterbrochen,
als sich das Telefon meldete.
Sie stand von ihrem Sitzplatz auf und ging zum Apparat. Als sie
den Hörer abhob, vernahm sie eine Stimme, die von einer Frau
stammte. Sie rief aus dem Krankenhaus an, in dem auch Joe lag und
redete ruhig auf Mrs. Fedderson ein.
»Mrs. Fedderson, der Zustand Ihres Gatten hat sich weiterhin
verschlechtert. Es tut mir leid, Ihnen das zu sagen, aber wir
müssen mit dem Schlimmsten rechnen.«
Sie stockte kurz, bevor sie mit viel Einfühlungsvermögen
in den Zustand, in dem sich Ana Fedderson befinden mußte,
weitersprach.
»Ich wollte mich daher bei Ihnen erkundigen, ob Sie Ihren
Mann noch mal besuchen wollen…?«
Für die attraktive Amerikanerin bestätigte sich eine
schon lange währende schreckliche Ahnung, die nun endgültig
zur Gewißheit wurde.
»Ich werde schnell kommen«, versprach sie der
Krankenschwester am anderen Ende der Leitung.
*
Dr. Brown erschien in der Vorhalle und begrüßte Ana
Fedderson.
Bei ihm handelte es sich schon um einen älteren Herrn, der
aber jünger aussah, als er war. Ana Fedderson schätzte ihn
auf 60 Jahre.
Dr. Brown war schlank und wirkte noch erstaunlich elastisch.
Allerdings waren auch nicht die ersten grauen Haarsträhnen zu
übersehen, die sein schütteres Haar durchzogen.
Er schien ein ernster, nachdenklicher Mann zu sein, der sich nach
außen hin fröhlicher gab, als er war.
Sie tauschten einige Höflichkeitsworte miteinander, bevor Ana
Fedderson zum eigentlichen Anliegen ihres Besuches
Weitere Kostenlose Bücher