Macabros 090: Höhle des Unheils
brachte Mills zurück.
Die ärztliche Untersuchung hatte zwar die Gewißheit
erbracht, daß offensichtlich keine körperliche Erkrankung
vorlag, aber Jims Zustand war dennoch alles andere als normal.
»Mir kommt es fast so vor, als würde er von einer Kraft
gezwungen zu schlafen und zu träumen«, murmelte Björn.
Sorgenfalten standen auf seiner Stirn. »Etwas hat ihn im Griff,
das nicht von dieser Welt stammt. Ich fürchte, ärztliche
Kunst allein kann nichts ausrichten. Wir müssen die Ursache
seines Zustandes woanders finden. Wenn er nur nähere
Auskünfte über den Ort geben könnte, an dem er glaubt,
etwas getan zu haben, was er eigentlich nicht wollte.«
Hing sein Verhalten mit dem Besuch der Höhle des Unheils
zusammen? War es Zufall oder gab es eine Verbindung zwischen beiden
Ereignissen?
Auch das Verschwinden der Totems fiel mit Jims unerklärlichem
Zustand zusammen. Und Ak Nafuur war der Meinung, daß durch die
Kräfte in der Höhle in Verbindung mit Jim eventuell
Gefahren ausgehen könnten, die man unter Umständen viel zu
spät richtig einschätzte.
Hellmark war es gewohnt, ungewöhnlichen Dingen so schnell wie
möglich auf den Grund zu gehen, am besten dann, wenn sie sich
noch im Keimen zeigten und eine eventuelle Gefahr im Entstehen
gebannt werden konnte.
Er sagte Carminia Brado, wie er hoffte, dem Fremdartigen, das von
Jim offensichtlich Besitz ergriffen hatte, auf die Spur zu
kommen.
Ohne mit den Freunden die Suche nach den auf rätselhafte
Weise verschwundenen Totems zu verzichten, wollte er mit seinem
Doppelkörper hier wachen und Jims Schlaf beobachten.
Würde es Veränderungen geben?
Sie blickten auf den schlafenden Guuf. Jim hatte die Untersuchung
durch den Arzt vorhin kaum richtig mitbekommen.
Jetzt schlief er tief und fest, und es war ein gesunder Schlaf,
wie lange und ruhige Atemzüge verkündeten.
»Ich möchte wissen, was er jetzt träumt«,
sagte Hellmark leise.
»Vielleicht überhaupt nichts«, bemerkte Carminia.
»Er schläft sehr ruhig…«
Nur an diesen äußeren Merkmalen aber war nicht
abzulesen, was Jim in diesen Minuten »erlebte«.
*
Es war Nacht.
Das alte Haus mit den spitzen Giebeln stand abseits der
Straße. Ein unbefestigter, schmaler Weg führte in den
Wald.
Es war ein Försterhaus, das vor Jahren vom Staat verkauft und
von einem reichen Geschäftsmann erworben wurde.
Der benutzte es allerdings nicht als Wohnhaus.
Das ehemalige Forsthaus war zu einem Etablissement umfunktioniert
worden.
Bei Einbruch der Dunkelheit kamen die Interessenten. Autos aller
Klassen standen dann im Hof, der von dicht stehenden Bäumen
umsäumt war.
Der Name des Etablissements war »Rote X-Bar«.
Ein rot beleuchtetes Schild neben der frisch gestrichenen
Holztür trug diese Bezeichnung. Einen weiteren Hinweis gab es
nicht.
Jim tauchte wie ein Geist zwischen den dunklen Bäumen
auf.
Er sah die verhangenen Fenster, hinter denen schwache rote Lichter
brannten.
Im Hof standen in dieser trüben, regnerischen Nacht nur
wenige Fahrzeuge. Ein metallicgrüner Mercedes mit dem
Kennzeichen MIL und Fahrzeuge, die in Frankfurt oder Offenbach
zugelassen waren.
Er war erstaunlich ruhig. Keine Musik, keine lauten Stimmen.
In den zahlreichen Räumen des verhältnismäßig
großen Hauses wurde geflirtet, getrunken, wurden Sexfilme
vorgeführt und waren Damen des horizontalen Gewerbes nur
allzugern bereit, mit zahlungskräftigen Besuchern die Nacht zu
verbringen.
Die »Rote X-Bar« war berühmt-berüchtigt. Die
Reklamen in den Zeitungen waren nicht besonders groß und
auffällig, aber interessant vom Text her.
»Wenn Sie mal ein ganz neues Lebensgefühl erleben
wollen, kommen Sie zu uns. Die Mädchen in der ›Roten
X-Bar‹ verwöhnen Sie! Wie? Wo? Rufen Sie uns an! Eine
charmante Stimme sagt Ihnen, wie Sie uns am besten
finden…«
Jim blickte einigermaßen verwirrt in die Runde.
Die Umgebung war ihm nicht bekannt. Er war nie zuvor hier
gewesen.
Aufgrund des Schildes neben der Tür wußte er lediglich,
daß er sich irgendwo in Deutschland befand. Er konnte die
Aufschrift lesen und verstehen.
Warum war er hier?
Er wollte aufwachen. Es ging nicht. Die Bilder, die er wahrnahm,
verblaßten nicht mal.
Wieder war es eine Art von einsamen Ort, den er aufsuchte. Er
wurde unwillkürlich an die Blockhütte am See
erinnert…
Auch hier ein Haus abseits des normalen Lebens.
Etwas verlangte nach in ihm. Etwas, das er nicht beschreiben
konnte. In der Abgeschiedenheit war dieses ETWAS
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