Macabros 062: Shimba-Loo schickt den Rachedämon
Aufruhr. Sein Herz
schlug wie rasend, und das Blut hämmerte in seinen
Schläfen. Er hatte das Gefühl, als würde sein
Schädel jeden Augenblick zerspringen. Seine Muskeln verkrampften
sich, und die Anspannung hemmte ihn in seinem Lauf.
Angst und Ratlosigkeit setzten ihm in einer Weise zu, wie er das
nie zuvor in seinem Leben gespürt hatte.
Was ging hier vor? Wo war Lorette?
Während sein fieberndes Gehirn verzweifelt nach Antworten auf
all die zahllosen, ihn bedrängenden Fragen suchte, lief er
mechanisch weiter. Wie ein Roboter, schwerfällig und plump. Er
hatte das Gefühl, auf der Stelle zu treten…
Da wurde der Nebel über ihm schwarz. Wie ein Himmel aus
gegerbten Fledermausflügeln zeigte sich die riesige, gespreizte
Klauenhand des Ungeheuers über ihm.
Die Luft brodelte und zischte, als sie durch die blitzschnelle
Bewegung der riesigen Hand zusammengepreßt wurde.
Tom Delay mobilisierte seine Kräfte. Er warf sich nach vorn,
so kraftvoll er konnte, um den Abstand zwischen sich und dem
unheimlichen Wesen zu vergrößern, um… Aber er
schaffte es nicht mehr ganz.
Ruckartig wurde er herumgerissen – ohne eigenes Dazutun! Es
kam ihm so vor, als hätte jemand eine Angel nach ihm geworfen,
deren Haken sich nun in seinem Hemd verfangen hätte!
Fast genauso war es…
Sein Hemd riß auf vom Kragen bis zu den Hüften.
Eine der gekrümmten Klauen hatte sich im Stoff verfangen und
zog ihn ratschend auseinander.
Doch das Hemd bot keinen Schutz. Die Kralle stieß durch bis
auf die Haut. Brennender Schmerz durchfuhr seinen Körper.
Die messerscharfe Kralle durchbohrte wie ein Schwert seinen
Rücken…
*
Schweratmend lag er da, den Blick in den nebelverhangenen Himmel
gerichtet.
Das riesige, schuppenbedeckte Ungeheuer mit den Hörnern, dem
Rückenkamm und dem schwarzen Geifer füllte das Blickfeld
vor seinen Augen.
Die schweren, massigen Schuppenbeine trugen den Koloß
heran.
Tom Delays Augenlider zuckten. Sein Atem ging stoßweise.
Sein Geist zwang ihn zu reagieren. Er mußte fliehen! Aber sein
schwacher Körper versagte ihm den Dienst…
Er war dem unglaublichen Monster auf Gedeih und Verderb
ausgeliefert. Es gab keine Rettung mehr…
Das fauchende Ungeheuer mit den wilden Raubtieraugen ging
träge in die Hocke, das ganze Blickfeld vor ihm ausfüllend.
Mit seinen gewaltigen Pranken stützte das Ungetüm sich
links und rechts neben dem Schwerverletzten ab. Für einen
Augenblick sah es so aus, als ob der Koloß mit seinem
Körper den unter ihm Liegenden erdrückte.
Der riesige Schädel senkte sich, das breite Echsenmaul
öffnete sich. Die dicke, rote Zunge lag wie geronnenes Blut
zwischen den dolchartigen Zahnreihen.
Das alles bekam Tom Delay mit.
Und noch mehr…
Während das furchteinflößende Untier sich
über ihn beugte, vollzog sich mit ihm eine erstaunliche
Verwandlung.
Die Haut wurde heller, die Schuppen schrumpften ein. Der ganze
aufgeblähte, riesige Leib schmolz wie ein Schneerest unter den
ersten warmen Sonnenstrahlen. Der massige Schädel mit den
Hörnern und den bernsteinfarbenen Raubtieraugen verlor seine
typische Echsenform und wurde zu einem breiigen, gestaltlosen,
pulsierenden Etwas, das immer heller wurde und in dem sich
schließlich die Farbe menschlicher Haut und langer, blonder,
seidig schimmernder Haare zeigte…
Kalter Schweiß perlte auf dem bleichen Gesicht Delays.
Seine Hände krallten sich in das feuchte, verfaulende Laub,
auf dem er lag.
Die Farbe und Form dieser Haare erinnerte ihn an etwas – an
jemand… Lorette! Aus dem Gigantenkörper schälte sich
schließlich der vollendet schöne, nackte Leib der Frau,
nach der er verrückt war.
Er bewegte die Lippen. Er wollte etwas sagen, doch die ersten
Worte ergaben nur ein unartikuliertes Murmeln. Wie ein Hauch klangen
die nachfolgenden Silben: »Ich kann… dich… in…
Wirklichkeit… nicht… sehen… Lorette…«,
wisperte er. Sein Atem ging rasselnd. Aus seinen Mundwinkeln lief
Blut. »Dies ist… der… Tod… der mir… das
schöne Bild… noch… einmal… vor… Augen
führt…«
Er bemühte sich die Augen weit zu öffnen, um so viel wie
möglich von der schönen Frau zu sehen. Sie war schön
– aber irgend etwas war anders an ihr als in jener Stunde, als
er sie liebte. Sie wirkte abweisend und kalt wie Eis.
»Es ist nicht der Tod, Tom«, vernahm er ihre
kristallklare, scharfe Stimme. »Dies alles ist Absicht –
Berechnung, wenn du so willst…« Um seine spröden
Lippen zuckte es, und auf seiner
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