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Macabros 064: Es erwacht der Ursen-Wahn

Macabros 064: Es erwacht der Ursen-Wahn

Titel: Macabros 064: Es erwacht der Ursen-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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mehr Freiheit herausgenommen, als es ihr normalerweise
vergönnt war.
    Sie hätte nicht von dem Reiter sprechen dürfen, vor dem
sie Björn Hellmark warnen wollte.
    Der Boden unter ihren Füßen schüttelte sich wie
ein Ungetüm, das aus tiefem Schlaf erwachte. Die steinernen
Platten rissen auf, heiße Dämpfe stiegen wie Fontänen
empor.
    Der Palast veränderte sein Aussehen. Die glatten Wände
wurden rauh und rissig, der goldene Belag verdampfte, als wäre
er nie vorhanden gewesen.
    Die Standbilder und prunkvoll verzierten Säulen wirkten
stumpf, alt und morsch. Sequus Geist schien in diesem Augenblick all
die Schönheit, die er in Stunden des Träumens und des
Glückes geschaffen hatte, einfach wegzunehmen.
    Hellmark rannte, übersprang Risse und Spalten und jagte
hinaus aus dem Thronsaal, Richtung Korridor, zu der
Gigantenblüte, deren Blätter schwungvolle Treppen
darstellten.
    Alles schien sich in Auflösung zu befinden.
    Die Wände wirkten verwaschen, als würden sie sich
langsam in riesige Schlammberge verwandeln. Der Boden bebte und
zitterte, die ganze Umgebung wackelte, und es sah so aus, als ob das
riesige Innere des Schädeltempels einstürze.
    Mehrere Stufen auf einmal nehmend, jagte er nach oben. Die
schönen, glänzenden Farben der Treppen waren verschwunden.
Alles war grau in grau.
    Dann folgte der Korridor. Die Säulen schwabbelten wie Gebilde
aus Pudding.
    Die Standbilder! Sie veränderten ihre Form. Die Figuren
schmolzen ineinander. Die Gesichter verliefen wie flüssiges
Wachs. Sequus Geist arbeitet ununterbrochen, und es schien, als
würde all das, was er im Lauf von Jahrtausenden mit Geist
erfüllt hatte – nun in diesen Sekunden wieder vergehen. Er
raubte seinen Geschöpfen die Substanz.
    Björn warf sich nach vorn. Er berührte den mittleren der
blaßgewordenen Diamanten und mußte daran denken,
daß er unten im Palast nahe an den in die Thronstufen
eingelassenen Augen des Schwarzen Manja gewesen war, ohne für
sich in dieser Sekunde, da alles drunter und drüber ging, auch
nur einen einzigen zu erobern.
    Es kam ihm unendlich langsam vor, bis der Spalt sich zwischen
Gewand und Bein des Standbildes so weit geöffnet hatte,
daß er hineinschlüpfen konnte. Er wartete gar nicht die
maximale Breite ab. Sobald er konnte, zwängte er sich
hinein.
    Dann lief er durch den Stollen. Es rumpelte und grollte, als ob
sich mehrere Gewitter gleichzeitig entladen würden.
    Die ganze Umgebung wirkte unheimlich. Die ihn bedrohende
Prophezeiung von damals wurde wahr.
    Er erreichte das Ende der Treppe, die steil und gewunden in die
Tiefe führte. Wie von Sinnen raste er nach unten.
    Es donnerte, sprudelte und klatschte, als ob ungeheure,
unvorstellbare Wassermassen in die tiefer gelegenen Räume
einbrächen.
    Nur die Hälfte der Treppe nach unten laufend, sah er
panikerfüllt, was sich in der Zwischenzeit seiner Abwesenheit
zugetragen hatte.
    Vom ›Tempel der Glückseligkeit‹ war nichts mehr
wiederzufinden.
    Der Altar war verschwunden, die wunderbaren prunkvollen
Säulen, die romantischen Winkel und Ecken, die Schönheit
der Ausschmückung, wie ein Künstler sie nur in einer
Sternstunde hatte schaffen können, existierten nicht mehr.
    Die Wände rundum wurden zu Wasser, das krachend und donnernd
in sich zusammenstürzte. Und mit dem Wasser wurden Hunderte von
Ursen hereingeschwemmt, als würden sie aus der sich
verflüssigenden Wand herausgespült. Die steinernen Reliefs
und Bilder, die Sequus in endlosen Stunden der Einsamkeit sich
ausgedacht hatte, wurden lebendig!
    Der Ursen Wahn erwachte.
    Tausende von Ursen tauchten auf in dem sich bildenden, sprudelnden
See. Und von heftigen, schäumenden Wellen fortgespült
– Carminia und Pepe!
    Der ehemalige, in seiner Schönheit unbeschreibliche Altar, zu
dem viele gekommen waren, um ihren Namen zu verewigen und Stunden
ungetrübten Glücks zu erleben, ragte nur noch zur
Hälfte aus dem brodelnden, dunklen Wasser und hatte sich
verändert.
    Er war jetzt ein riesiger Thron, auf dem eine nicht minder riesige
Gestalt saß.
    Der gewaltige Raum rund um diesen Gigantenthron wurde von mehreren
Säulen flankiert, die eine gewölbeartige Decke trugen. Auf
dem Thron, der die Form eines unbeschreiblichen, versteinerten und
schaurig anzusehenden Fisches darstellte, saß Sequus. Der Thron
wurde flankiert von steinernen, ausgebreiteten Schwingen. Und der
König der Ursen hatte die gleichen Schwingen, leicht an seinen
Körper angelegt, als würde er Luft schöpfen, um sich
im

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