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Macabros 117: Amoklauf der Verlorenen

Macabros 117: Amoklauf der Verlorenen

Titel: Macabros 117: Amoklauf der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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es
ihnen auch nicht genau beschreiben. Sie klang anders, als sonst,
dumpf – und gefährlich… Ich machte Lucille darauf
aufmerksam. Aber sie fand meine Bemerkung absurd. Da öffnete ich
die Tür zu Monsieur Marais’ Zimmer. Hinter dem Schreibtisch
saß eine furchtbar anzusehende Gestalt…«
    Sie schloß die Augen, ihre Lider zitterten leicht.
    »Beschreiben Sie sie, Mademoiselle.«
    »Das Gesicht erinnerte an eine afrikanische
Dämonenmaske. Die Augen waren riesig, links und rechts aus dem
Mundwinkel ragten spitze, dolchartige Zähne – wie
Stoßzähne sahen sie aus…«
    »In Monsieur Marais’ Büro hängen sehr viele
Masken. Offenbar wollte er sich einen Scherz mit Ihnen erlauben, Sie
erschrecken – und hat sich eine vor das Gesicht
gehalten…«
    »Es war keine Maske«, schüttelte Nicole Sengor den
Kopf. »Das Gesicht - hat sich bewegt. Masken – sind
starr…«
    »Konnten Sie das in der Eile denn erkennen?«
    »Es war der Grund, weshalb ich sofort entsetzt
zurückgewichen bin. Sie werden mich für verrückt
halten, Kommissar… doch selbst auf diese Gefahr hin schildere
ich Ihnen genau den Eindruck, den ich hatte. Es war keine Maske!
Monsieur Marais hatte sich verändert… das klingt absurd,
ich weiß. Aber von all den Masken, die mir bekannt sind und die
im Büro Marais hängen, gleicht keine der, die der Mann
aufgehabt haben soll…«
    »Hatte Monsieur Marais zum Zeitpunkt, als er Sie zum Diktat
rief, einen Besucher bei sich?« versuchte Legrait von diese
Seite einen Vorstoß.
    »Nein, außer ihm, Lucille und mir hielt sich um diese
Zeit niemand mehr in der Kanzlei auf.«
    »Sie behaupten also, daß Monsieur Marais sich zu einem
Monster entwickelt hat?«
    Nicole Sengor nagte an ihrer Unterlippe. »Ich hatte den
Eindruck, auch wenn so etwas unmöglich scheint…, ich
weiß…« Sie fuhr sich mit der Hand über das
Gesicht. »Dann ging Lucille hinein…, sie wollte mir
ebensowenig glauben, wie Sie es jetzt tun. Ich hörte sie nur
noch schreien. Als ich die Tür aufriß, war das Monster
hinter dem Schreibtisch verschwunden und Lucille… lag in ihrem
Blut… Es war schrecklich…« Nicole Sengors Stimme bebte
und setzte zeitweilig aus.
    Legrait entdeckte keine Widersprüche in ihrer
Schilderung.
    »Wohin kann Monsieur Marais sich gewandt haben?« fragte
er leise und stellte die Frage mehr sich selbst als Nicole. »Das
Fenster stand offen, aber es gibt keine Möglichkeit, an der
Hauswand nach unten zu klettern. Es sei denn – Monsieur Marais
hätte statt Hände und Füße Saugnäpfe
gehabt…«
     
    *
     
    Die Befragung Nicole Sengors ergab nichts Neues.
    Legrait betrat mit der jungen Sekretärin das Büro des
Anwalts. Man merkte ihr an, daß sie einen verständlichen
Horror davor hatte, die Schwelle zu überschreiten.
    »Wie ist sie gestorben?« fragte sie tonlos, als sie aus
den Augenwinkeln die inzwischen zugedeckte Leiche ihrer Kollegin
gewahrte.
    »Es sieht so aus, als wäre sie den Prankenhieben eines
wilden Tieres zum Opfer gefallen«, bemerkte Legrait ohne
nähere Erläuterung. »Sehen Sie sich genau um«,
fuhr er dann fort. »Fällt Ihnen sonst noch etwas auf? Fehlt
vielleicht etwas? Ein Gegenstand aus Monsieur Marais’
Sammlung?«
    Nicole Sengor suchte mit ihren Blicken Wände und Regale
ab.
    Alles stand an Ort und Stelle. Auch die Masken, die die Wände
zierten, waren vollzählig. Das Fehlen einer einzigen wäre
sofort aufgefallen.
    Der Vorfall blieb mysteriös, und dieses Mysterium
verstärkte sich noch, als Legraits Mitarbeiter von unten
zurückkehrten und mitteilten, daß sie im Hof keine Spuren
und auch sonst nichts Verdächtiges festgestellt hätten.
    Um neun Uhr waren die Routineuntersuchungen beendet.
    Die Leiche war in einem Zinksarg aus dem Haus gebracht worden; die
gerichtsmedizinische Untersuchung – für den nächsten
Tag anberaumt – würde weiteren Aufschluß über
die Todesursache ergeben.
    Philip Marais blieb spurlos verschwunden.
    Nicole Sengor fühlte sich an diesem Abend außerstande,
mit dem eigenen Wagen nach Hause zu fahren. Sie ließ ihren
Peugeot in der Tiefgarage stehen, und Legrait fuhr die
Sekretärin in ihre Wohnung, die fünf Minuten von dem
Hochhaus-Komplex entfernt lag.
    Legrait begleitete Nicole Sengor bis zur Wohnungstür.
    Die Sekretärin wohnte in einem fünfstöckigen
Altbau, direkt unter dem Dach. Der vergitterte Aufzug rasselte nach
oben.
    »Haben Sie in den nächsten Tagen etwas Bestimmtes vor,
Mademoiselle?« wollte Legrait wissen, bevor er

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