Macabros 060: Dwahls Hirnpuppen greifen an
Stirn arbeitete. Hatte er es wirklich
geschafft? Hatten Entbehrungen und Aufwand sich schließlich
doch gelohnt? Oder war dies alles nur ein Traum?
In seinen Augen blitzte es auf. Jeff O’Connor legte den Kopf
ein wenig schief, und ein idiotisches Lächeln umspielte seine
Lippen. Dann veränderte sich dieser Ausdruck plötzlich, das
idiotische Lächeln verschwand, und zehn Sekunden lang wirkte
O’Connor völlig normal.
»Jane?« fragte er nachdenklich. In seinen Augen
spiegelten sich Schmerz, Trauer und Verwirrung.
In diesen Sekunden kehrten all die Bilder zurück, die er
längst vergessen glaubte.
Ein stiller Abend an einem einsamen See. Eine Sommernacht, wie es
sie nur selten im Hochland gab. Vögel zwitscherten, Grillen
zirpten. Jane und er allein in einem Boot. Leise plätscherte das
Wasser gegen die Bootswände. Auf dem fast unbewegten See trieb
das Boot lautlos dahin.
Jeff und Jane ein junges Liebespaar, wie es Tausende auf der Welt
gab. Sie umarmten sich, küßten sich… genossen die
Stille und den Frieden einer unberührten Landschaft. Sie waren
allein auf der Welt.
Wirklich – allein?
Im Wasser bewegte sich etwas. Ein fahler Schatten tauchte auf, der
sich schnell zu einer pilzförmigen Gestalt formierte. Der Pilz,
versehen mit raubtierhaft glühenden Augen, ließ die
Liebesnacht zum Alptraum werden.
Es ging alles blitzschnell. Jane schrie. In ihrer Panik warf sie
sich herum. Das Boot kenterte. Wasser spritzte. Das Boot lag
über ihnen. Und dann war der Pilz aus dem See schon heran. Ein
Sog entstand. Jane, die verzweifelt aufzutauchen versuchte, entkam
diesem rätselhaften unbarmherzigen Sog nicht. Sie wurde in die
Tiefe gerissen.
Jeff folgte ihr nach, und dann tat sich eine andere bizarre Welt
vor ihm auf.
Der See hatte keinen Grund – er war das Tor in eine andere
Daseinsform. Er meinte wie im Traum auf einer riesigen Achterbahn in
die Tiefe zu gleiten und von zahllosen riesigen Pilzen umgeben zu
sein, die sich aus einem wahren Dschungel lösten und frei waren.
Pflanzen, die über die Bewegungsfähigkeit von Tieren
verfügten!
Jane wurde von einem der Pilze verschlungen, wurde einverleibt von
dem Unheimlichen. Und den ließ er von Stund’ an nicht mehr
aus den Augen.
Jeff O’Connor hätte nicht mehr zu sagen vermocht, wie er
es fertigbrachte, die nachfolgende Zeit so zu überstehen,
daß er nicht in direkten Kontakt mit den Pilzen kam. Er
wußte nicht, was er aß und trank, um sich am Leben zu
erhalten. Hatte er nicht Beeren gepflückt und sie
heißhungrig verschlungen, um den nagenden Trieb in seinen
Eingeweiden zu betäuben? Hatte er nicht sein fiebriges Gesicht
in den erstbesten Tümpel gehängt und mit beiden zu
Schaufeln geformten Händen das brackige Wasser geschluckt, um
den quälenden Durst zu stillen?
Das alles schien unendlich weit zu liegen… Tage, Monate,
Jahre? Wie lange lag es zurück?
Immer die Spur Janes und die Hoffnung, sie zurückzuholen in
die Welt, in die sie gehörten. Wodurch eigentlich wurde diese
Hoffnung genährt?
Mehr als einmal hatte er die Gelegenheit gehabt, zu beobachten,
wie der Pilz sein Opfer freiließ, wie Jane sich frei und
ungezwungen bewegen konnte und dann von dem seltsamen Geschöpf
wieder einverleibt wurde, als würde dies sich einen Spaß
daraus machen, das Opfer wie eine Marionette von Fall zu Fall zu
benutzen.
Viele Pilze konnten das! Mit anderen Menschen, die ihnen auf
irgendeine Weise irgendwann mal ins Netz gegangen waren…
All dies hatte Jeff O’Connor schnell erkannt. Woran wohl lag
es, daß er bisher die Begegnung der menschenfressenden Pilze
verhindern konnte? Klugheit, Geschick? Oder nur Zufall?
Wie im Fieber durchlebte er Tage um Tage… und dabei wurde er
Zeuge, daß sich offenbar eine Veränderung anzeigte, die
sich ungünstig auf das Leben der Pilze auswirkte. Er entdeckte,
daß Pilze vereinzelt irgendwo in dieser Welt mitten im Lauf
plötzlich stehenblieben und erstarrten, daß die Glut ihrer
Augen erlosch. In zwei Fällen, dies hatte sein umnebeltes Gehirn
registriert und richtig erkannt, hatten die Pilze Opfer entlassen,
die wie er Menschen waren! Diese Menschen waren wortlos irgendwo in
dieser zwielichtigen Welt zwischen den Hügeln oder in riesigen
Dschungeln untergetaucht.
Er hatte sich keine Zeit nehmen können, die Fremden zu
befragen oder ihnen zu folgen. Er mußte wissen, was aus Jane
wurde.
Und dann kam der Zeitpunkt, da Janes Wirtskörper
aufhörte, selbständig zu sein…
Nun waren sie endlich wieder
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