Macabros 101: Sturz in das Chaos
unbekannte Gottheit der Traphilen
fordert Menschenopfer in Massen. Wir sind nicht die einzigen, die
unter dem unersättlichen Hunger und Durst der bösen Geister
zu leiden haben. Der Tod ist ein Opfer, und deshalb töten die
Traphilen jeden, der ihnen über den Weg läuft. Die
Erklärung ist einfach: Nur die Zahl der Geopferten ist
maßgebend über wohlgesonnene Götter… Es gibt
Anzeichen dafür, daß die Eingeborenen einen großen
Krieg vorbereiten, um ihr Land zu vergrößern… Dies
und ihre Fähigkeit, die Frauen auch aus weit entfernten
Dörfern und Städten zu rufen und zu entführen, macht
sie zu Feinden allergrößter Ordnung. Gut, daß ich
dich getroffen habe. Das wird es mir erleichtern, hinter die
Rätsel des Mordvolkes zu kommen…«
»Ich werde dir helfen, so gut ich kann«, versprach
Macabros. »Denn die Erforschung der Geheimnisse bringt
vielleicht auch etwas an den Tag, das mich besonders interessiert.
Ein Volk, das soviel Rätselhaftes kennt, wird vielleicht auch
über jenes Etwas Bescheid wissen, dem ich auf der Spur
bin…«
Bolonophom blieb stehen. »Und was suchst du?« fragte er
neugierig.
»Das ›Singende Fahsaals‹«, sagte Macabros.
Während er sprach, ließ er sein Gegenüber nicht
aus den Augen.
Bolonophom stand da wie vom Donner gerührt…
*
»Das… ›Singende Fahsaals‹?« wiederholte
er dann wie ein Echo. »Du… glaubst, du könntest es
finden?«
Zum erstenmal erlebte Macabros, wie jemand auf diesen Begriff, den
er vor Stunden noch nicht kannte, reagierte.
»Warum nicht, Bolonophom«, sagte er leichthin. »Du
vergißt, daß…«
Der andere ließ ihn nicht ausreden. »Ja, ich scheine es
tatsächlich vergessen zu haben…«, murmelte er und
starrte Macabros selbstvergessen und ehrfurchtsvoll an. »Ich
habe übersehen…, daß du ein Gott bist und kein
Mensen. Du kamst von den Sternen – wie einst die anderen, von
denen nur noch die Geschichtenerzähler etwas wissen. Du bist
noch nicht lange hier. Das spürt man… ich habe nicht das
Recht zu erfahren, auf welche Weise du gekommen bist – und
weshalb. Götter kommen und gehen, wie es ihnen gefällt.
Aber nun – so glaube ich – habe ich einen Zipfel deines
Geheimnisses erfaßt. Du willst das ›Singende
Fahsaals‹ finden. Ja, ja… dir kann es wahrhaft
gelingen… Wo Normalsterbliche scheitern mußten, kann dir
der Erfolg beschieden sein…«
Er stand noch immer da wie hypnotisiert. Seine Augen
glänzten.
»Dann hast auch du schon vom dingenden Fahsaals<
gehört?« fragte Macabros unvermittelt.
Bolonophom schien aus tiefem Schlaf zu erwachen. »Auch
schon… ist gut… Man hört schon davon, wenn man in der
Wiege liegt…, und es ist der Wunsch jedes Knaben und jedes
Mädchens, das ›Singende Fahsaals‹ zu entdecken und zu
besitzen… es ist das absolute Leben, es zerstört dort, wo
es hingebracht wird, alles Böse… wo es ist, kann das andere
nicht sein…«
»Erzähl’ mir von ihm, Bolonophom. Was weißt
du darüber?«
»Das, was alle wissen: Nichts… Ich weiß nur,
daß es existiert. Ich bezweifle diese Existenz keinen
Augenblick.
Doch den Ort, an dem es verborgen liegt, kennt
niemand…«
»Das verstehe ich nicht. Wenn es Frieden, Stille,
Freundlichkeit und Harmonie verbreitet – wie kann es dann in
einer Welt des Grauens unentdeckt bleiben?«
Er zuckte nach menschlicher Art die Achseln. »Wenn es so
einfach wäre, es nur aufgrund dieser Kriterien zu suchen,
hätte man es längst gefunden. Oder es gibt einen Ort, den
noch niemand kennt, und der genauso ist, wie du eben sagtest…
Man müßte die weisen Männer befragen… Sie wissen
nicht alles, aber doch sehr viel…«
»Wer sind die weisen Männer?«
»Eremiten, die überall verstreut im Land leben. Manchmal
erfährt man von einem, dann macht man sich auf in der Hoffnung,
ihn noch zu finden. Denn sie bleiben nie lange an einunddemselben
Ort… Sie wissen sehr viel. Wenn sie bei guter Laune sind, kann
man sicher auch etwas von ihnen über das › Singende
Fahsaals‹ erfahren. Sie selbst nämlich streben seinen
Besitz nicht an. -Einen Eremiten zu finden ist jedoch fast so
unmöglich, wie das ›Fahsaals‹ selbst…«
»Und wieso?«
»Wer sich entschließt, in die Welt des Geistes
einzukehren, der hat nicht viel Sinn für das Leben derer, die
die Betriebsamkeit lieben. Die Eremiten leben sehr
zurückgezogen, in der Einsamkeit hinter den Nebeln. Das
bekannteste Domizil der Eremiten ist das Nebellabyrinth des
Tschonn…«
»Erzähl’
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