Macabros 106: Die gläsernen Dämonen von Etak
nach dort aufzustoßen, um seine Herrschaft
auszudehnen… Bisher ist es ihm nicht gelungen. Das gibt mir die
Hoffnung, daß der Einfluß der Dämonischen auch in
diesem Leben noch zurückgedrängt werden kann.«
»Du hast noch ewige Jugend und Schönheit… Aber
deinen Worten nach könntest du auf sie verzichten?«
»Ja… Diese Dinge sind ein Teil des Lebens, aber sie
machen nicht das ganze Dasein aus.«
»Für mich bedeuten sie sehr viel.«
»Aber es ist eine Jugend, die durch Mord erhalten wird. Du
kannst nur leben, wenn andere ihre Jugend an dich weitergeben, wenn
du sie aussaugst wie ein Vampir… Wenn die Dämonen siegen,
bist du trotz deiner Treue und deiner Grausamkeiten, die du begehst,
nur ein Fremdkörper für sie. Sie werden alles, was
menschenähnlich ist, ausrotten. Sobald die Zeit dafür reif
ist. Auch die dienen, sind Ballast. Nur die Rasse der Dämonen,
nur die, die Rha-Ta-N’mys Schoß entsprossen sind, haben
ein Recht auf Leben…«
Wieder Stille.
Charmaine Fraque schluckte. »Und was erwartet ihr von
mir?« fragte sie plötzlich.
»Hinweise auf das, was Molochos fordert, was er will, was er
tut«, schaltete Mahay sich wieder ein. »Wie hat er dich in
seine Netze gezogen? Verkehrt er in diesem Haus? Was weißt du
über seine Pläne? Wir wissen, daß du Anführerin
einer Gruppe von Menschen warst, die regelmäßig in der
Tempelstadt Mrowop verkehrten. Erzähl uns, was Molochos dort
tut, wovon er spricht…«
Charmaine Fraque atmete tief durch. »Ich weiß nicht
sehr viel.«
»Dann berichte von dem Wenigen, das du weißt. Es kann
uns weiterhelfen. Und – es wird vor allem dir weiterhelfen, aus
den unsichtbaren Klauen, die dich umfangen,
herauszukommen…«
»Ihr wärt auch bereit, mich auf der Stelle zu
töten, wenn ich verschwiege, was ich über Molochos und
Rha-Ta-N’my weiß?«
»Solange du Dämonin bist und nicht Mensch, ja, dann auf
der Stelle«, sagte Rani Mahay mit eisiger Stimme.
Das schien sie endgültig zu überzeugen.
Sie begann stockend, unterbrach sich wieder und schien eine
gewisse Furcht zu haben, bestimmte Dinge beim Namen zu nennen. Da war
Mrowop, jene Stätte im Zwischenreich, wo Molochos
regelmäßig zu sehen und zu hören war, wo er seinen
Anhängern und Vertrauten Mitteilungen machte und er sich von
ihnen anbeten ließ.
Die Hinweise erfolgten tröpfchenweise.
Aber sie war ins Reden gekommen, und Rani Mahay nutzte das Gebot
der Stunde.
Er stellte Fragen.
»Da sind die Särge«, sagte er und deutete in die
Runde. »Insgesamt sieben an der Zahl. Mit Hilfe telekinetischer
Kraftströme, die du aus dem PSI-Feld des Zwischenreiches
abzapftest, hast du sie hierher in den Keller gebracht. Das hast du
mich bereits wissen lassen. Aber – aus welchem Grund?«
»Der Tod ist das größte und faszinierendste
Rätsel für den Menschen. Nur wenn er den Tod beherrscht und
ihn besiegt, erkennt er das andere Gesicht des Daseins… Damit
mußte ich anfangen. Ich mußte mich mit den Toten vertraut
machen, die in ihrem Leben in irgendeiner Form okkulte und
schwarzmagische Riten durchführten. Nicht bis in die letzte
Konsequenz, wie ich bald erkannte. In den ausgetrockneten Köpfen
dieser Leichen aber sind Geheimnisse verankert, die sie zu Lebzeiten
nicht mehr weitergaben. Aus allen Teilen des Landes und über
dessen Grenzen hinaus habe ich mich von diesem Ort aus mit der
Totenbesprechung aus der Ferne beschäftigt. Dies war ein Teil
des Anfangs. Die Toten, nachdem ich sie hier versammelt hatte, gaben
mir Stück für Stück ihrer Kenntnisse preis.
In diesem Gewölbe wurden die ersten Rituale
durchgeführt. Meine ›Gäste‹ - es waren Menschen
mit einer besonderen Schwäche für das Okkulte – waren
Helfer und Zeugen. Mit der Beschwörung des Wissens in den
Gehirnen der Toten leiteten wir den ersten Schritt ein, näher an
Molochos und Rha-Ta-N’my heranzurücken…«
»Wie bist du zum erstenmal an die Namen von Molochos und
Rha-Ta-N’my gekommen?« wollte Mahay wissen. »Sie sind
nicht jedermann geläufig. Nur Eingeweihte kennen
sie…«
»Der Name der Dämonengöttin fiel zum erstenmal
durch eine Besucherin aus dem Norden«, antwortete Charmaine
Fraque. »Sie verkehrte schon jahrelang in diesem Hotel… war
Lehrerin… ihre Leidenschaft war es, alte Bücher und
Schriften zu sammeln. In einem alten Antiquariat in Marseille
stieß sie auf einen uralten Atlas. Darin lag ein vergilbtes
Blatt Papier, das so brüchig war, daß sie fürchtete,
es würde ihr beim Auseinanderfalten
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