Macabros 119: Flieh, wenn der Schattenmann kommt
Lachen
folgte.
Gefahr! Eine Alarmglocke in Addams’ Hirn schlug an.
Die Blätter teilten sich. Aus dem Dunkeln löste sich
eine Gestalt.
Sie trug ein blauschwarzes Gewand, das so dünn gewebt war,
daß er ihren wohlgeformten, makellosen Körper sehen
konnte.
Die Frau, die auf Addams zukam, war wie eine Offenbarung.
Sie hatte flammend rotes Haar, eine weiße Haut und
meergrüne Augen. Sie bewegte sich aufreizend, und um ihre roten
Lippen spielte ein vielsagendes Lächeln.
»Es kommt nicht oft vor, daß jemand mich auf meiner
Insel besucht«, sprach sie.
Addams registrierte in ihrer Rechten einen dünnen,
goldfarbenen Stab, der die Form und das Aussehen einer Schlange
hatte.
»Aber manchmal – passiert es eben doch«, fuhr sie
fort, ehe der junge Amerikaner zu einer Erwiderung kam.
»Wer bist du?« fragte Shawn Addams rauh.
Ihm kam das alles vor wie ein Traum. Entweder er schlief wirklich,
oder seine Erwartungshaltung, die er diesem Eiland entgegengebracht
hatte, bewirkte, daß er Halluzinationen wahrnahm.
Seit Jahren beschäftigte ihn ein Gedanke mit einer geradezu
krankhaften Intensität. Er wollte den Nachweis erbringen,
daß an der Götter-Mythologie der Griechen mehr dran war
als eine farbige, erfundene Geschichtenwelt.
Atlantis, die legendäre Insel, kam ihm in diesem Zusammenhang
ebenfalls in den Sinn.
Wer dran glaubte, wurde belächelt, dabei wurde die Insel
schon in Platons Schriften erwähnt.
Waren die ›Götter‹ einst von Atlantis gekommen? Mit
dieser Insel fielen oder standen viele Theorien.
Atlantis war einer der sagenhaften Urkontinente wie Lemuria oder
Xantilon.
Gerade auf Atlantis und Xantilon sollte es hochentwickelte
Kulturen gegeben haben, Kulturen, die schon die Atomkraft und
Sonnenenergie gekannt hatten. Es war die Rede von
›Energiekristallen‹ und ›Fliegenden
Wagen‹…
Addams schien überzeugt davon, daß schon vor
Jahrtausenden vieles bekannt und alltäglich war, was durch
Kriege und Katastrophen unvorstellbaren Ausmaßes wieder
verlorenging.
Jene Geschöpfe, die Macht hatten, die Blitze schleuderten
oder durch die Lüfte fliegen konnten, die die Erde
verließen, Sterbliche mitnahmen und manchmal nach Jahren oder
Jahrzehnten wieder zurückbrachten – bezeichnete man als
Götter…
Woher waren sie gekommen? Warum offenbarte sie sich manchen
Völkern und anderen nicht? Was war ihre wirkliche Absicht?
Waren die Menschen für sie nur lebende Spielzeuge,
Schachfiguren, die man nach Bedarf hin und her rückte, über
deren Leben und Schicksal man nach Gutdünken bestimmte?
Es lag so viel im Verborgenen, das hervorgekramt und neu
überdacht werden mußte.
Shawn Addams war einer der Unentwegten, die bereit waren,
unbekannte und nicht ausgetretene Wege zu gehen. Auch dann noch, wenn
er sich den Spott seiner Zeitgenossen zuzog.
Wenn er mit seinen Überlegungen richtig lag, dann mußte
auch irgendwo der Schlüssel zu den Rätseln und zum
Verständnis der Vergangenheit liegen…
Er glaubte an die Götter, ihre Intrigen, an ihr Dasein auf
der Erde, im Himmel und in Zwischenbereichen, verglich einige ihrer
Aktivitäten mit dem, was man heutzutage – seiner Meinung
nach – wiederzuentdecken begann. Gewisse geistige Kräfte im
Menschen, parapsychische Anlagen, die sich unbewußt oder
bewußt zeigten.
Es gab auch Orte, denen durch gewisse vergangene Ereignisse eine
eine geistige Ausstrahlung anhaftete. Man wußte von Medien,
daß sie solche Orte genau spürten und auch ganz normale,
aber doch sehr sensible Menschen konnten angeben, wenn sie sich in
einer bestimmten Umgebung ›unwohl‹ fühlten. Sie
konnten in den meisten Fällen keinen Grund dafür angeben
und erfaßten dies alles nur rein
gefühlsmäßig.
Addams’ Ziel war es gewesen, Orte, denen man bestimmte Dinge
›nachsagte‹ oder ›andichtete‹, unter die Lupe zu
nehmen.
Die sogenannte ›Insel der Götterwesen‹ war ein
solcher Ort.
Deshalb war er aus dem fernen New York gekommen und versuchte jene
winzige, gemiedene und verrufene Welt zu ergründen.
Und kaum war er da – passierte auch schon etwas, womit er
nicht gerechnet hatte.
Er versuchte ganz ruhig zu bleiben, die Geschehnisse logisch und
sachlich zu erfassen und sich nicht noch mehr emotional zu
engagieren.
Er begann sich zu fragen, ob er sich diese ›Begegnung‹
nur wünschte und massiv vorstellte, daß sie Form und
Gestalt annahm, oder ob hier wirklich etwas geschah, das über
den sogenannten gesunden Menschenverstand ging?
Er nahm sich fest
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