Macabros 112: Totenheer "Nekromos"

drüber.
    Wie auf ein Kommando hin beugten sich beide nach vorn, und es
schien, als litten sie unter heftigen Magenschmerzen.
    Stuart Mayburry und Alec Hampton brachen zusammen.
    In verkrümmter Haltung blieben sie auf dem Boden liegen.
    Seltsame Dinge ereigneten sich…
    Die Skelette, die sie eben im Hintergrund noch wahrgenommen
hatten, verschwanden lautlos wie Gespenster im Nichts, und aus den
Mündern Stuart Mayburrys und Alec Hamptons glitt wie ein
langgezogener Hauch eine Gestalt, die sich rasend schnell
vergrößerte.
    Ein Dämon entfuhr Mayburrys und Hamptons Leib.
    Zwei grün-rot aussehende, nebelhafte Monster rauschten
kerzengerade in die Dunkelheit. Ihre Klauenarme waren nach vorn
gestreckt, die bizarren Köpfe unbeschreiblich und die
unheimlichen Augen so grausam, daß Pamela Kilian bei ihrem
Anblick erschauerte.
    Die wahren Geistkörper der beiden Körperhüllen
tauchten ebenfalls ein ins Nichts.
    Kaum waren sie verschwunden, wurden in der Dunkelheit schon wieder
zehn neue Skelette sichtbar, die aus dem Nichts kamen und wieder ins
Nichts gingen. Doch bevor die Skelette erschienen, schälte sich
der glühende Dolch mit dem unheimlichen Siegel aus dem Dunkeln.
Er holte die ›Toten‹ aus den Gräbern, wie die Stimme
aus dem Nichts gesagt hatte…
    Da sprang Pamela auf. Keine zehn Pferde mehr hielten sie an diesem
unheilvollen Ort, an dem auch Billy Sheridan Dinge erlebt hatte, die
schließlich seinen Tod bewirkten.
    Billy hatte sich ihr eröffnet. Im Augenblick seines Todes.
Sein Leben und Sterben hatte nur einen Sinn, wenn sie erfüllte,
was er von ihr verlangt hatte.
    Pamela Kilian war überzeugt davon, daß sie das Richtige
tat.
    Und so handelte sie auch.
    Im Handschuhfach lag der Sender. Eine Fernbedienung, wie man sie
üblicherweise fürs Fernsehen benutzte.
    Ein winziges Empfangsteil war in der prallen Aktentasche
untergebracht und mit der Sprengladung verbunden.
    Eine Berührung genügte.
    Ihr Finger schwebte noch über der Taste, als vor der
Windschutzscheibe der Gegenstand auftauchte.
    Es blinkte…
    Ein Messer!
    Auf der Klinge glühte das Blutsiegel wie ein böse
funkelndes Auge.
    Die Spitze raste genau auf sie zu und berührte die
Windschutzscheibe, die mit lautem Klirren zersprang, als hätte
ein Vorschlaghammer sie getroffen.
    Pamelas Finger preßte sich auf die Auslösetaste, und
eine ohrenbetäubende Detonation zerriß im gleichen
Augenblick die Stille des nahenden Morgens.
    Vor dem Eingang schoß eine Stichflamme empor, die bis
über das Dach hinausjagte.
    Die Tür flog durch die Luft, die Vorderfront des Landhauses
stürzte zu zwei Dritteln ein, die Galerie und drei der oberen
Räume kamen herunter und verschütteten die Empfangshalle,
in der die leblosen, von ihrem wahren Geist verlassenen Körper
Stuart Mayburrys und Alec Hamptons lagen.
    Der Luftdruck traf auch den Wagen noch, den Pamela wie in Trance
startete.
    Zahllose Glassplitter schwirrten ihr wie Hornissen um die Ohren.
Sie merkte nicht, daß sie aus zahlreichen winzigen
Hautverletzungen blutete. Die Frontscheibe war von dem magischen
Dolch durchstoßen worden!
    Pamela hatte es genau gesehen.
    Aber die unheimliche Waffe war in dem Augenblick verschwunden, als
die Sprengladung in die Luft flog.
    Pamela wußte, daß ihre blitzschnelle Entscheidung ihr
das Leben gerettet hatte. Der Dolch wies Sekundenbruchteile vor der
Detonation genau zwischen ihre Augen und hatte wie ein Pfeil ihr Hirn
durchbohren wollen…
     
    *
     
    Sie konnten die steinige Ebene übersehen.
    Mehr als hundert Skelette waren dort erschienen.
    Das waren noch nicht alle. Noch mal kam ein Kontingent des
Totenheers ›Nekromos‹.
    Doch da schien etwas nicht mehr hundertprozentig zu
funktionieren.
    Die neuankommenden Knochengestalten wankten wie Halme unter einem
plötzlich aufkommenden Wind.
    Etwa vierzig Skelette materialisierten noch, die anderen fielen
ins Nichts zurück, aus dem sie gekommen waren.
    Björn Hellmark wurde lebhaft an die visionären Bilder
erinnert, die Kaithal ihm gezeigt hatte.
    Ein Stundenglas… Die Zeit derer, die gewartet hatten zum
Einsatz, war gekommen. Menschen aus einer anderen Zeit, die nicht
direkt etwas mit den Ereignissen hier in der Vergangenheit Xantilons
zu tun hatten, wurden abgerufen. Hinein in den Tod, um das Nachtleben
eines Widergängers zu führen.
    Die offenen Haupttore der riesigen Stadt der Türme und Mauern
waren das Ziel der Ankömmlinge.
    Sie wurden angeführt von zwei schrecklich anzusehenden
Dämonen, die Pamele