Macabros 062: Shimba-Loo schickt den Rachedämon
mindestens eines von ihnen nicht aus…
Die Stimme kam von überall her.
»Ich bin Shimba-Loo – und ich bin es doch nicht mehr.
Mein Wesen ist nur noch halb. Es ist gespalten wie das eines
Wahnwitzigen.« Die Worte verhallten und schienen einzutauchen in
das unendliche Universum und dort zu verwehen. »Dies ist die
Welt – ein Teil von ihr, zerrissen wie mein eigenes Wesen.
Hierher hat man mich gebracht – irgendwann mal, einst… es
ist unmöglich, eine Zeit anzugeben, weil es dafür in keiner
menschlichen Sprache einen passenden Begriff gibt. Ich bin ein
Einzelgänger, der Große eines großen Volkes, der
viel erkannt, gesehen und noch viel mehr erforscht hat. Ich bin in
Geheimnisse eingedrungen und habe die verbotenen Schriften studiert.
Die ›Hüter des Lichts‹, wie sich jene nannten, die die
Schriften zu bewachen hatten, verdammten mich ob meines Eindringens
in ihre heiligen Hallen. In ihren Augen war ich zum Dieb geworden.
Ich hatte Erkenntnisse und Wissen von universeller Tragweite
gewonnen, die einem Sterblichen nicht anstehen. Ich war unreif und
klein in den Augen derer, die ich versucht hatte zu überlisten.
Sie konnten mich nicht töten. Sie mußten mich bestrafen
– sie mußten mich zu einem der Ihren machen und damit
verändern. Sie wollten ein für alle mal das Böse, das
mich zu dieser Tat getrieben hatte, ausmerzen. Was ich getan hatte,
war ein einmaliger Fall, und es wurde ein einmaliges Exempel
statuiert. Der Einzelgänger sollte leiden – für alle
Ewigkeiten sollte sein Körper vom Ich getrennt werden, und
dieses Ich wiederum sollte noch mal gespalten sein. Ihr sollt die
Stunde miterleben, die sich seinerzeit hier auf diesem Teil einer
winzigen Welt abgespielt hat, die zu meinem Gefängnis wurde
– zu einem › magischen
Meteoriten-Gefängnis‹…«
Die Worte aus dem All und den Sternen verhallten.
Unendliche Stille breitete sich um sie herum aus. Von
übermächtiger Stärke war die endlose Einsamkeit zu
spüren, die sie hier inmitten des Alls zwischen zwei Planeten
umgab.
Ein geheimnisvolles Licht tauchte vor ihnen in der ewigen
Finsternis auf und erinnerte minutenlang an einen Stern, der
besonders stark und intensiv leuchtete. Dann wurde dieses Licht
größer und verbreiterte sich fächerförmig.
Ein Teil des Planetoidenbrockens vor ihnen wurde in
gleißende Helligkeit getaucht, als ob eine fremde Sonne
plötzlich zu scheinen begänne.
Die Schatten zwischen den Felsblöcken und bizarr geformten
Nadeln verschwanden schlagartig. Gut ein Drittel dieser steinernen
Welt, auf der kein Baum und kein Strauch wuchs, auf der es kein Leben
gab, auf der kein Tropfen Wasser existierte, wurde auf eine magische
Weise geheimnisvoll erleuchtet.
Und innerhalb des Lichtfeldes, das etwa in Steinwurfweite vor
ihnen begann, spielte sich ein Drama ab, dessen Zeuge sie wurden und
dessen Inhalt sie voll und detailliert begriffen.
Das Wort »Shimba-Loo«, das bisher nur Begriff für
das gewesen war, Stein wie diese steinerne Welt – wurde
plötzlich mit Leben erfüllt.
Shimba-Loo – war ein Wesen wie sie, war Mensch aus Fleisch
und Blut – jedoch von außergewöhnlich großem
Wuchs.
Shimba-Loo – war ein Riese, wie er im Märchen, in der
Sage vorkam.
Er kam auf sie zu, groß wie ein Berg und völlig haarlos
bis auf die gewaltigen Augenbrauen, unter denen sich große und
klugblickende Augen verbargen. Beverley Summer und Dr. Stone kamen
sich klein und verloren vor unter dem Blick dieses Giganten, der sie
zertreten konnte, wie ein Mensch eine Ameise zertritt.
Shimba-Loo trug weit geschnittene, seidig schimmernde Beinkleider
und dazu ein ärmelloses, offen stehendes Wams, das seine breite,
kahle Brust und seine muskelbepackten Arme deutlich zur Geltung
brachte.
Der Riese lief geduckt und warf immer wieder einen Blick
zurück, als erwarte er irgendwelche Verfolger.
Shimba-Loo befand sich auf der Flucht aus den Hallen der
»Hüter des Lichts«, denen er ein großes
Geheimnis entwendet hatte.
Damit hatte er sich schuldig gemacht und mußte bestraft
werden.
Der Riese lief direkt auf die beiden Menschen zu.
Beverley Summer und Dr. Stone gerieten seltsamerweise nicht in
Panik. Irgend etwas in ihnen beruhigte sie und ließ sie
geradezu mit stoischer Gelassenheit die Dinge verfolgen und
registrieren, die sich vor ihnen abspielten. Im wahrsten Sinne
»abspielten«, denn all die Dinge, deren Zeuge sie wurden,
ereigneten sich nur innerhalb des Lichtkreises vor ihnen. Und dieses
Licht wuchs nicht. Dies
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