Macabros 081: Wrack der namenlosen Götter
schwarz,
sondern dunkelbraun. Im Licht der Taschenlampe, die Chancell
angeknipst hatte, war diese bemerkenswerte Besonderheit deutlich
auszumachen.
Auch Tunas Haut war nicht besonders dunkel, ein helles Braun, wie
es für Bewohner dieser Breiten eher als ungewöhnlich zu
bezeichnen war.
Amalla, der Tuna bisher nur zweimal in seinem Leben gesehen hatte,
kam es fast so vor, als wäre der Indio-Häuptling seit dem
letzten Mal noch hellhäutiger geworden.
»Wir haben die Strapazen auf uns genommen, weil wir diesmal
überzeugt davon sind, das ›alte Schiff‹, das Wrack der
namenlosen Götter zu finden«, sagte Chancell leise.
»Wir werden der Welt draußen die Sensation bringen, Tuna.
Darauf haben wir doch alle in den vergangenen Jahren gewartet. Du
selbst hast mich doch wissen lassen, daß du helfen
würdest, die Wahrheit über die Götter ans Tageslicht
zu bringen. Dann hättest du mich ja belogen,
Tuna…«
Chancell kannte den Indio schon so lange, um zu wissen, worauf er
reagierte. Ihn praktisch der Lüge zu bezichtigen, war starker
Tobak. Darauf reagierte Tuna empfindlich.
»Tuna nie lügen«, sagte der Indio ruhig. »Ich
versprochen – ich halten. Aber immer die Rede von – anderen
Göttern…«
Also doch!
»Es gibt – Unterschiede, Tuna?«
»Ja, Herr. Ich mithelfen, andere Götter zu suchen. Sie
dahin zu führen, wo Spuren übrig geblieben… aber diese
Götter nicht gut… Wächter müssen streng sein,
niemand darf davon erfahren.«
Ein langes Palaver begann. Amalla bewunderte Chancells Geschick.
Der konnte mit Tuna Madanga umgehen wie kein Zweiter.
Anfangs blieb Tuna unerbittlich. Doch dann handelten die beiden
einen Kompromiß aus.
»Gut, Tuna einverstanden«, sagte der Indio unvermittelt.
»Glauben, daß er’s verantworten kann… nur sehen,
aber keine Aufzeichnungen machen, keine Fotos…«
Das war hart! Für Chancell mußte eine Welt
zusammenbrechen.
So nahe vor dem Ziel, die Welt mit einer sensationellen Nachricht
zu überraschen – und doch so weit davon entfernt wie eh und
je!
»Okay, einverstanden.« Ging er nur zum Schein darauf
ein? Juan Lopez Amalla wußte es selbst nicht, was hinter
Chancells Stirn vorging. »Du zeigst mir das ›alte
Schiff‹, und ich verspreche dir, keine Aufnahmen zu
machen…«
»Und auch nie darüber zu schreiben und zu
sprechen!« fiel Tuna Madanga ihm ins Wort.
Es blieb Chancell nichts anders übrig, als sich auch darauf
einzulassen.
Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach, schien er
zu denken…
»Gut. Nach Sehen – Zelte abbauen und fortgehen«,
meinte Tuna.
»Nicht mehr in dieser Nacht. Erst bei
Tagesanbruch…«
Darauf einigten sie sich.
Inzwischen war auch die blonde Angelique aus dem Zelt gekommen.
Der Indio betrachtete die schöne Frau mit aufmerksamen und
bewundernden Blicken.
Amalla hob kaum merklich die Brauen, als er Tunas Interesse
für seine Gespielin entdeckte.
»Frau hier bleiben… nicht zuverlässig«, sagte
der Indio-Häuptling, noch ehe einer der beiden Männer etwas
sagen konnte. »Frauen haben lockere Zunge, können nicht
schweigen…«
»Was soll der Quatsch?« reagierte die gutgebaute
Französin, die genügend Englisch-Kenntnisse besaß, um
Tunas Ausführungen folgen zu können. »Von wegen den
Mund nicht halten können…«
Wahrscheinlich war dies die erste Begegnung Madangas mit einer
emanzipierten Europäerin. Angelique las ihm gehörig die
Leviten. Doch Tuna ließ sich nicht einschüchtern.
»Nix für Frauen… Geheimnis nur für
Männer… Frau zurückbleiben in Zelt…«
»Kein langer Disput, Angelique! Hier herrschen andere
Gesetze«, schaltete Amalla sich ein. »Du bleibst im Zelt.
Nimm dir ein Gewehr und halte die Augen offen! Falls etwas faul sein
sollte, gibst du uns Rückendeckung…«
Die Blonde nickte.
Mit dem Gewehr konnte sie inzwischen umgehen, das hatte sie
während der Fahrt auf dem Curua gelernt. Sie hatte zwei
Alligatoren erlegt, was den Beifall jedes passionierten
Großwildjägers zur Folge gehabt hätte.
Amalia wechselte mit seiner Freundin einen vielsagenden Blick.
Sagen konnte der Spanier nichts, ohne nicht Tuna Madangas
Mißtrauen zu wecken.
Angelique ging wie vereinbart zum Zelt zurück, holte ein
Gewehr und zündete das Lagerfeuer neu an. Heller Lichtschein
erhellte den Platz.
Die Männer drangen tiefer in die grüne Wildnis ein. Tuna
Madanga ging ihnen in der Dunkelheit voran. Er schien die Augen einer
Katze zu haben.
Den schmalen Pfad zwischen den Büschen hätten sie
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