Macabros 079: Die Nachtseelen von Zoor
Welt gekommen waren?
Sie verhielt sich in höchstem Maß
außergewöhnlich.
Nachdem sie alles überprüft hatte, nahm sie auf der
Couch unter dem Fenster Platz, streckte die Beine aus, zündete
sich eine Zigarette an und schien auf irgend etwas zu warten.
Hellmark verhielt sich still.
Alles, was mit diesem seltsamen Vorgang zusammenhing, erregte sein
Interesse.
Was er dann erlebte, kam ihm vor wie ein Traum.
Etwa fünf Minuten nach der Ankunft der Frau machte sich
draußen vor der Wohnungstür ein leises Kratzen und Schaben
bemerkbar. Dann wurde vorsichtig geklopft.
Die Frau auf der Couch reagierte sofort, drückte die
Zigarette aus und sprang auf die Beine. Hellmark konnte gerade noch
in dem dunklen Arbeitszimmer verschwinden und sich hinter der
Tür verbergen, als die Fremde schon durch den Flur eilte, um die
Wohnungstür zu öffnen.
Eine Nachtseele schwebte herein…
Außer einer kleinen Tischlampe, die gedämpftes Licht
spendete, brannte keine weitere Lichtquelle in der ganzen
Wohnung.
Diese angenehme, schummrige Atmosphäre schien dem
düsteren Wesen zu behagen.
Die hellen Augenlöcher leuchteten gespenstisch in der
Dunkelheit.
Björn hielt den Atem an, als der Ankömmling an ihm
vorüberschwebte, direkt auf den im Wohnzimmer stehenden Sarg
zu.
Die Frau eilte dem Unheimlichen nach.
Vorsichtig streckte Björn seinen Kopf aus der Tür, um
etwas von dem mitzubekommen, was im Nebenraum geschah.
Die Dunkelheit war im Augenblick sein bester Verbündeter.
»Kann ich noch etwas für Sie tun, Monsieur
Nevieux?« fragte die Frau den gerade Angekommenen.
Auch den Fotografen hatte es erwischt! Hellmark sah, wie die
dunkle Gestalt in den Sarg glitt.
»Danke, Jeanette! Es ist alles in Ordnung«, tönte
die dumpfe Stimme aus ihm heraus. »Ich erwarte dich wie immer.
Morgen früh wirst du kommen, um die Post aus dem Kasten zu
nehmen – hast du mir etwas Wichtiges zu sagen?« fragte das
Gespenst aus dem Sarg unvermittelt.
»Nein, Monsieur! Keine besonderen
Vorkommnisse…«
Die Frau sagte es mit der tonlosen Stimme eines Roboters.
Der Sargdeckel ächzte leise, als die schwarze Hand des
Gespenstes nach außen griff, um ihn herabzuziehen.
Dumpf schlug der Deckel zu.
Die Frau löschte die einzige, noch brennende Lampe und
verließ die Wohnung. Von außen schloß sie ab.
Gleich darauf hörte Hellmark, wie das Gitterwerk des alten
Aufzuges rasselte.
Alles wies darauf hin, daß die unheimlichen Gestalten, die
einst Menschen gewesen waren, auf die Hilfe der wirklich Lebenden
angewiesen waren.
Was aber veranlaßte diese Frau regelmäßig hierher
zu kommen, um Albert Nevieux mitten in der Nacht nach seiner
Rückkehr zu bestätigen, daß sie zu weiterer Hilfe
bereit war?
Björn wollte es genau wissen.
Als der Aufzug im Parterre ankam, teleportierte Hellmark auf die
Straße und heftete sich an die Fersen der Fremden, die einige
Schritte den Gehweg benützte und dann in einen cremefarbenen
Volkswagen stieg.
Hellmark lief bis zur Straßenecke und beobachtete von dort
aus die Abfahrt des Autos.
Er wartete, bis der Wagen soweit von ihm entfernt war, daß
man ihn kaum noch sehen konnte. Dann ließ er abermals Macabros
entstehen und teleportierte zum Ende der Straße, um die
Weiterfahrt des VW zu verfolgen.
Björn führte dieses parapsychologische
Kunststückchen insgesamt fünfmal durch.
Eine andere Möglichkeit, sie zu verfolgen, hatte er im Moment
nicht.
Der öftere Einsatz seines Doppelkörpers und das
Aufrechterhalten beider Körper kostete ihn viel Kraft.
Björn merkte, wie sich bleierne Müdigkeit in seinen
Gliedern ausbreitete.
Er atmete auf, als die Fahrt der Fremden in der Rue Richer ihr
Ende fand.
Die Frau parkte ihr Fahrzeug vor einem alten, braunroten
Mietshaus, in dem im Parterre ein Antiquitätenladen eingerichtet
war.
Vor Tür und Fenster des Geschäfts war ein Gitter
herabgelassen, um unliebsamen Besuchern das Eindringen zu
erschweren.
Neben dem Eingang hing ein vergammeltes Emailleschild, auf dem der
Name: Marcel Leclerque, Privatdetektiv, stand.
Die Frau aus Albert Nevieux Wohnung besaß auch zu dieser
Haustür einen Schlüssel.
Sie betrat den dunklen Korridor und schloß die Tür
hinter sich nicht ab.
Hellmark mußte unbedingt wissen, was die Frau tat. Er lief
im Schatten der Hauswand zur Haustür, legte vorsichtig die
Rechte auf die Klinke und drückte sie herab. Er öffnete die
Tür nur so weit, wie es nötig war, um ihn
durchzulassen.
Auf Zehenspitzen schlich er in den Flur, sah
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